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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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hinausflohen, laut wurden. Haremhabs Leute betrachteten diesen neidisch, bis er jedem Vorübergehenden den Krug reichte und ihn daraus trinken ließ. Während sie tranken, tadelte er sie und sagte: »Eure Bäuche sind wie bodenlose Säcke, eure Dreckmäuler besudeln meinen Krug, und ihr leert ihn mir, so daß ich mir keinen ordentlichen Rausch mehr antrinken kann!« Er patschte ihnen mit der schweren Hand auf die Schulter, redete jeden einzelnen bei seinem Namen an und erinnerte sie an ihre Heldentaten vor Gaza, wo sie sich derart in die Zügel verstrickt hatten, daß ihre eigenen Pferde ihnen Hufschläge versetzen konnten.
    So verstrich die Nacht, und wie ein bleiernes Gespenst nahte der Morgen der Wüste und brachte Leichengeruch und Aasgeier mit. Vor den Hindernissen lagen Pferdekadaver und umgestürzte Streitwagen, und die Geier hackten den von den Wagen gefallenen Hetitern die Augen aus. Im Morgengrauen ließ Haremhab in die Hörner stoßen, sammelte seine Truppen am Fuße des Berges und sprach zu ihnen.

    2

    Während die Hetiter in der Wüste ihre Lagerfeuer mit Sand löschten, die Pferde anschirrten und die Waffen schliffen, hielt Haremhab eine Ansprache an seine Truppen. Er stand an eine rauhe Felswand gelehnt, kaute an einem Stück trockenen Brotes und biß hie und da in eine Zwiebel, die er in der Hand hielt. Dabei richtete er folgende Worte an seine Truppen:
    »Ihr seht ein großes Wunder vor euch. Denn, wahrlich, Ammon hat uns die Hetiter in die Hände gespielt, und am heutigen Tag werden große Dinge geschehen. Wie ihr seht, ist das Fußvolk der Hetiter noch nicht zur Stelle, sondern befindet sich noch am Außenrand der Wüste, weil die Leute nicht genügend Wasser haben und die Streitwagen zuerst Bahn brechen und die Vorratslager erobern müssen, wenn die Hetiter ihren Angriff gegen Ägypten weiterführen wollen. Ihre Pferde leiden bereits unter Durst und bekommen kein Futter mehr, weil ich alle ihre Vorräte niedergebrannt und ihre Wasserkrüge von Syrien bis hierher zertrümmert habe. Deshalb müssen sich die Hetiter noch heute mit ihren Streitwagen einen Weg bahnen, sonst müssen sie entweder nach Syrien zurückkehren oder aber in Erwartung neuer Proviantlager ein Lager aufschlagen, ohne sich in weitere Kämpfe einlassen zu können. Wenn sie klug wären, würden sie den Kampf aufgeben und nach Syrien zurückkehren; aber sie sind gierige Leute, die das ganze Gold und Silber Syriens in die Krüge gesteckt haben, die mit Wasser gefüllt hinter uns in der Wüste verteilt stehen und auf die sie nicht kampflos verzichten werden. Deshalb behaupte ich, daß Ammon sie uns in die Hände gespielt hat! Denn beim Angriff werden sich ihre Pferde in unseren Bollwerken verstricken, und sie können nicht mit ganzer Kraft zuschlagen, weil ihre Stärke in der Unwiderstehlichkeit ihrer angreifenden Streitwagen liegt und die Gräben, die ihr so fleißig ausgehoben habt, wie auch die Steinblöcke und die gespannten Seile ihrem Angriff die Spitze abbrechen werden.«
    Haremhab spuckte eine Zwiebelschale aus, biß von neuem mit starken Zähnen in das harte Brot und kaute dann, bis die Truppen vor Ungeduld stampften und zu schreien begannen, wie Kinder tun, die noch mehr Märchen hören wollen. Da runzelte Haremhab die Stirn und sagte: »Bei Seth und allen Teufeln, haben die Bäcker der Armee Rattendreck in das Brot gebacken? Oder schmeckt mir der Katzenjammer wie Kot im Mund? Wisset, meine Sumpfratten, daß ich mir heute nacht einen tüchtigen Rausch angesoffen habe, aus lauter Freude darüber, daß die Hetiter in ihrer Einfalt in die Reichweite unserer Speere gekommen sind. Doch beunruhigt mich der Gedanke, ihr könntet in eurer Erbärmlichkeit die Hetiter entschlüpfen lassen. Deshalb muß ich euch erklären, daß die Stangen, die ihr in der Hand haltet, Speere und ihre Spitzen dazu bestimmt sind, den Hetitern die Bäuche aufzuschlitzen. Und euch Bogenschützen will ich sagen, daß ihr euch gewiß für große Helden haltet, wenn ihr die Bogensehnen singen laßt und die Pfeile hoch in die Luft schießt, um wie Kinder zu rufen: ›Seht, wie hoch mein Pfeil fliegt!‹ Ihr sollt aber auf die Hetiter zielen! Und wäret ihr richtige Krieger, die das Zielen beherrschen, so würdet ihr mit euren Pfeilen den Hetitern die Augen ausschießen. Doch solche Ratschläge will ich nicht an euch verschwenden, sondern fordere euch nur auf, eure Geschosse auf die Pferde zu richten, weil ihr die Männer in den Wagen doch nie treffen würdet.

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