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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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hohen Absätzen. Aber ich wollte sie nicht mit einer Bemerkung über ihre Kleidung betrüben, sondern schenkte ihr Ohrringe und eine aus verschiedenfarbigen geschliffenen Steinen verfertigte Halskette, wie sie laut Aussage des Verkäufers an jenem Tag auf Kreta gebräuchlich war; über die Mode des nächsten Tages jedoch wußte er nichts zu sagen. Auch sah ich voll Verwunderung auf ihre entblößten Brüste, die aus der Silberhülle ihres Körpers hervorlugten und deren Spitzen sie rot gefärbt hatte; sie wich meinem Blick aus und erklärte trotzig, daß sie sich ihrer Brüste nicht zu schämen brauche, da sie es in dieser Beziehung mit jeder anderen Bewohnerin Kretas aufnehmen könne. Nach näherem Betrachten widersprach ich ihr nicht, denn sie mochte mit ihrer Behauptung sehr wohl recht haben.
    Alsdann ließen wir uns in die Stadt hinauftragen, die mit ihren luftigen Häusern und Gärten wie eine andere Welt vom Hafen mit seinem Gedränge, seinem Lärm, seinem Fischgeruch und seinem Handel abstach. Minea führte mich zu einem vornehmen älteren Mann, der ihr besonderer Freund und Gönner war und bei den Wetten auf dem Stierfeld auf sie setzte, weshalb sie auch in seinem Hause wohnte und dieses als ihr Heim betrachtete. Er war gerade dabei, seine Stierlisten durchzusehen und Vermerke für die Wetten des folgenden Tages einzutragen; aber beim Anblick Mineas vergaß er seine Papyri, umarmte sie ohne Umstände und sprach hocherfreut: »Wo hast du dich versteckt gehalten, daß ich dich so lange nicht gesehen und bereits geglaubt habe, du seist in das Haus des Gottes eingegangen? Allerdings habe ich mir noch keinen neuen Schützling auserkoren, und dein Zimmer dürfte unverändert deiner harren, falls die Diener es in Ordnung gehalten und falls nicht meine Frau es hat abreißen und einen Teich an seiner Stelle einrichten lassen; denn sie hat damit begonnen, verschiedene Fischarten zu züchten, und hat zur Zeit nichts anderes im Kopf.«
    »Wie? Hat Helea sich der Fischzucht in Teichen zugewandt?« fragte Minea erstaunt.
    »Nicht Helea«, sagte der alte Mann ein wenig verlegen. »Ich habe eine neue Frau. Augenblicklich dürfte sie einen ungeweihten Stiertänzer bei sich haben, um die Fische zu betrachten, und ich glaube daher nicht, daß sie gerne gestört werden will. Stell mir deinen Freund vor, damit er auch der meinige und dieses Haus auch das seinige werde.«
    »Das ist mein Freund Sinuhe, der Ägypter, ›er, der einsam ist‹, Arzt von Beruf«, stellte Minea mich vor.
    »Ich bezweifle, daß er hier lange einsam bleiben wird!« scherzte der Alte. »Aber du bist doch nicht etwa krank, Minea, daß du einen Arzt mitbringst? Das würde mir gar nicht gefallen, weil ich hoffe, daß du bereits morgen vor den Stieren tanzen und mein Glück vermehren wirst. Mein Verwalter im Hafen klagt nämlich darüber, daß meine Einkünfte die Ausgaben nicht mehr decken oder vielleicht auch die Ausgaben nicht die Einkünfte. Ich verstehe ja nichts von den verwickelten Abrechnungen, die er mir unaufhörlich vorlegt, bis ich die Geduld verliere.«
    »Ich bin nicht krank«, sagte Minea. »Aber mein Freund hat mich aus manchen Gefahren errettet, und wir sind durch viele Länder in meine Heimat zurückgereist. Auf der Fahrt nach Syrien, wo ich vor Stieren tanzen sollte, hatte ich Schiffbruch erlitten.«
    »Wirklich?« meinte der alte Mann beunruhigt. »Aber ich hoffe doch, du hast dich trotz aller Freundschaft unberührt gehalten; sonst wirst du von den Wettkämpfen ausgeschlossen, und es entstehen noch andere Schwierigkeiten, wie du wohl weißt. Ich bin wahrlich sehr betrübt darüber; denn ich sehe, daß deine Brüste sich verdächtig entwickelt und deine Augen einen feuchten Glanz angenommen haben. Minea, Minea, du bist doch hoffentlich nicht auf Abwege geraten?«
    »Nein«, entgegnete Minea erzürnt. »Und wenn ich nein sage, kannst du mir auf mein Wort glauben, und niemand braucht mich wie auf dem Sklavenmarkt von Babylon zu untersuchen. Du scheinst nicht zu verstehen, daß ich diesem meinem Freund zu verdanken habe, daß ich nach all den ausgestandenen Gefahren überhaupt in meine Heimat zurückgekehrt bin. Ich glaubte, meine Freunde würden sich über meine Heimkehr freuen, du aber denkst nur an deine Stiere und deine Wetten.« Sie brach in Zornestränen aus, die ihre Wangen mit Augenschminke befleckten.
    Der alte Mann ward höchlich verwirrt und betrübt: »Ich zweifle nicht daran«, sagte er, »daß du nach deinen Irrfahrten aufgeregt

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