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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Hindernis beseitigt hatten, das nichts als Ärger und Scherereien zu bereiten pflegt. Er aber kommt zu mir, um sich zu beklagen und von Krügen zu faseln. Wenn er junge Mädchen für Krüge hält, so verurteile ich ihn dazu, sich in Zukunft nur mit Krügen abzugeben und kein Mädchen mehr zu berühren.«
    Nach dieser Urteilsverkündung hatte Kaptah genug von der Rechtsprechung, reckte sich auf dem Thron und sprach: »Für heute habe ich genug gegessen, getrunken, gearbeitet, Recht gesprochen und mir den Kopf zerbrochen. Ich bin daher der Meinung, daß die Richter mein Amt übernehmen, falls sich weitere Kläger melden sollten. Denn der letzte Fall hat mich daran erinnert, daß ich als König auch Herr im Frauenhaus bin, wo meines Wissens vierhundert Frauen meiner harren. Deshalb will ich mein Eigentum besichtigen, und es würde mich nicht wundern, wenn ich dabei einige Krüge zerbräche; denn Macht und Wein haben mich seltsamerweise so gestärkt, daß ich Löwenkräfte in mir fühle.«
    Diese Wort entlockten dem Volk einen so gewaltigen Jubel, daß er kein Ende nehmen wollte, und die Menge folgte Kaptah zum Palast zurück und verharrte dann erwartungsvoll vor der Tür des Frauenhauses und im Vorhof. Burnaburiasch aber lachte nicht mehr, sondern rieb sich unruhig die Hände und kratzte sich mit dem Fuße das Bein. Als er mich erblickte, kam er eilends auf mich zu und sagte: »Sinuhe, du bist mein Freund, und als Arzt darfst du meinen Harem betreten. Folge deinem Diener und sieh zu, daß er nichts unternimmt, was er später bereuen müßte. Wenn er meine Frauen anrührt, werde ich ihm wahrlich bei lebendigem Leib die Haut abziehen und zum Trocknen an die Mauer hängen lassen. Wenn er sich hingegen gut aufführt, verspreche ich ihm einen leichten Tod.«
    Ich fragte ihn: »Burnaburiasch, ich bin wirklich dein Freund und meine es gut mit dir. Verrate mir, was das alles zu bedeuten hat; denn meine Leber ist betrübt, weil ich dich in der Stellung eines Dieners und von allen verhöhnt sehen muß.«
    Er antwortete ungeduldig: »Heute ist doch, wie jeder weiß, der Tag des falschen Königs. Beeile dich, ihm zu folgen, damit kein Unglück geschieht.« Ich aber gehorchte ihm nicht, obgleich er mich beim Arm packte, sondern sagte: »Die Sitten deines Landes sind mir unbekannt, und du mußt mir Aufschluß geben, was das alles zu bedeuten hat.« Da erklärte er: »Jedes Jahr, am Tag des falschen Königs, wird der dümmste und verrückteste Mann in Babylon zum König gewählt und darf vom Morgengrauen bis zum Sonnenuntergang mit der ganzen Machtbefugnis eines Herrschers amten, und der König selbst muß ihn bedienen. Noch nie habe ich einen närrischeren König gesehen als Kaptah, den ich selbst seiner großen Drolligkeit wegen auserkoren habe. Er allein weiß nicht, was mit ihm geschehen wird, und das ist das Komischste an allem.«
    »Was wird denn mit ihm geschehen?« fragte ich.
    »Bei Sonnenuntergang wird er ebenso plötzlich getötet, wie er im Morgengrauen gekrönt wurde«, erklärte Burnaburiasch. »Wenn ich will, kann ich ihn auf grausame Weise umbringen lassen; aber zumeist wird dem falschen König ein mildes Gift im Wein verabreicht, so daß er, ohne selbst etwas zu ahnen, sanft entschläft. Denn es schickt sich nicht, daß ein Mann, der einen Tag lang König gespielt, am Leben bleibt. Doch vor langer Zeit geschah es, daß der richtige König am Tag des falschen Königs verschied, weil er sich im Rausch heiße Fleischbrühe in die falsche Kehle goß, und da blieb der falsche König am Ruder und herrschte sechsunddreißig Jahre lang in Babylon, ohne daß jemand über seine Regierung zu klagen gehabt hätte. Deshalb muß ich mich heute davor in acht nehmen, heiße Fleischbrühe zu trinken. Jetzt aber beeile dich, damit dein Diener keine Dummheiten macht, die er noch vor dem Abend schwer bereuen würde.«
    Ich brauchte jedoch Kaptah nicht zu holen; denn er stürzte gerade zornentbrannt, das eine Auge mit der Hand bedeckt und die Nase von Blut überströmt, aus dem Frauenhaus des Königs. Er jammerte: »Seht, was sie aus mir gemacht haben! Sie boten mir alte Weiber und feiste Negerfrauen an; aber als ich ein junges Zicklein kosten wollte, verwandelte es sich in einen Tiger und schlug mir mein Auge blau und hieb mir mit dem Pantoffel über die Nase.«
    Da lachte Burnaburiasch so sehr, daß er sich an meinem Arm halten mußte, um nicht umzufallen. Kaptah aber jammerte und stöhnte und beklagte sich: »Ich wage die Tür dieses

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