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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Körperbau wie wir alle. Sie haben starke Knochen und breite Schultern, gerade so wie ich. Ich schlage nämlich nach meiner Großmutter.«
    »Schon gut, wie wir können uns unterwegs unterhalten; Zeit genug haben wir.«
    »Unterwegs?« wiederholte Zagloba. Es wurde ihm leichter ums Herz, er faßte sogleich Mut.
    »Pan Michail,« flüsterte er, »habe ich Ihnen nicht gleich gesagt, daß man uns nicht hinrichten wird?«
    Sie kamen auf den Schloßhof. Hier und da brannten Fackeln und Laternen, die ein unsicheres Licht auf Gruppen von Soldaten verschiedener Regimenter warfen. Der ganze Hof war von Truppen überfüllt; man bereitete sich augenscheinlich zu einem Marsche vor. Kowalski blieb mit den Gefangenen und der Eskorte vor einem großen Leiterwagen, der mit vier Pferden bespannt war, stehen.
    »Setzen Sie sich!« sagte er kurz.
    »Und wer sitzt schon hier?« fragte Zagloba und strengte sich an, die dunklen Gestalten, die auf dem Stroh im Wagen ausgestreckt lagen, zu erkennen.
    »Mirski, Stankiewicz, Oskierka!« vernahm man vom Wagen.
    »Wolodyjowski, Jan Skrzetuski, Stanislaus Skrzetuski und Zagloba,« antworteten die Ritter.
    »Wir werden also in guter Gesellschaft reisen. Und wohin fährt man uns, wissen Sie das nicht?«
    »Sie fahren nach Birze,« sagte Kowalski und gab den Soldaten Befehl zum Aufbruch.
    Fünfzig Dragoner umringten den Wagen, und der Zug setzte sich in Bewegung.
    Die Gefangenen begannen sich leise zu unterhalten.
    »Man liefert uns den Schweden aus,« sagte Mirski, »das hatte ich mir schon gedacht.«
    »Ich ziehe es vor, unter Feinden zu leben als unter Verrätern,« sagte Stankiewicz.
    »Und ich zöge eine Kugel in die Stirn dem vor, während eines Krieges die Hände im Schoße dazusitzen,« rief Wolodyjowski.
    »Versündigt Euch nicht, Pan Michail,« sagte Zagloba, »aus dem Wagen kann man bei günstiger Gelegenheit entfliehen, aber mit Blei in der Stirn ist es schwer zu entkommen. – Ich wußte es ja im voraus, uns zu erschießen, dazu würde der Verräter nicht den Mut haben.«
    »Radziwill sollte dazu keinen Mut haben?« wiederholte erstaunt Mirski. »Man merkt, Sie sind von weit hergekommen und kennen ihn nicht. Ich kenne kein Beispiel, wo der Fürst jemals die geringste Beleidigung ungeahndet gelassen hätte.«
    »Und trotzdem wagte er es nicht Hand an mich zu legen,« entgegnete Zagloba. »Wer weiß, ob ihr alle nicht mir eure Rettung verdankt?«
    »Wieso denn?«
    »Nun, der Chan von der Krim schätzt mich sehr, weil ich, als ich mich auf der Krim in Gefangenschaft befand, eine Verschwörung gegen ihn aufdeckte. Und unser gnädiger König Jan-Casimir hält große Stücke auf mich. Der nichtsnutzige Radziwill hat sich gewiß davor gefürchtet, es mit zwei Monarchen mit einem Male zu verderben.«
    »Was Sie da sagen! Er haßt den König wie der Teufel das Weihwasser, und würde auf Sie noch wütender gewesen sein, wenn er gewußt hätte, daß Sie dem Könige nahe ständen,« sagte Stankiewicz.
    »Und ich denke,« sagte Oskierka, »daß der Hetman die öffentliche Meinung nicht gegen sich aufbringen wollte, und bin bereit zu wetten, daß der Offizier, der uns begleitet, einen Befehl mit hat, daß man uns in Birze stillschweigend erschießen soll.«
    »O weh!« rief Zagloba.
    Alle versanken in Gedanken.
    »Das ist alles eins!« sagte Zagloba. »Jedenfalls haben wir Zeit gewonnen. Vielleicht kommt uns irgend ein glücklicher Zufall zu Hilfe, vielleicht kommt mir ein guter Gedanke. – Panowie, Sie kennen mich noch wenig, fragen Sie aber hier meine Kameraden, in welch verzweiflungsvoller Lage ich schon gewesen und immer mit heiler Haut herausgekommen bin. – Sagen Sie nur, was ist das für ein Offizier, der uns begleitet. Kann man ihn nicht davon überzeugen, daß es besser sei, dem Vaterlande beizustehen, als dem Verräter zu dienen?«
    »Das ist Roch Kowalski, von den Korab-Kowalskis,« antwortete Oskierka, »ich kenne ihn. Ebenso leicht können Sie sein Pferd von etwas überzeugen, wie ihn; bei Gott, ich weiß nicht, wer von den beiden der Dümmere ist.«
    »Und wieso hat man ihn zum Offizier befördert?«
    »Er gefiel dem Fürsten seiner Stärke wegen; denn er kann ein Hufeisen zerbrechen und mit einem Bären ringen.«
    »So einer ist er also?«
    »Das ist es ja, – dazu kommt noch, wenn ihm ein Vorgesetzter befiehlt, mit dem Kopf durch die Wand zu rennen, so wird er es, ohne sich zu besinnen, tun. – Ihm ist befohlen, uns nach Birze zu bringen. Und sollte die Erde sich unter ihm

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