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Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
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schlagartig übel. Die Nachricht schnürte ihm die Kehle zu, er bekam kaum noch Luft.
    »Na ja, er ist spurlos verschwunden«, erklärte Angus. »Also, wenn du mich fragst, haben den längst die Haie gefressen.«
    »Wie kommst du darauf?«
    »Er hatte doch so ’ne weiße Jacke, weißt du noch? Die habe ich auf der Polizeistation gesehen. Nur, dass von weiß keine Rede mehr sein kann, wenn du verstehst, was ich meine.« Angus blinzelte Will verschwörerisch zu. »Sie lag als Beweisstück in so ’ner Plastiktüte. Und niemand hat ein Wort darüber verloren. Nicht ein Wort. Ich meine, Typen, die sonst labern ohne Ende, sind plötzlich stumm wie die Fische. Die haben mich noch nicht mal richtig gegrüßt. Ich wette, mein Onkel hat denen eingebläut, den Mund zu halten. Aber Jasons Familie hat viel Geld. Früher oder später wird die Wahrheit eh ans Licht kommen.«
    Will hatte wieder das Bild vor Augen, wie Jason und Asia sich auf der Brücke gegenübergestanden hatten. Wie er drohend auf sie zugekommen war. Und wie sie mit einem Satz rückwärts ins Wasser gesprungen war. Jasons fassungsloses Gesicht. Asias wachsamer Blick, als sie aus dem Wasser zur Brücke heraufblickte. Hatte sie ihn in jenem Moment dem Tod preisgegeben? Hatte er selbst sein Schicksal besiegelt, wie die Matrosen in dem Kapitänslogbuch?
    Doch Will verlor kein Wort darüber zu Angus.
    »Zoe wird total ausrasten«, meinte Angus.
    »Oh ja«, stimmte Will ihm zu.
    »Willst du es ihr nicht erzählen?«, fragte Angus hoffnungsvoll.
    Der Knoten in seiner Brust verfestigte sich bei der Vorstellung, Zoe eine solche Nachricht überbringen zu müssen. »Von Wollen kann wirklich keine Rede sein«, sagte er.
    »Aber du wirst es tun«, sagte Angus.
    »Habe ich denn eine andere Wahl?«
    »Du bist ein guter Mensch«, sagte Angus.
    »Nicht wirklich.«
    Angus seufzte. »Okay. Also ich meine, vielleicht ist mit ihm ja auch alles in Ordnung. Im Grunde weiß ja niemand so genau, was passiert ist, stimmt’s?«
    Nur eine, dachte Will, sagte jedoch nur: »Stimmt.«
    »Ach ja – und rate mal, wer sich in Therapie befindet?« Angus lehnte sich in seinem Stuhl zurück und streckte seine langen Beine von sich.
    »Muss man diese Person kennen?«
    »Hier im Ort schon. Es ist Kirk Worstler.«
    »Im Ernst? Wo haben die denn das Geld dafür her?«
    »Man munkelt, dass Adelaide letzten Endes die Großeltern benachrichtigt hat. Die haben dann dafür gesorgt, dass er in irgend so einer hippen Einrichtung in Hampton Bays untergebracht wurde.« Angus stand auf, um sich einen Kaffee zu nehmen.
    »Hör mal, wo wir gerade von Kirk reden, es sieht ganz so aus, als hätte er ein Geschenk in Zoes Zimmer hinterlegt.« Will erklärte die Sache mit dem Gemälde.
    »Oh verdammt. Na gut, ich rufe mal Onkel Barry an. Der wird sich schon um die Angelegenheit kümmern.« Angus schüttelte den Kopf. »Der Junge ist echt bemitleidenswert. Ich wette sogar, dass die Galerie darauf verzichten wird, ihn anzuzeigen.«
    »Danke, Mann. Hast was gut bei mir.«
    Angus knuffte Will in die Seite. »Wir zwei müssen schließlich zusammenhalten.«
    »Sicher doch.«
    »Sicher doch? Wie jetzt – sicher doch? Mann, dürfte ich um etwas mehr Begeisterung bitten?«
    Will brachte ein Lächeln zustande. »Wir halten zusammen«, sagte er.
     
    Johnny öffnete die Tür und erklärte Will, dass Zoe auf ihrem Zimmer sei und er ruhig hinaufgehen solle. Will ließ sich Zeit. Ihm graute es vor dem Augenblick, in dem er Zoe die Nachricht von Jasons Tod überbringen würde. Als er ihre Zimmertür sanft aufschob, bemerkte er jedoch, dass der Raum leer war. Dort, wo sonst immer ein unsägliches Chaos herrschte, war es heute ungewöhnlich ordentlich – das Bett war gemacht und darauf lag das riesige Gemälde. Will betrachtete die zornig dreinblickenden Vogelfrauen auf den Klippen im Hintergrund. Beim Anblick des Ausdrucks auf ihren Gesichtern setzte sein Herz einen Schlag aus, bevor es gehetzt weiterstolperte. Er konnte gut nachvollziehen, warum Zoe das Gemälde unheimlich fand. Mit welcher Absicht hatte Kirk das Bild nur in ihrem Zimmer hinterlassen? Will war erleichtert, dass der Junge endlich in einer Therapieeinrichtung untergebracht war. Um seiner eigenen – und um aller Sicherheit willen.
    Aus dem Augenwinkel nahm Will in der Ferne eine Bewegung wahr. Er blickte aus dem Fenster und sah die grüne Steilküste mit der stahlblauen See dahinter. Eine grün gekleidete Gestalt stand am Rande der Klippen, das blonde Haar fiel ihr

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