Sintflut
durch Zauberei an sich gefesselt haben, sonst würde sie mich doch nicht so abweisen; das kann ja gar nicht anders sein. – Der Bär hat seine Höhle, der Wolf seine Grube, – ich habe nur den Gaul und den Sattel, auf dem ich sitze.«
»Man sieht, sie hat es Ihnen wirklich sehr angetan,« meinte Zagloba. »Aber, was hilft's, Sie werden sich schon eine andere suchen müssen. Eine so kleine, wie Sie selbst sind. Wie wär's mit der Hofdame der Fürstin Wisniowiecka, die Pan Podbipienta heiraten wollte? Gott hab' ihn selig! Die paßte gerade zu Ihnen.«
»Anna Borzobohata meinen Sie,« sagte Jan Skrzetuski. »In die waren wir dazumal alle verliebt, auch Pan Michail. Gott weiß, wo die jetzt ist.«
»Ja, wenn ich das erfahren könnte!« rief Pan Michail. »Schon wie Sie ihren Namen erwähnten, wurde mir leichter ums Herz. Das war ein gutes Mädchen! Möchte ich ihr doch noch einmal begegnen!«
Allmählich begann es zu dunkeln: die Nacht brach herein. Die Ritter schliefen auf ihren Sätteln ein.
Bei Tagesanbruch erwachte als erster Pan Michail.
»Panowie! Seht dort Kiejdane!«
»Was? Wo?« fragte Zaglova. »Kiejdane, wo?«
»Dort! Die Türme sind zu sehen.«
»Was für eine schöne Stadt!« sagte Stanislaus Skrzetuski.
»Ja, sehr schön!« bestätigte Wolodyjowski »Sie können sich heute davon selbst überzeugen.«
»Ist sie Eigentum des Fürsten Wojewoden?«
»Ja, der Vater des jetzigen Fürsten erhielt sie als Mitgift. – Ein ausgezeichneter Met wird dort gebraut.«
Zagloba rieb sich die Augen. »Müssen kluge Leute drin leben. Und was ist das für ein ungeheures Gebäude, das da auf dem Hügel?«
»Das ist das neue Schloß.«
»Ist es befestigt?«
»Nein; aber es ist mit einem riesigen Luxus ausgestattet. Es wurde von einer Befestigung abgesehen, weil sich nach den Kreuzrittern hier kein Feind sehen ließ.«
Die Edelleute hatten bereits die ersten Häuser der Vorstadt erreicht. Die Sonne begann sich am Horizont zu zeigen: es war schon ganz hell geworden. Die Ritter betrachteten neugierig die ihnen fremde Stadt, und Pan Wolodyjowski erklärte ihnen alles.
»Das da ist die Judengasse; nur die Juden, die eine besondere Erlaubnis dazu haben, dürfen hier wohnen. – Dort weiter ist der alte Marktplatz. Seht nur die Uhr auf dem Rathause! So eine gibt's nicht mal in Danzig. Das Gebäude mit den vier Türmen ist die Schweizer Kathedrale. Hier liegt die lutherische Kirche. Sie meinen wohl, daß hier Polen und Litauer wohnen? Durchaus nicht! Viele Deutsche und noch mehr Schotten. Das sind alles ausgezeichnete Infanteristen, die vorzüglich mit der Hellebarde umzugehen verstehen. Der Fürst hat sich ein ganzes schottisches Regiment aus Kieijdaner Freiwilligen gebildet. – Was für eine Menge Wagen auf dem Markte stehen. Es wird gewiß eine Versammlung hier sein! Ein Gasthaus gibt's in der ganzen Stadt nicht. Ein jeder sucht hier nur seinen Bekannten auf. Für die Schlachta werden im Schloß zwei Flügel bereit gehalten. Der Fürst nimmt jeden sehr gastfreundlich auf, bliebe er auch ein ganzes Jahr. Es gibt Edelleute, die fast ihr ganzes Leben hier verbringen.«
»Sonderbar, daß nicht ein Blitz diesen Schweizer Tempel zerschmettert!« rief Zagloba aus.
»Das, geschah auch wirklich einmal. In der Mitte zwischen den vier Türmen war ursprünglich eine Kuppel. Der Blitz schlug in sie ein und zerschmetterte sie in viele Stücke.«
»Und was ist das für eine Scheune?«
»Das ist eine Papierfabrik, daneben liegt die Druckerei. Dort druckt man ketzerische Schriften.«
»Pfui!« spie Zagloba aus. »Hier könnte der Satan ebensogut Herrscher sein wie Radziwill!«
»Schelten Sie nicht auf den Fürsten,« sagte Wolodyjowski ruhig. »Vielleicht verdankt das Vaterland demnächst dem Fürsten seine Rettung.«
Hinter dem Markte und der Schloßstraße bot sich den Reitern der herrliche Anblick des fürstlichen Schlosses. Es stand oben auf einem Hügel und schaute hinab auf die Stadt, die zu seinen Füßen lag. An das Hauptgebäude schlossen sich zu beiden Seiten zwei Seitenflügel an, die einen ungeheuren Hof begrenzten, dessen Vorderseite von einem eisernen Gitter eingezäunt war. Die Mitte des Gitters bildete ein Portal mit den Wappen der Radziwills. Hinter dem Tore stand ein Gebäude für die Wache, und schottische Trabanten bewachten den Eingang zum Schlosse.
Trotz der frühen Morgenstunde herrschte auf dem Schloßhofe reges Treiben. Vor dem Hauptgebäude exerzierte ein Dragonerregiment in hellblauen
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