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Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Sinuhe, Sohn der Sykomore 1

Titel: Sinuhe, Sohn der Sykomore 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Brueckmann
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spitz, der Mund zu breit, doch wenn sie lachte, fügten sich ihre Gesichtszüge auf wundersame Weise zu einem harmonischen Bild überwältigender Strahlkraft, und in seinem Herzen ging plötzlich die Sonne auf.
    Noch nie hatte er ein so angeregtes Gespräch geführt. Sati war so ungezwungen und natürlich – so lebendig! Ihr Sinn für Ironie und ihre klugen Bemerkungen zogen ihn völlig in den Bann. Für den Rest des Festmahls nahm er nur noch sie wahr, vergaß seine Umgebung und die quälende Ungewissheit über Sesostris.
    Als aller Aufmerksamkeit auf die Darbietungen der Tänzerinnen gerichtet war, sahen Sinuhe und Sati sich tief in die Augen. Ein Schweigen war zwischen ihnen, das viel erzählte und mehr noch andeutete.
    Entschlossen stand sie schließlich auf und zog ihn mit sich fort in den nächtlichen Palastgarten. Dort legte Sinuhe im Schutz der Dunkelheit scheu seinen Arm um sie, doch sie umarmte ihn stürmisch und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Sinuhe meinte zu schmelzen, als er ihre weichen Lippen auf seinen spürte. Ihre Berührung löste ein Kribbeln in ihm aus und machte ihn glauben, sie beide seien die einzigen Menschen auf der Welt. Er wünschte sich, dieser Moment würde nie enden und er könne ihn …
    »Sati? Sati? Bist du hier?«
    Der Ruf durchschnitt die samtene Dunkelheit und löste die Intimität zwischen ihnen mit einem Schlag auf. Abrupt löste Sati sich von ihm und drehte sich um. Dann rannte sie mit einem unterdrückten Seufzer auf die wuchtige Gestalt im Türrahmen zu, deren Umriss sich deutlich vor dem hellen Licht des Saals abzeichnete.
    »Hier, Vater, hier bin ich!«
    Sie verschwand und ließ Sinuhe mit weichen Knien und pochendem Herzen zurück. Er machte einige halbherzige Schritte, um ihr nachzulaufen, bis ihm die Sinnlosigkeit des Unterfangens klar wurde. Sie war sicher inzwischen mit ihrem Vater nach Hause gegangen.
    Wie betäubt stand er und mit hängenden Armen im Licht einer Fackel und überlegte, wie er die junge Frau wiedersehen könne. Er wusste nichts über sie außer ihrem Namen. In seinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander.
    »Sati«, formten seine Lippen, und nie hatte in seinen Ohren etwas verheißungsvoller geklungen.
    Plötzlich bekam er von hinten einen Schlag auf die Schulter, der ihn taumeln ließ. Jemand kicherte. Aufgeschreckt fuhr Sinuhe herum.
    »Du und die kleine Sati also? Süß.«
    »Sesostris«, erkannte Sinuhe erleichtert.
    Hinter dem jungen Krieger schälten sich weitere Gestalten aus dem Dunkel und kamen näher. Zwei junge Männer pflanzten sich zwischen den beiden Freunden auf. Einer tippte Sinuhe hart gegen die Schulter.
    »Wer‘ssn das?«, nuschelte er.
    Sesostris schob seine beiden betrunkenen Begleiter entschlossen beiseite. »Uto, Pepi, lasst mich mal einen Moment mit meinem alten Freund Sinuhe reden, ja?«
    Unwillig trollten sich die beiden.
    »Aus dir ist ja ein richtiger Schreiber geworden«, bemerkte Sesostris und lümmelte sich gegen eine Palme.
    »Und aus dir ein echter Krieger«, antwortete Sinuhe und ließ seine Augen über die hochgewachsene Gestalt gleiten.
    »Ich habe gehört, Vater hat dir einen Posten im Frauenhaus verschafft. Respekt, nicht schlecht für einen so jungen Schreiber!«
    »Und ich habe gehört, du ziehst demnächst gegen die Libu?« Sinuhe sah Sesostris in die Augen und erblickte in ihnen dieselbe Verlegenheit, die auch er verspürte. Nach dem hölzernen Austausch dieser Belanglosigkeiten fühlte er sich unbehaglich und wussten nicht recht, wie sie aufeinander zugehen sollten. Die Tage der Kindheit zogen an Sinuhe vorbei.
    Sesostris stieß sich schließlich mit einer Hand von der Palme ab und machte einen Schritt auf Sinuhe zu. »Ich habe dich vermisst«, murmelte er.
    »Ich dich auch.«
    Und dann begannen sie zu reden wie früher, erzählten und lachten, schlugen eine Brücke über ihr Zerwürfnis und knüpften an das vertraute Verhältnis aus Kindertagen an.
    Keiner von beiden bemerkte die hasserfüllten Blicke aus dem Dunkel.
     
    * * *
    »Was hast du uns denn da eingebrockt«, begrüßte Cheti seinen erstaunten Sohn, als er wenige Tage später aus dem Palast heimkam.
    Sinuhe war noch voll der Erinnerungen an den Abend des Banketts. Bilder von Sati wirbelten unablässig in seinem Kopf herum. Er meinte, noch ihre Lippen auf seinen zu spüren, und allein bei dem Gedanken wurden seine Knie weich. Und dann das Glücksgefühl, sich endlich mit Sesostris versöhnt zu haben! Daher wusste er wirklich nicht,

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