Sirup: Roman (German Edition)
genervt. »In dem Buch geht es nicht um die übliche Schmalzromanze. Nein, die Geschichte ist echt gut.«
Ich rühre mit meinem Spiralsauger unschlüssig in meinem Milchshake herum.
»Es geht darin um ein Mädchen, das unbedingt in der Werbung arbeiten möchte. Sie hat die tollsten Ideen für Werbespots, kriegt aber einfach keinen Auftrag.«
»Echt?« Ich kneife die Augen zusammen. »Und wieso ist das ’ne romantische Komödie?«
»Da ist so ’n Typ, der für ’ne Werbeagentur arbeitet«, erklärt 6. »Und der hilft dem Mädchen. Erklärt ihr, wie die Szene funktioniert.«
»Interessantes Konzept«, sage ich nachdenklich.
6 sieht mich an.
»Also gut«, brumme ich, »ich les das Buch.«
diet life
Ich brauch ’ne Weile, um mich in dem Buch zurechtzufinden, weil es völlig chaotisch formatiert ist, doch schon auf Seite 8 bin ich total gefesselt. Das erstemal laut lachen muß ich auf Seite 12, und als ich auf Seite 30 angekommen bin, hocke ich nur noch kichernd da, so daß 6 schließlich genervt die Küche verläßt.
Als ich schließlich das Drehbuch beiseite lege, muß ich mir buchstäblich die Tränen aus den Augen reiben. Ich will einen Schluck Kaffee trinken und merke plötzlich, daß ich die Tasse nicht mal angerührt habe, seit 6 sie mir vor einer Stunde hingestellt hat. Ich begebe mich ins Büro, wo 6 in ihrem Captain-Kirk-Stuhl gerade ein paar Notizen sichtet. Sie blickt auf, als ich hereinkomme.
»Und?«
»Echt spitze«, sage ich. »Wir machen es.«
entwicklungen
Wir erwischen Gary Brennan am Telefon. »Gary«, sage ich. »Wir haben ein Drehbuch gefunden.«
»Hey, super«, krächzt es aus dem Lautsprecher. Ich werfe 6 einen Blick zu. Mir fällt gerade unsere letzte gemeinsame Erfahrung mit einem Lautsprechertelefon ein. Doch 6 starrt nur gleichgültig auf den Apparat. »Und welches?«
»›Diet Life‹. Kennen Sie das?«
»Nein, das hab ich, glaub ich, nicht gelesen. Welches Genre?«
»Es ist… na ja, ’ne romantische Komödie, würd ich mal sagen«, sage ich, »aber echt gut.«
»Eine romantische Komödie?«
»Das Buch ist wirklich gut«, sage ich.
»Na dann…«, sagt Gary zweifelnd.
»Natürlich müssen wir sofort einen Regisseur und ein Team engagieren. Ist ohnehin verdammt knapp, die Geschichte in einem Monat durchzuziehen, Gary. Aber wir können es schaffen, glaub ich.«
»Hmm«, sagt Gary.
Ich sehe 6 fragend an, und sie legt die Stirn in Falten. »Gibt’s irgendwelche Probleme?«
»Nein, nein. Na ja – ein kleines. Aber Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen.«
6 macht große Augen. Inzwischen weiß selbst ich, wie idiotisch es ist, 6 weismachen zu wollen, daß es zwar ein Problem, aber keinen Anlaß zur Beunruhigung gibt. »Könnten Sie mir das vielleicht näher erläutern?«
Gary seufzt. »Na ja, sieht ganz so aus, als ob Sneaky Pete schneller fertig wird als geplant.«
6 läßt sich damit nicht abspeisen. »Und wie sind jetzt die Zeitvorgaben?«
Wieder ein Seufzer aus dem Lautsprecher. 6s Wangenmuskulatur arbeitet. »Ich hab gehört, daß er womöglich schon bei der nächsten Vorstandssitzung einen Rohschnitt präsentiert. Und wenn es dazu kommt und seine Arbeit Anklang findet… dann ist er nicht mehr zu stoppen.«
»Und wann ist diese Vorstandssitzung, Gary?« frage ich.
Gary übergeht meine Frage. »Ich weiß aber nicht sicher, ob er schon fertig ist. Also bitte keine Panik.«
»Gary«, sage ich so ruhig wie möglich, »wir müssen wissen, wann diese Vorstandssitzung stattfindet.«
Gary schweigt eine ganze Weile. »Morgen«, sagt er dann.
das handtuch werfen
»Also, wie gesagt, es ist sinnlos, sich deswegen graue Haare wachsen zu lassen. Wenn er seinen Rohschnitt morgen vorführt, haben wir halt Pecht gehabt. Machen können wir dagegen ohnehin nichts.«
6 und ich sind erst mal sprachlos. Ich spüre die Enttäuschung im ganzen Körper – verdammt beschissenes Gefühl.
»Also gut«, sagt 6, »Sie haben völlig recht. Wir können nichts machen – jedenfalls nicht bis morgen.«
»Tja«, sagt Gary bedrückt, und mir fällt plötzlich wieder ein, daß es ja auch um seinen Kopf geht. »Tut mir leid, ich würde diesen Burschen ja genausogern fertigmachen wie Sie.«
»Das bezweifle ich«, sagt 6 und drückt auf die Austaste.
wieder im fishtail
Wir hängen den ganzen Nachmittag lustlos rum und machen Drehpläne (ich), lesen Bücher über Filmproduktion (6) und kochen ständig Kaffee (hauptsächlich 6, die von dem Zeug wesentlich mehr trinkt als ich).
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