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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sie wurden schon von Kindheit an dazu erzogen, den Männern auf vielerei Art Lust zu bereiten, damit die Männer ihretwegen der Aschtart viel Gold opfern sollten. Auch das war anders als in Ägypten, wo es eine große Sünde ist, auf dem Gebiet des Tempels sich mit einer Frau einzulassen, und derjenige, der dabei ertappt wird, in die Gruben gesandt wird, während der Tempel gereinigt werden muß.
    Ihre eigenen Frauen aber bewachten die Kaufleute Simyras streng, hielten sie in ihren Häusern eingeschlossen und hüllten sie von Kopf bis Fuß in dicke Kleider, damit sie keine fremden Männer durch ihr Äußeres locken sollten. Die Männer selbst gingen jedoch in die Tempel, um Abwechslung zu suchen und den Göttern wohlgefällig zu sein. Deshalb gab es in Simyra keine Freudenhäuser wie in Ägypten, sondern wer durch die Tempeljungfrauen nicht befriedigt wurde, mußte sich eine Frau nehmen oder auf dem Markt ein Sklavenmädchen kaufen, um mit ihr der Lust zu pflegen. Sklavinnen gab es täglich zum Verkauf, denn unaufhörlich liefen Schiffe in den Hafen von Simyra ein, und es gab Sklavinnen von verschiedenen Farben und Größen, dicke und magere, Kinder und Jungfrauen, je nach Wunsch und Geschmack des Käufers. Die gebrechlichen Sklaven aber kaufte die Stadtverwaltung zu billigem Preis, um sie Baal zu opfern, und dann lächelten die Männer, schlugen sich an die Brust und hielten sich für riesig schlau, weil sie ihren Gott übertölpelt hatten. Wenn aber ein Sklave sehr alt, ohne Zähne und Beine und todkrank war, taten sie dem Gott eine Binde vor die Augen, damit er die Gebrechen des Opfers nicht sehen, sondern sich nur an dem Geruch des Blutes, das zu seinen Ehren floß, weiden solle.
    Auch ich brachte Baal Opfer dar, da er der Gott der Stadt war und man am besten tat, auf gutem Fuß mit ihm zu stehen. Doch als Ägypter kaufte ich keine Menschenopfer, sondern brachte ihm Gold dar. Hie und da besuchte ich auch den Tempel der Aschtart, der abends geöffnet wurde, und lauschte der Musik und sah zu, wie die Tempelfrauen, die ich nicht Jungfrauen nennen will, wollüstige Tänze zu Ehren der Göttin aufführten. Weil es so üblich war, pflegte ich der Lust mit ihnen, und zu meinem großen Erstaunen lehrten sie mich allerlei Dinge, die ich nie gekannt hatte. Aber mein Herz ergötzte sich nicht an ihnen, sondern all das tat ich nur aus Neugier, und nachdem sie mich alles gelehrt hatten, was sie zu lehren vermochten, ward ich ihrer überdrüssig und ging nicht mehr in ihren Tempel, und nach meiner Ansicht gibt es nichts Einförmigeres als ihre Kunst.
    Kaptah war besorgt um mich und schüttelte oft das Haupt, wenn er mich ansah, denn mein Gesicht begann zu altern, und die Falten zwischen meinen Augenbrauen vertieften sich, und mein Herz verschloß sich immer mehr. Deshalb wollte er, daß ich mir eine Sklavin Verschaffe, um mit ihr in meinen Mußestunden der Liebe zu pflegen, denn ich konnte mir keine Frau aus dem fremden Volk nehmen, und da ich nicht in der ägyptischen Kolonie verkehrte, konnte ich auch nicht solche Frauen ergötzen, deren Männer sich auf Reisen befanden oder zum Kriegsdienst in das Innere des Landes einberufen waren. Da Kaptah meinem Haushalt vorstand, und mein dazu bestimmtes Gold auf sich trug, kaufte er mir eines Tages ein Sklavenmädchen nach seinem Geschmack, wusch, kleidete und salbte es und zeigte es mir am Abend, als ich, von meiner Arbeit erschöpft, in Ruhe zu Bett gehen wollte.
    Diese Sklavin stammte von den Meeresinseln. Ihre Haut war weiß, ihre Zähne makellos. Sie war nicht mager, und ihre Augen waren rund und sanft wie die einer jungen Kuh. Sie betrachtete mich demütig und fürchtete sich vor der fremden Stadt, in der sie gelandet war. Kaptah zeigte sie mir und beschrieb mit Eifer ihre Schönheit, und da versuchte ich ihm zuliebe mit ihr der Liebe zu genießen. Doch obgleich ich mein Bestes tat, um nicht einsam zu sein, fand mein Herz keine Freude an ihr, und ich konnte sie nicht meine Schwester nennen.
    Aber ich beging einen großen Fehler, indem ich freundlich zu ihr war, denn wie wurde hochmütig und störte mich sehr, wenn ich mit meinen Patienten beschäftigt war. Sie aß viel, wurde dick, verlangte stets allerlei Schmuck und neue Kleider, folgte mir auf Schritt und Tritt und wollte mich unaufhörlich zur Fleischeslust verführen. Es half nichts, daß ich wegfuhr, das Landesinnere bereiste und die Küstenstädte besuchte, denn bei meiner Heimkehr war sie die erste, die mir begegnete;

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