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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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zurückgekehrte Soldat fort, »ist eine Schenke, ich glaubte ihn dort zu finden; aber nein! Weiß der Teufel, wo er hingaloppiert ist!«
    »So machen wir einfach in der Schenke Rast,« entgegnete der Wachtmeister.
    Nach einiger Zeit erreichten sie die Schenke. Die Soldaten stiegen ab und klopften an die Tür. Die Gefangenen erwachten, als der Wagen so plötzlich stehen blieb.
    »Wo sind wir?« fragte der alte Pan Stankiewicz.
    »Es ist nichts zu erkennen,« antwortete Wolodyjowski. »Ich weiß nur, daß wir nicht in der Richtung nach Upita gefahren sind.«
    »Von Kiejdane nach Birze kommt man doch aber an Upita vorbei!« meinte Jan Skrzetuski.
    »Ja, das schon. Aber in Upita steht mein Banner. Der Fürst fürchtete wohl, man würde uns mit Gewalt befreien, und gab Befehl, einen Umweg zu machen. Upita und Poniewiez liegen jetzt rechts von uns.«
    »Und Pan Zagloba,« sagte Stanislaus Skrzetuski, »schläft und schnarcht, anstatt sich einen Plan für unsere Rettung auszudenken.«
    »Soll er schlafen; er hat sich wahrscheinlich an der Unterhaltung mit dem Dummkopf von Kommandanten getröstet. Er hoffte wohl, ihn als seinen Verwandten 'rumkriegen zu können. Wer sich des Vaterlandes wegen nicht von Radziwill losgesagt hat, der wird es eines entfernten Verwandten wegen erst recht nicht tun.«
    »Sind sie wirklich Verwandte?« fragte Oskierska.
    »Die? Ebensolche wie wir beide,« entgegnete Wolodyjowski. »Das Wappen von Pan Zagloba sieht ganz anders aus, als wie er sagte. – Wo ist denn aber Kowalski?«
    »Ist wohl bei den Soldaten oder in der Schenke.«
    »Soldat, wo ist der Kommandant?« fragte Wolodyjowski den zunächst stehenden Dragoner.
    »Das mag Gott wissen!«
    »Was soll das heißen? Ich befehle dir, ihn herzurufen, geh!«
    »Pan Oberst, wir wissen ja selbst nicht, wo er ist. Seitdem er aus dem Wagen gestiegen und fortgeritten ist, haben wir ihn nicht mehr gesehen.«
    »So sag' ihm, wenn er wiederkommt, daß wir ihn sprechen möchten.«
    »Zu Befehl, Pan Oberst.«
    Die Gefangenen schwiegen. Man hörte nur das Schnarchen des Herrn Zagloba und das Kauen der Pferde, denen man Heu gegeben hatte. Da die Schenke von niemandem bewohnt war, setzten sich die Soldaten wieder auf die Pferde, und man ritt weiter.
    Allmählich begann der Himmel im Osten heller zu werden, die Sterne erloschen einer nach dem anderen, und aus dem Dunkel hoben sich die Bäume, Baumstümpfe und die Gestalten von Menschen und Pferden ab.
    Pan Wolodyjowski reckte sich und sah Zagloba ins Gesicht. Plötzlich rief er:
    »O, hol dich! – Panowie, seht mal!«
    »Was ist geschehen?«
    »Seht, seht!« fuhr Wolodyjowski fort zu rufen und zeigte auf die schlafende Gestalt.
    Die Gefangenen sahen nach derselben Richtung und erstarrten: Unter dem Filzmantel und der Mütze Zaglobas schlief Pan Kowalski unschuldig und tief; – Zagloba war nicht im Wagen.
    »Er ist geflohen, bei Gott! Er ist geflohen!« sagte erstaunt Mirski und sah sich nach allen Seiten um, als ob er nicht seinen Augen traue.
    »Das ist ein Hauptkerl!« rief Stankiewicz.
    »Nahm dem Dummkopf den Helm und den gelben Mantel und floh auf seinem eigenen Pferde!«
    »Und wie vom Erdboden verschwunden!«
    »Er sagte es vorher, daß er sich auf irgend eine Weise retten werde!«
    »Panowie!« sagte Wolodyjowski begeistert, »Sie kennen diesen Mann noch nicht; ich bin bereit zu schwören, er wird auch uns alle retten. Wie und auf welche Weise, weiß ich selbst noch nicht; aber er wird es tun.«
    Bald erfuhren auch die Soldaten von der Sache, und verwundert glotzten sie ihren Kommandanten an, der in dem Kamelmantel und der Luchsmütze noch immer harmlos weiter schlief.
    Der Wachtmeister weckte ihn ohne weitere Umstände.
    »Ich bin Kowalski und das Pani Kowalska,« brummte Pan Roch.
    »Pan Kommandant, ein Gefangener ist entflohen!«
    Kowalski richtete sich hoch und rieb sich die Augen.
    »Wa-as?«
    »Ein Gefangener ist, sage ich, entflohen. Jener dicke Edelmann, der sich mit Ihnen unterhielt.«
    Der Offizier kam zu sich.
    »Das kann nicht sein,« rief er mit erschrockener Stimme.
    »Wie? Was ist vorgefallen? Wieso ist er entflohen?«
    »Er hat Ihren Helm und Mantel genommen, die Soldaten haben ihn nicht erkannt, die Nacht war dunkel.«
    »Wo ist mein Gaul?« rief Kowalski.
    »Ihr Gaul ist auch nicht da. Der Edelmann ist ja auf ihm entflohen!«
    »Auf meinem Gaul?«
    »Ja, so ist es.«
    Kowalski griff an seinen Kopf.
    »Jesus, Maria! König von Juda! Wo ist der nichtsnutzige, abscheuliche Kerl, der ihm

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