Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sirenenfluch

Sirenenfluch

Titel: Sirenenfluch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Papademetriou
Vom Netzwerk:
hat dir eigentlich das von Jason erzählt?«
    »Asia.«
    »Wirklich? Hat sie dich angerufen?«
    »Sie ist vorbeigekommen.«
    »Ist sie immer noch hier?«
    Zoes Augen füllten sich mit Tränen und Will war verwirrt. »Ich … Es tut mir leid«, stammelte er. »Ich muss sie nur fragen, ob –«
    Zoe schüttelte den Kopf. »Schon in Ordnung.« Sie wischte sich mit der Hand die Tränen aus dem Gesicht, dann vom grauen Jerseystoff ihres flatternden Sommerkleids. »Entschuldige. Es ist nur … heute bringt mich einfach jede Kleinigkeit zum Weinen.« Erneut stiegen ihr Tränen in die Augen und Will zog sie an sich.
    »Wir werden das gemeinsam durchstehen«, sagte er.
    Zoe nickte, den Kopf an seine Brust gelehnt. »Ich weiß«, sagte sie. »Ich wüsste nur so gerne, was mich auf der anderen Seite erwartet.«

Kapitel 11
    Aus der Shelter Bay Gazette
    Herzlichen Glückwunsch zum 375sten, Shelter Bay!
     
    Am kommenden Samstag wird der 375. Jahrestag der Gründung Shelter Bays feierlich begangen. Zur Zeit der Kolonialisierung zählte die Stadt – neben Boston, Salem  und New York – zu den wichtigsten Hafenstädten der Ostküste. Außer einer großen Parade wird es auch ein Konzert zu Ehren der …
     
    Die Bibliothek befand sich in einem kleinen weißen Gebäude im altgriechischen Stil, das bereits seit zweihundert Jahren im Herzen der Stadt stand. Die lavendelblaue Tür wurde beidseitig von zwei Säulen in übertrieben gewaltigem Ausmaß bewacht, die das winzig anmutende Dach mit der Dramatik eines Atlas’ stützten. Es hätte die Bibliothek jeder beliebigen Kleinstadt sein können, mit dem Unterschied, dass hier Lesungen von Autoren stattfanden, die sich sonst nur in New York die Ehre gaben. Jeder Schriftsteller aus den Hamptons riss sich darum, hier auftreten zu dürfen, einerseits, um zu demonstrieren, wie »gemeinschaftsorientiert« er war, andererseits als Beweis dafür, zu den meistgelesenen Autoren zu gehören.
    Die Räume waren ganz vom warmen, lieblichen Geruch alter Bücher durchdrungen. Will hatte sich von Zoe schon so manches Mal dazu überreden lassen, nachmittags mit ihr hierherzukommen. Dann gingen sie in die Kinderbuchabteilung, wo Zoe sich bei den Romanen umsah, während es Will zu den Sachbüchern zog. Er hatte schon immer gerne Biografien gelesen, für die Zoe nur ein verständnisloses Augenrollen übrighatte. »Das wahre Leben ist doch langweilig«, sagte sie dann. Nicht das wahre Leben der Menschen, von denen er las. Eine Zeit lang hatte er alles gelesen, was er über Ernest Shackleton fand, einen Forschungsreisenden, dessen Schiff 1915 inmitten der eisigen Arktis auf Grund gelaufen war. Er liebte Erzählungen, in denen es ums nackte Überleben ging.
    Die Bibliothekarin wandte den Blick nicht von ihrem Computerbildschirm, als Will leise die Tür hinter sich ins Schloss zog. Die Bibliothek war so gut wie leer. Ein flachsblonder Junge saß schmollend in einer Ecke, während seine schlanke Mutter mit dem Handy am Ohr angeregt telefonierte. Der Kleine griff nach einem Buch auf dem obersten Regal und die goldenen Armreifen der Mutter klirrten aneinander, als sie mit drohendem Blick nach seiner Hand schnappte. Der Junge setzte eine finstere Miene auf. Er war herausgeputzt, als befände er sich auf dem Weg zu einem Fotoshooting. Will hatte Mitleid mit ihm.
    Asia hatte auf der anderen Seite an einem Fenstertisch Platz genommen. Vor ihr lag ein aufgeschlagenes Buch, in dem sie allerdings nicht las. Stattdessen sah sie aus dem Fenster. Will setzte sich ihr gegenüber.
    »Ich hätte ihn nicht dort auf der Brücke zurücklassen dürfen«, sagte Asia. Ihre Miene war düster wie der Himmel bei einem aufziehenden Gewitter.
    Eine Erläuterung, wen sie meinte, war überflüssig. Will wusste auch so, dass von Jason die Rede war.
    »Hattest du irgendetwas mit dieser Sache zu tun?«, hakte Will nach.
    »Nicht direkt.«
    »Nicht direkt?« Will blickte ihr prüfend ins Gesicht. »Oder einfach nein?«
    Sie starrte weiterhin aus dem Fenster. »Es gibt Strände, sehr weit fort von hier, wo der Sand winzige grüne Funken schlägt, wenn man nachts darüberläuft. Nichts weiter als phosphoreszierende Mikroorganismen. Plankton. Aber es sieht aus wie das Funkeln Tausender Sterne direkt am Wasser.«
    »Wovon zum Teufel sprichst du eigentlich?«, fragte Will. Er zwang sich zu einem heiseren Flüstern, um nicht zu schreien. »Wie wäre es mal mit klaren Worten? Ja oder nein, Asia – hast du Jason umgebracht?«
    Asia sah ihn aus

Weitere Kostenlose Bücher