Sirup: Roman (German Edition)
plötzlich der ganze Saal in Gelächter aus. Ich riskiere einen verstohlenen Blick auf den Aufsichtsratschef, und – einfach unglaublich! – der liebe Gott nickt tatsächlich zustimmend mit dem Kopf.
eroberung
Als das Licht wieder angeht, sehe ich ringsum nur lächelnde Gesichter. Lediglich zwei Personen scheinen ungerührt: und zwar 6, die ich bisher nur ein einziges Mal habe lächeln sehen, und Sneaky Pete, der von Mordgedanken geplagt scheint.
Der Vorsitzende verordnet abermals eine zehnminütige Pause, damit sich die leitenden Herren im kleinen Kreis mit »dieser neuen Entwicklung« befassen können. Doch jeder weiß, was los ist. Die Verantwortlichen verlassen gehorsamst den Raum und werfen mir dabei ebenso ehrfürchtige wie nervöse Blicke zu.
Draußen vor der Tür nimmt 6 mich bei der Hand und zieht mich in einen Seitengang. Noch bevor ich meine Überraschung kundtun kann, schiebt sie mich in ein kleines Konferenzzimmer und macht die Tür hinter uns zu.
»Hmm… 6?«
Sie sieht mich kurz und intensiv an. Dann tritt sie ganz nah an mich heran, nimmt mein Gesicht in die Hände und beglückt mich mit einem innigen Kuß.
Damals vor sechs Monaten, als 6 mich im Aufzug zum erstenmal geküßt hat, ging alles ganz schnell.
Diesmal nicht. Diesmal dauert alles sehr, sehr lange, und Leidenschaft und Sehnsucht und Verzweiflung – alles kommt darin vor.
scat sagt es
Kann sein, daß es nicht ganz zehn Minuten dauert, aber so genau weiß ich das nicht. Mein Zeitgefühl ist einfach weg. Geblieben ist nur eine Empfindung, nämlich das Gefühl, wie herrlich es ist, 6 ganz, ganz nahe zu sein.
»Komm, wir müssen gehen«, sagt sie. Das Blut ist ihr in die Wangen geschossen, und sie wirkt erregt. Noch nie hab ich sie so schön gesehen.
Es kommt wie von selbst heraus. »Ich liebe dich.«
»Ich weiß«, sagt 6.
KAPITEL 000012
Scat und 6 sind verliebt
Wachablösung
Mein ganzer Körper ist noch in Aufruhr, als wir in das Vorstandszimmer zurückgehen. Der Chef des Aufsichtsrats wartet, bis alle sich gesetzt haben, was schrecklich lange dauert, weil einer der Anzüge seinen Platz nicht wiederfinden kann. Während der Mann hin und her läuft und den Vorsitzenden immer wieder verlegen ansieht, halten 6 und ich unter dem Tisch Händchen.
»Meine Herren, Ms. 6«, sagt der Vorsitzende, »danke, daß Sie so prompt zurückgekehrt sind. Meine Kollegen und ich sind der Meinung, daß Mr. Scat im Hinblick auf unser Projekt ernstzunehmende Einwände vorgetragen hat. Wir sind ferner der Auffassung, daß er und sein Team unter Beweis gestellt haben, daß sie entsprechende Änderungen vorzunehmen in der Lage sind, und wir glauben deshalb, daß er zum Gelingen unseres Projektes beitragen kann.«
Der ganze Raum starrt mich an. Ich habe fast das Gefühl, daß ich mich selbst anglotze.
»Die Coca-Cola Company und ihr Partner Universal Pictures haben in diesen Film eine beträchtliche Summe investiert, und wir möchten dieses Geld natürlich nicht aufs Spiel setzen. Deshalb werden wir Backlash fertigstellen. Allerdings möchten wir dies unter Mr. Scats Leitung tun.« Der Vorsitzende legt eine kurze Pause ein. »Sind Sie damit einverstanden, Mr. Scat?«
Ich will ihm schon sinngemäß antworten: Worauf Sie sich verlassen können, doch meine Stimmbänder sind wie eingefroren. Ich japse nach Luft, bis 6 mir zur Hilfe kommt. »Ist uns eine große Ehre, Mr. Croft.«
»Also gut.« Er schiebt seine Papiere hin und her, und ich ergreife die Gelegenheit, Sneaky Pete zu beobachten. Er sitzt wie betäubt da. »Im übrigen möchte ich darauf hinweisen, daß wir Mr. Petes Arbeit keineswegs kritisieren wollen. Der Film ist technisch perfekt, und wir wissen durchaus zu schätzen, was Mr. Pete geleistet hat. Doch nach unserer Einschätzung liegen Mr. Petes Fähigkeiten weniger im operativen als im Managementbereich.«
»Hallo, hallo«, murmelt 6.
»Was man von Mr. Brennan leider nicht sagen kann«, fährt der Vorsitzende fort. »Nach unserem Eindruck hat Mr. Brennan ein externes Team engagiert – eben Mr. Scat und Ms. 6 –, um die Arbeit seines eigenen Mitarbeiters zu hintertreiben. Ungeachtet des Ergebnisses sind solche Methoden abzulehnen, da sie in unserem Unternehmen nur zu Unstimmigkeiten führen und deshalb nicht hinnehmbar sind. Es ist nicht Sache des Aufsichtsrates auf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen Einfluß zu nehmen, doch wir empfehlen Mr. Jamieson, Mr. Brennans Position sorgsam zu überdenken.«
Brennan steht total unter
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