Sintflut
so bezaubernd anzusehen, daß Boguslaw seinen ganzen Zorn vergaß. Er beugte sein Haupt und flüsterte:
»Verzeihen Sie mir, – ich hatte in der letzten Zeit soviel zu ertragen, daß ich nicht mehr imstande bin, mich zu beherrschen!«
Dann verließ er das Zimmer und ließ sich im Laufe des ganzen Tages nicht mehr sehen. Zu Mittag speiste er nur mit Sakowicz allein. Der Fürst schüttelte sich wie im Fieber, das er seiner Liebe zu Panna Alexandra zuschrieb. Es war ihm zumute, daß er sterben müßte, wenn er sein Ziel nicht erreichte.
»Meine Hände und Füße glühen mir,« klagte er zu Sakowicz. »Es ist mir, als wenn Ameisen über meinen ganzen Körper laufen! – Was, zu tausend Teufeln, soll das bedeuten? Noch nie im Leben war mir so.«
»Weil Sie wie ein gefüllter Kapaun mit allerlei Vorurteilen vollgepfropft sind. – Ha, ha, ha!«
»Schafskopf!«
»Auch gut!«
»Deine Witze sind hier nicht vonnöten.«
»Durchlaucht, nehmen Sie doch eine Laute und gehen Sie unter das Fenster Ihrer Geliebten. – Fürchten Sie, daß Ihnen der Miecznik die Faust zeigt? Ist das die berühmte Tapferkeit des Fürsten Boguslaw?«
»Schafskopf!«
»Schön, schön. – Ich sehe, Euer Durchlaucht belieben, mit sich selbst zu sprechen und sich bittere Wahrheiten ins Gesicht zu sagen. Genieren Sie sich nur nicht!«
»Hör' mal, Sakowicz, wenn mein Kastor mir bisweilen zu familiär wird, so traktiere ich ihn mit einem Fußtritte. Sieh zu, daß dir nicht etwas Schlimmeres passiert.«
Sakowicz sprang von seinem Platze auf und schrie laut, indem er die Stimme des Miecznik vorzüglich nachahmte:
»Ich bin also bei Ihnen in Gefangenschaft? Sie wollen also einen freien Bürger in Haft nehmen? Heilige Rechte mit den Füßen treten?«
»Genug, genug« rief fieberhaft der Fürst. »Dort, den alten Narren, den hat sie mit ihrer Brust geschützt. Hier aber ist niemand da, dich zu schützen!«
»Nun, wenn sie sich hervorwagte, warum haben Sie denn gezögert? Sie hätten sie doch nehmen sollen!«
»Und ich werde das auch! – Aber etwas ist hier nicht in Ordnung. – Entweder sie hat mich verhext, oder in ihr selbst steckt etwas, was mich schwindlig und unbeholfen macht. – O, wenn du sie gesehen hättest, wie sie diesen Esel verteidigte! – Aber ach! Du bist ja dumm! – Fühl' nur, wie mir die Hände brennen! Ach, wenn ich von ihr –«
»Nachkommen hätte!« vollendete Sakowicz.
»Ja, ja, was ist da zu machen. Ich berste vor Leidenschaft wie eine Granate. – Schließlich werde ich sie heiraten! Was, zum Teufel, soll ich sonst tun!«
Sakowicz zog die Brauen zusammen.
»Daran dürfen Euer Durchlaucht nicht einmal denken!«
»Was ich will, das tue ich auch! Und wenn eine ganze Herde von Sakowicz' dagegen sagen sollte: »Daran dürfen Euer Durchlaucht nicht einmal denken!«
»Warum wollen Sie nicht meinem Rate folgen?«
»Das tue ich schon! Mag der Teufel alle die Billewicz', ganz Litauen dazu und auch Jan-Kasimir holen! – Es geht nicht anders. – Es ist genug gewartet. – Und ich, Narr, habe bisher geschwankt! Ich fürchtete Träume, die Billewicz´, die Rache der Schlachta, Jan-Kasimir! – Nenn' mich einen Narren, hörst du; ich befehle dir, mich einen Narren zu nennen!«
»Und jetzt gehorche ich nicht; denn nun steht vor mir ein echter Radziwill! – Warten Sie, lassen Sie mir ein wenig Zeit, alles zu überlegen!«
Mit finster zusammengezogenen Brauen saß Sakowicz da und schwieg.
»So sprich doch! Was raunt der Teufel dir in die Ohren?« rief der Fürst ungeduldig aus.
»Halt! – Hier in der Gegend lebt ein gewisser Plaska, oder wie der Kerl sonst heißt! – Er war ein katholischer Pfarrer, später wurde er lutherisch und floh unter den Schutz des Kurfürsten. Jetzt handelt er mit gedörrten Fischen.«
»Was geht das mich an! Schwatz' doch keinen Unsinn!«
»Was Sie das angeht? Sehr viel sogar. – Nun, der wird Sie beide zusammen nähen wie ein Pelzfutter mit dem Stoff. Da er aber kein rechter Meister ist, so werden die Nähte sich bald auftrennen. Habe ich recht? Alle die anderen Meister werden seine Naht nicht anerkennen. Man wird ihm den Schädel einschlagen, und Sie selbst werden zuerst klagen, daß Sie betrogen worden sind. Nun, haben Sie begriffen? Ich gebe Ihnen als erster meinen Segen.«
»Begriffen und nicht begriffen!« sagte in Gedanken der Fürst. – – »Verteufelt! Jetzt habe ich ausgezeichnet begriffen! Sakowicz, du bist wahrhaftig als ein Hecht mit Zähnen auf die Welt gekommen. Dem
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