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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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anfangen zu kichern – was ein kolossaler Fehler wäre –, als gerade rechtzeitig ein Ober vorbeisteuert und eine wahrhaft gigantische Vorstellung abliefert: »Hey«, sagt er laut. »Sind Sie nicht dieses Model ?« Dann strahlt er uns an, als ob er unseren Applaus erwartet.
    Seine Darbietung ist so miserabel, daß Christian nach meinem Empfinden unmöglich darauf hereinfallen kann, doch dann sehe ich, daß eine seiner dünnen Augenbrauen kaum merklich zuckt. Volltreffer , denke ich.
    Cindy spielt ihre Rolle mit wesentlich größerem Geschick – möglich, daß ihr Schauspielunterricht allmählich Wirkung zeigt. Sie klimpert sittsam mit den Augen und murmelt: »Ja, danke«, und Christians Augenbrauen geraten abermals in Bewegung.
    Der Ober reagiert auf diese Auskunft mit einer leichten Panikattacke. Offenbar hat er einen derart ausufernden Dialog keinesfalls erwartet. Um zu verhindern, daß er sich aus lauter Verwirrung vielleicht zu einem Kuß oder zu einem ungeordneten Fluchtversuch hinreißen läßt, sage ich: »Für mich bitte Wasser, danke.«
    Der Ober ergreift dankbar sein Schreibgerät. »Und für Sie, Sir?«
    »Hmmm«, sagt Christian und wirft einen etwas ratlosen Blick auf die Getränkekarte. »Ich glaube, ich nehme ein großes erfrischendes Glas Fukk, bitte.«
    »Eines unserer beliebtesten Getränke«, sagt der Ober zustimmend. Ich hab den Eindruck, daß er dabei strahlend lächelt, doch kann ich ihn durch den feuchten Schleier, der mir plötzlich die Sicht versperrt, nicht genau erkennen.
    Cindy drückt nervös meine Hand. Christian und der Ober verstummen plötzlich, und ich glaube, daß sie mich anstarren. »Scat«, erklärt Cindy leise, »ist nämlich der Erfinder von Fukk.«
    Ich neige mein Haupt vor dieser ungeheuerlichen Wahrheit, und während der nächsten Sekunden erstarrt unsere ganze Gruppe in ehrfürchtigem Schweigen. Dann brechen Christian und der Ober in schallendes Gelächter aus.
    »Der Erfinder von Fukk!« kichert Christian, und ich bemerke verwundert, daß Tränen seine Augen füllen. »Oh, Cindy, Sie sind einfach großartig.«
    »Wirklich ein guter Witz, Gnädigste«, sagt der Ober und zeigt mit dem Kuli auf Cindy. »Ich sag Ihnen eins, der Bursche, der dieses Getränk kreiert hat, der geht jeden Tag singend auf seine Bank.«
    Es kostet mich schier übermenschliche Kraft, aber ich schaffe es. »Ja«, sage ich, und mein Lächeln bricht mir fast den Kiefer. »Worauf Sie sich verlassen können.«
    eröffnungszüge

    Nachdem wir unsere Bestellung aufgegeben haben, sagt Christian: »Ich fürchte, ich muß Ihnen mitteilen, daß Christian Dior Cindy nicht unter Vertrag nimmt.«
    mktg-fallstudie # 10: verhandlungsfähig

    ZUERST MACHEN SIE EIN SEHR, SEHR NIEDRIGES ANGEBOT. IM LAUFE DER VERHANDLUNG KOMMEN SIE DER ANDEREN SEITE DANN EIN STÜCK ENTGEGEN, UND DIE GEGENSEITE TUT DAS GLEICHE, BIS SIE SICH IRGENDWO IN DER MITTE TREFFEN. SORGEN SIE DAFÜR, DASS DIESE MITTE SICH GENAU DORT BEFINDET, WO SIE OHNEHIN HINWOLLTEN.
    allein gegen christian

    »Wie enttäuschend«, sage ich. »Na gut. Cindy, können wir jetzt gehen?«
    Cindy starrt mich mit offenem Mund an. Vielleicht hat sie nicht erwartet, daß der beste Agent der Welt sich so rasch geschlagen gibt.
    »Wir sollten unter diesen Umständen Christians kostbare Zeit nicht weiter in Anspruch nehmen.« Ich nicke ihm kurz zu. »Danke für Ihr Entgegenkommen.«
    Ich will schon aufstehen, als Christian erklärt: »Mr. Scat, das bedeutet natürlich nicht, daß damit alles vorbei wäre.«
    Ich lasse mich wieder auf meinen Stuhl zurücksinken. »Nein?«
    Sein Mund zuckt einmal kurz, doch ich weiß sofort, daß er verärgert ist. »Auch wenn wir Cindy nicht als unser Gesicht unter Vertrag nehmen können, sind wir trotzdem daran interessiert, ihre Dienste in irgendeiner Form in Anspruch zu nehmen. Wir haben weltweit etwa ein Dutzend Models, die wir für verschiedene Produkte verwenden. Wir sähen es gerne, wenn Cindy einem dieser Mädchen bei der Arbeit zuschaut – mit der Perspektive, später deren Platz einzunehmen.«
    »Kein Interesse«, sage ich. Auf der anderen Seite des Tisches erleidet Cindy offenbar einen kleinen Nervenzusammenbruch.
    Christians Oberlippenbärtchen zuckt zweimal verdächtig. »Wie bitte?«
    »Na ja, ich weiß schon, wie es weitergeht. Als nächstes sagen Sie: Da es sich bei dieser Position um eine Art Ausbildung handelt, können wir natürlich keine großen Gagen zahlen. Die eigentliche Belohnung sind die Erfahrung und das

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