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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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»Fliehen wir!« rief sie, noch auf der Schwelle stehend. »Morgen, morgen schon! Die Garnison kommandiert Braun, Sakowicz übernachtet in der Stadt. Braun sagt, daß er auch weggeht und noch fünfzig Mann mit sich nimmt. – O, wenn du wüßtest, wie glücklich ich bin!«
    Anna warf sich Panna Billewicz um den Hals und umarmte sie.
    »Ich habe dir noch nicht alles gesagt. Ahnst du nichts? Pan Babinicz kommt hierher! Sakowicz stirbt fast vor Furcht. – Zu wem mag er nur eilen?«
    »Zu wem er auch eilen mag, möge Gott ihn segnen und ihm seinen Weg leicht machen!«

9. Kapitel.
    Kmicic hatte keine leichte Aufgabe zu erfüllen, als er von Warschau nach Polnisch-Preußen und Litauen zog; denn überall standen größere schwedische Abteilungen. Eine dieser Abteilungen stand sogar unter dem Befehle des berühmten Douglas und zweier polnischer Verräter, Radziejowski und Boguslaw Radziwill. Sie alle warfen ihre Netze weit aus, um Kmicic abzufangen. Der aber kümmerte sich wenig um ihre Netze und hoffte, in der Not noch immer durch ihre Maschen hindurchschlüpfen zu können. Auch begnügte sich Pan Andreas keineswegs mit einer passiven Rolle. Einmal hatte ihn Douglas mit seinen Truppen eingeschlossen, Pan Andreas aber warf sich, anstatt zu fliehen, auf die feindliche Reiterei, schlug sie und durchschwamm vor den Augen der Schweden die Narwa. Douglas wartete am Ufer auf die nötigen Prahme. Aber ehe er sie geliefert bekam, überschritt Kmicic in einer dunklen Nacht wieder den Fluß und richtete in der ganzen Douglasschen Division eine arge Verwüstung an.
    Kmicic war trotz aller Versuche der Feinde unfaßbar. Es gab Tage, wo man ihn beständig am Horizonte sah, aber die Schweden waren nicht imstande, ihn einzuholen. Die Soldaten wurden umsonst erschöpft, und unter den polnischen Bannern Radziejowskis wuchs die Unzufriedenheit stündlich. Um so mehr diente die umliegende Bevölkerung mit Begeisterung dem berühmten Partisan. Jede Bewegung des Feindes wurde ihm zugetragen. Es schien, als wenn er mit den Schweden spielte; aber es war doch das Spiel eines blutdürstigen Tigers. Denn alle Gefangene ließ er nach schwedischem Beispiele hängen.
    Plötzlich erhielt Douglas die Nachricht, daß Jan-Kasimir gegen ihn den Feldhetman Gosiewski mit sechstausend polnischen und tatarischen Reitern ausgesandt habe.
    »Gut«, sagte Douglas erfreut. »Wir werden Pan Gosiewski einen Denkzettel geben.«
    Den Sinn dieser Mission Gosiewskis konnte General Douglas nicht verstehen. Karl-Gustav marschierte mit dem Kurfürsten auf Warschau zu, wo es zu einer großen Schlacht kommen sollte. Und es war ihm unbegreiflich, daß der polnische König seine Armee um sechstausend Mann schwächte.
    Auch Karl-Gustav äußerte in einem Brief an Douglas seine Unruhe darüber. Er vermutete, daß der Hetman nach Litauen geschickt worden sei, um den dortigen Konföderierten Hilfe zu leisten und das des Schutzes beraubte Ostpreußen zu überfallen.
    »Man beabsichtigt,« so schrieb der König, »den Kurfürsten in seiner Treue zu uns zu erschüttern und ihn zu einem Bruche des Malborger Vertrages zu bewegen. Und das kann nicht schwer halten; denn der Kurfürst ist bereit, sich seines Vorteils wegen zu gleicher Zeit mit dem Teufel gegen Gott und mit Gott gegen den Teufel zu verbinden.«
    Das Schreiben endigte mit dem Befehle, den Hetman auf keinen Fall nach Preußen durchzulassen.
    Babinicz verlor von der Zeit an für den schwedischen General an Interesse. Douglas' ganze Aufmerksamkeit richtete sich jetzt auf den Pan Gosiewski.

10. Kapitel.
    Eine Woche später brach Kmicic bei Rajgrod in Preußen ein, ohne daß er es nötig hatte, große Anstrengungen zu machen; denn Douglas verfolgte Pan Gosiewsti, der sich nach Warschau zurückgezogen hatte. Auch dachte der schwedische General, daß Kmicic sich mit Gosiewski vereinigt haben werde. So konnte sich Babinicz indessen auf verborgenen Waldwegen nach Litauen einschleichen.
    Kmicic, wütend, daß es ihm nicht vergönnt war, seinem Feinde ins Angesicht zu schauen, rächte sich fürchterlich an den Untertanen des Kurfürsten.
    Noch in derselben Nacht, in der seine Tataren den Grenzpfahl passiert hatten, flammte an dem preußischen Himmel ein heller Feuerschein, und die Erde hallte von dem Wehklagen der Menschen wieder, die von den schweren Tritten des Krieges niedergetreten wurden. Wer es verstand, auf polnisch um Gnade zu bitten, konnte auf Erbarmen rechnen, aber alle deutschen Dörfer, Flecken und Kolonien wurden dem

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