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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Arbeit und Studien Theben sich verändert hatte. Ich sah es, als ich den Weg der Widder entlang und über die Plätze ging, denn überall herrschte eine neue Rastlosigkeit. Die Gewänder der Leute waren kostbarer und üppiger geworden, und man konnte wegen der Faltenröcke und Perücken nicht mehr Mann von Weib unterscheiden. Aus den Weinstuben und Freudenhäusern erschallte schrille syrische Musik, und auf der Straße vernahm man immer mehr fremde Sprachen, und immer frecher drängten sich Syrier und reiche Neger unter die Ägypter. Der Reichtum und die Macht Ägyptens waren unermeßlich. Seine Städte waren seit Jahrhunderten von keinem Feind betreten worden, und die Männer, die niemals einen Krieg erlebt hatten, standen bereits in den mittleren Jahren. Doch weiß ich nicht, ob diese den Menschen größere Lebensfreude brachte, denn aller Blicke waren unstet, und alle hasteten und waren unzufrieden mit dem Gegenwärtigen und sehnten sich nach etwas Neuem.
    Ich durchwandelte Thebens Straßen und war einsam. Mein Herz war schwer von Trotz und Kummer. Ich ging nach Hause und sah, daß mein Vater Senmut alt geworden war; sein Rücken war gekrümmt, und er konnte die Buchstaben auf dem Papyrus nicht mehr lesen. Ich sah auch, wie meine Mutter Kipa alt geworden war und keuchte, wenn sie über den Boden ging. Sie sprach von nichts anderem mehr als von ihrem Grab. Mein Vater hatte nämlich aus seinen Ersparnissen für sie beide in der Totenstadt, am westlichen Ufer des Stromes, ein Grab gekauft. Ich hatte es gesehen, es war ein schmuckes, aus Lehmziegeln ausgeführtes Grab, das die üblichen Bilder und Inschriften an den Wänden trug. Dicht daneben und rundherum lagen Hunderte und Tausende solcher Gräber, die die Ammonpriester zu teurem Preis an ehrliche und sparsame Leute verkauften, welche Unsterblichkeit erlangen wollten. Zur Freude meiner Mutter hatte ich den Eltern auch ein Totenbuch geschrieben, das ihnen ins Grab folgen würde, damit sie sich auf dem weiten Weg nicht verirren sollten. Es war ein fehlerfrei geschriebenes, vortreffliches Totenbuch, wenn es auch keine gemalten Bilder enthielt wie die im Bücherhof des Ammontempels zum Verkauf feilgebotenen.
    Meine Mutter reichte mir zu essen, mein Vater fragte nach meinen Studien, aber sonst hatten wir einander nichts mehr zu sagen, und das Haus war mir fremd, und die Straße war mir fremd, und die Menschen an der Straße ebenso. Deshalb wurde mir das Herz immer schwerer, bis mir der Tempel Ptahs und mein Freund Thotmes, der Künstler werden sollte, in den Sinn kamen. Da dachte ich: »Ich habe vier Deben Silber in der Tasche. Ich gehe meinen Freund Thotmes holen, damit wir uns zusammen freuen und uns am Wein gütlich tun, denn auf meine Frage werde ich ohnehin nie Antwort erhalten.«
    Deshalb nahm ich Abschied von meinen Eltern und sagte, daß ich in das Haus des Lebens zurückkehren müsse. Kurz vor Sonnenuntergang fand ich den Tempel Ptahs und fragte den Türwächter nach der Künstlerschule, ging hinein und verlangte nach dem Schüler Thotmes. Erst jetzt erfuhr ich, daß er schon längst aus der Schule fortgejagt worden war. Die Schüler mit den lehmbeschmierten Händen, bei denen ich mich nach ihm erkundigte, spuckten beim Nennen seines Namens auf den Boden. Einer von ihnen sagte: »Wenn du Thotmes suchst, findest du ihn am sichersten in einer Bierstube oder einem Freudenhaus.« Ein zweiter sagte: »Hörst du die Götter schmähen, dann ist Thotmes sicher in der Nähe.« Und ein dritter sagte: »Wo man sich prügelt und Beulen und blutige Wunden zufügt, kannst du sicher sein, deinen Freund Thotmes zu finden.« Sie spuckten wieder auf den Boden, weil ich mich Thotmes’ Freund genannt hatte, aber sie taten es nur des Lehrers wegen. Als er den Rücken kehrte, rieten sie mir, in die Weinstube »Zum syrischen Krug« zu gehen.
    Ich fand diese Weinstube. Sie lag an der Grenze zwischen dem Armenviertel und dem Stadtteil der Reichen. Eine Inschrift über der Tür lobte den Wein aus Ammons Rebbergen und dem Hafen. Drinnen waren die Wände mit fröhlichen Bildern bemalt, auf denen Paviane junge Tänzerinnen liebkosten und Ziegen auf Flöten spielten. Am Boden saßen Künstler, die eifrig Bilder auf Papyri zeichneten, und ein alter Mann blickte betrübt in seine leere Weinschale.
    »Sinuhe, bei der Drehscheibe aller Töpfer«, rief jemand und erhob sich, um mich zu begrüßen, indem er als Ausdruck seiner Überraschung die Hand emporstreckte. Ich erkannte Thotmes, obgleich

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