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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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keiner leistete dem Befehle Folge. Plötzlich zerstreute sich die ganze Abteilung Pan Rochs auf die Felder wie eine Schar aufgescheuchter Rebhühner.
    Als Kowalski sah, daß alle seine Leute ihn verließen, wandte er sein Pferd und ritt den Laudaern entgegen.
    »Dort wartet meiner der Tod!« rief er. Aber kaum hatte er den halben Weg zurückgelegt, als in den Reihen Pan Zaglobas ein Schuß erscholl; eine Kartätsche flog pfeifend über den Wagen. Pan Rochs Gaul schwankte, stürzte und begrub den Reiter unter sich.
    Wohl an zwanzig Hände griffen nach dem sich erhebenden Pan Kowalski, der sich wie ein von Hunden verfolgter Bär wehrte und sich auf keinen Fall in die Hände des Feindes geben wollte.
    Schließlich verließen ihn die Kräfte, und er wurde ohnmächtig.
    In diesem Augenblicke befand sich Zagloba schon im Wagen und umarmte der Reihe nach seine früheren Mitgefangenen.
    »Ha,« schrie er laut, »so war Zagloba doch zu etwas nütze. Jetzt werden wir es dem Radziwill schon zeigen! Panowie, wir wollen uns aufmachen und die Güter und Keller Radziwills plündern! Ha, ha, so ist mir mein Plan doch gelungen! So oder so, aber befreit habe ich mich doch und euch alle auch. – Wohlauf, Panowie! gegen die Radziwills! Noch wißt ihr nicht alles, was geschehen!«
    Die weiteren Ergüsse Pan Zaglobas wurden durch die Laudaer unterbrochen, die hinzueilten, um ihren Obersten zu begrüßen.
    »Vivat! Vivat Pan Wolodyjowski!« riefen sie unaufhörlich.
    »Panowie,« sagte der kleine Ritter, als es um ihn herum etwas ruhiger geworden war, »liebe Kameraden, – ich danke euch allen für die Hilfe! – Es ist eine schreckliche Sache, daß wir dem Hetman den Gehorsam verweigern und gegen ihn die Hand erheben mußten; aber da sein Verrat augenfällig war, so blieb uns kein anderes Mittel. Nie wollen wir das Vaterland und unseren gnädigen König verlassen! Es lebe Jan-Casimir!«
    »Es lebe Jan-Casimir!« wiederholten an dreihundert Stimmen.
    »Auf, zu den Gütern Radziwills!« rief Zagloba. »Laßt uns in seine Speicher und Keller hineinsehen!«
    »Pferde für uns!« befahl der kleine Ritter.
    Die Soldaten liefen, um seinen Befehl auszuführen.
    »Pan Michail,« sagte Zagloba, »ich habe bis hierher Ihre Leute befehligt, jetzt aber sind Sie frei, und ich gebe das Kommando wieder in Ihre Hände zurück.«
    »Sei es, wie Sie sagen.«
    Pan Michail nahm den Stab aus Zaglobas Händen, ließ das Regiment sich formieren und ritt mit den Kameraden an seine Spitze.
    »Wohin wollen wir?« fragte Zagloba.
    »Die Wahrheit gesagt, weiß ich das selber nicht; ich habe es mir noch nicht überlegt,« entgegnete Pan Michail.
    »Aber wir müssen jetzt gleich beschließen, was wir tun sollen,« sagte Mirski. »Zuerst aber gestatten Sie mir, im Namen aller dem Pan Zagloba den besten Dank zu sagen, daß er unser nicht vergessen und uns alle aus der Gefangenschaft befreit hat.«
    »Seht ihr,« rief Zagloba und drehte wohlgefällig seinen Schnurrbart, »ohne mich wäret ihr alle in Birze. – Es ist nur gerecht, zuzugestehen, daß, wenn keiner mehr sich etwas Gescheites ausdenken kann, Zagloba doch noch immer was einfällt! – Wir haben uns oft in einem noch schlimmeren Schraubstock befunden. Pan Michail, entsinnen Sie sich noch, wie ich Sie gerettet habe, als ich mit Helene vor den Tataren floh, wie?«
    Pan Michail entsann sich sehr wohl der Sache; er hätte zwar erwidern können, daß er damals Zagloba und nicht Zagloba ihn gerettet habe; aber er zog es vor, zu schweigen. Der alte Schlachtschitz fuhr fort:
    »Sie brauchen mir nicht weiter zu danken, das ist überflüssig, Panowie. Heute leistete ich Ihnen einen Dienst, morgen Sie mir einen anderen. Ich bin froh, Sie alle befreit zu sehen, als wenn ich den größten Sieg erfochten hätte.«
    »Und haben Ihnen meine Leute gleich geglaubt?«
    »Ja, ohne weiteres. Ich hatte ja Ihren Ring, und dann hatten sie schon von Ihrer Gefangennahme und dem Verrat des Fürsten Kunde erhalten. Von den Bannern Mirskis und Stankiewicz' traf ich eine Abordnung, die den Laudaern vorschlug, gemeinsam gegen den verräterischen Hetman zu ziehen.«
    »Und woher haben Sie die Roßschweiffahne?« fragte Jan Skrzetuski. – »Wir glaubten von weitem, Sie wären der Hetman.«
    »Von wem ich die Fahne genommen habe? Pan Szczyt war gerade zu den Laudaern mit dem Befehle des Hetmans gekommen, daß die Laudaer nach Kiejdane marschieren sollten; der hatte der größeren Feierlichkeit wegen die Fahne bei sich. Ich ließ ihn

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