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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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Diener der Vornehmen zu tragen pflegen. Dann begaben wir uns zum Landungsplatz der syrischen Schiffe und fanden einen großen Dreimaster, auf dem ein mannsdickes Tau vom Vorschiff nach achtern lief und an dessen Mäste der Abfahrtswimpel flatterte. Der Kapitän, ein Syrier, freute sich sehr, als er vernahm, daß ich Arzt war, denn er schätzte die ägyptische Ärztekunst hoch, und viele seiner Seeleute waren krank. Der Skarabäus brachte uns wahrlich Glück, denn der Kapitän trug uns in das Schiffsbuch ein und verlangte keine Bezahlung für die Reise, so daß wir nur die Mahlzeiten zu vergüten hatten. Von diesem Augenblick an verehrte Kaptah den Skarabäus als einen Gott, rieb ihn jeden Tag mit einer Salbe ein und trug ihn in kostbaren Stoff gehüllt. Das Schiff stieß ab, die Sklaven griffen zu den Rudern, und nach achtzehntägiger Fahrt kamen wir zu der Grenze zwischen den beiden Reichen, und nach weiteren achtzehn Tagen gelangten wir an die Stelle, wo der Strom sich in zwei Arme teilt, um ins Meer zu fließen, und noch zwei Tage später lag das Meer vor uns. Unsere Reise führte uns an Städten und Tempeln, an Äckern und Viehherden vorbei, aber der Reichtum Ägyptens vermochte mein Herz nicht zu erfreuen, sondern ich war ungeduldig, vorwärts zu gelangen und die schwarze Erde hinter mir zu lassen. Doch als das Meer vor uns lag und kein gegenüberliegendes Ufer zu sehen war, wurde Kaptah unruhig und fragte, ob wir nicht besser daran täten, an Land zu gehen und auf dem Landweg nach Simyra zu fahren, obgleich die Reise schwierig und von Räubern bedroht sein würde. Seine Unruhe wuchs, als die Ruderer und Seeleute nach gutem altem Brauch zu jammern und ihre Gesichter mit Steinen zu schürfen begannen, ohne sich um das Verbot des Kapitäns zu kümmern, der den vielen Reisenden keine Angst einflößen wollte. Das Schiff hieß »Der Hornfisch«. Der Kapitän ließ die Ruderer und Seeleute auspeitschen, was jedoch ihr Wehklagen nicht verringerte, und mancher Reisende begann ebenfalls bitterlich zu jammern und seinen Göttern zu opfern. Die Ägypter riefen Ammon um Hilfe an, während die Syrier ihre Barte zerrauften und je nach ihrer Herkunft den Baal von Simyra, Sidon, Byblos oder anderen Städten anriefen.
    Deshalb ermahnte ich auch Kaptah, unserem Gott zu opfern, sobald er sich fürchte. Er wickelte die Stoffstreifen auf, entnahm ihnen den heiligen Skarabäus, warf sich vor ihm zu Boden, schleuderte ein Silberstück ins Meer, um die Meeresgötter zu beschwichtigen, und weinte über sich selbst und über das Silberstück. Die Seeleute hörten auf zu schreien und hißten die Segel. Das Schiff drehte sich und begann zu schaukeln, und die Ruderer erhielten Bier und Brot.
    Als aber das Schiff zu schaukeln begann, ward Kaptah grau im Gesicht und sprach nicht mehr, sondern klammerte sich an das Tau des Schiffes. Nach einer Weile meinte er mit jammervoller Stimme, sein Magen steige ihm bis zu den Ohren und er wisse, daß er sterben müsse; doch wolle er mich nicht tadeln, obgleich ich ihn auf diese Reise gelockt habe. Er verzieh mir, damit die Götter auch gegen ihn milde gestimmt sein sollten, denn er hegte die schwache Hoffnung, daß das Meerwasser genügend Salz enthalte, um seinen Leib zu erhalten, damit er nach dem Ertrinken in das Land des Westens gelangen könnte. Aber die Seeleute, die seine Rede hörten, lachten ihn aus und behaupteten, das Meer wimmele von Ungeheuern, die ihn verschlingen würden, noch ehe er den Meeresgrund erreiche.
    Der Wind nahm zu, das Schiff begann immer toller zu schlingern, und der Kapitän steuerte so weit aufs Meer hinaus, daß kein Ufer mehr zu sehen war. Da wurde auch ich unruhig, denn ich verstand nicht, wie er je ans Ufer zurückfinden sollte, nachdem er es aus dem Gesicht verloren hatte. Ich lachte nicht mehr über Kaptah, sondern spürte Schwindel im Kopf und Übelkeit. Nach einer Weile erbrach Kaptah und sank auf dem Schiffsdeck zusammen, und sein Gesicht wurde grün, und er sagte kein Wort mehr. Da wurde ich ängstlich, und als ich auch viele andere Reisende erbrechen und ihre Gesichter sich verändern sah und sie klagen hörte, daß sie sterben müßten, eilte ich zum Kapitän und sagte: »Die Götter haben offensichtlich dein Schiff mit einem Fluch belegt; denn all meiner Heilkunst zum Trotz ist eine fürchterliche Seuche an Bord ausgebrochen. Deshalb beschwöre ich dich, kehre zurück, solange du das Ufer vielleicht noch findest; denn als Arzt kann ich die Folgen nicht mehr

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