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Sinuhe der Ägypter

Sinuhe der Ägypter

Titel: Sinuhe der Ägypter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mika Waltari
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sie weinte vor Wiedersehensfreude und begann mich von neuem zu verfolgen, damit ich mich mit ihr der Lust hingeben solle. Es half auch nichts, daß ich in meinem Zorn mit einem Stock auf sie einhieb, denn dadurch wurde sie noch hitziger als zuvor und bewunderte meine Kraft, so daß mir das Leben in meinem Haus unerträglich wurde. Schließlich wollte ich sie Kaptah überlassen, der sie nach seinem Geschmack gewählt hatte, damit er sich an ihr ergötzen solle und ich Ruhe bekäme. Sie aber traktierte Kaptah mit Bissen und Stößen und verfluchte ihn sowohl in der Sprache Simyras, von der sie einige Brocken aufgeschnappt hatte, als auch in der Sprache ihrer Meeresinseln, die keiner von uns beiden verstand. Und es half auch nichts, daß wir beide sie prügelten, denn um so heißer sehnte sie sich danach, ihren Leib mit dem meinigen zu verschmelzen.
    Aber der Skarabäus sollte mir Glück bringen, denn eines Tages kam ein Fürst aus dem Landesinnern als Patient zu mir. Er war König der Amoriter und hieß Aziru. Er hatte von meinem Ruhm vernommen. Ich behandelte seine Zähne, setzte ihm als Ersatz für einen im Kampf mit den Nachbarn verlorenen Zahn einen neuen aus Elfenbein ein und überzog seine schadhaften Zähne mit Gold. Das alles tat ich, so gut ich es vermochte, und während er sich in Simyra aufhielt, um mit den Behörden der Stadt über Angelegenheiten zwischen den Amoritern und Simyra zu verhandeln, suchte er mich täglich auf. So bekam er meine Sklavin zu sehen, die ich nach dem Meeresinseln Keftiu nannte, weil ich ihren richtigen heidnischen Namen nicht aussprechen konnte, und er fand großes Wohlgefallen an ihr. Dieser Aziru war von weißer Hautfarbe und stark wie ein Stier. Sein Bart war blauschwarz und glänzend, und seine Augen blitzten übermütig, und nun begann Keftiu ihn ihrerseits mit Verlangen zu betrachten, denn alles Fremdartige zieht Frauen an. Vor allem gefiel ihm Keftius Leibesumfang, obgleich das Mädchen noch jung war, und ihre Kleider, die sie nach kretischer Mode trug, erregten die Gier des Fürsten ganz besonders, weil sie den Hals bedeckten, die Brüste hingegen frei ließen, während er gewöhnt war, seine Frauen von Kopf bis Fuß eingehüllt zu sehen. Deshalb vermochte er sein Verlangen schließlich nicht länger zu beherrschen, sondern seufzte tief und sagte zu mir:
    »Wahrlich, Sinuhe, du Ägypter, ich bin dein Freund, und du hast meine Zähne gepflegt und hast es zustande gebracht, daß mein Mund von Gold glänzt, sobald ich ihn öffne, und darum wird auch dein Ruhm im Lande der Amoriter groß sein. Für deine Hilfe werde ich dir so reiche Geschenke machen, daß du die Hände vor Staunen heben wirst. Trotzdem bin ich gegen meinen Wunsch gezwungen, dich zu kränken, denn seit ich das Weib gesehen, das in deinem Hause wohnt, habe ich Gefallen an ihm gefunden und kann meinem Verlangen nicht mehr widerstehen, und diese Krankheit kann selbst deine Kunst niemals heilen. Denn so stark ist mein Verlangen nach dem Weib, daß ich es für eine Krankheit halte. Da ich noch nie ein Weib wie sie gesehen, verstehe ich wohl, daß du sie sehr lieben mußt, wenn sie dich nachts auf deinem Lager wärmt. Trotzdem verlange ich sie von dir, um sie zu meiner Frau neben meinen anderen Frauen zu machen, damit sie nicht länger Sklavin bleibe. Das alles sage ich dir offen, denn ich bin dein Freund und ein ehrlicher Mann und werde für sie bezahlen, was immer du verlangst. Doch ebenso offen sage ich dir, daß ich sie dir mit Gewalt rauben und in mein Land entführen werde, falls du nicht gutwillig auf sie verzichtest. Selbst wenn du mit diesem Weib aus Simyra flüchtetest, ich würde euch finden. Ja, meine Sendlinge würden euch am Weltende finden und dich töten und sie zu mir bringen. All das sage ich dir, weil ich ein rechtschaffener Mann und dein Freund bin und dich nicht mit falscher Rede hinters Licht führen will.«
    Ich war so entzückt von seinen Worten, daß ich die Hände zum Zeichen der Freude hob, aber Kaptah, der sie ebenfalls vernommen hatte, begann sein Haar zu raufen und jammerte: »Das ist ein böser Tag, und es wäre besser, mein Herr wäre nie geboren worden, da du ihm die einzige Frau, an der sein Herz Freude hat, rauben willst. Und dieser Verlust ist unersetzlich, denn sie ist meinem Herrn teurer als Gold und alle Edelsteine und alles Räucherwerk der Welt, denn sie ist wahrhaft schöner als der Vollmond, und ihr Bauch ist rund und weiß wie ein Weizenhaufen, obwohl du, Fürst, ihn noch

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