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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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Umschlag befindet sich ein kreditkartenartiges Objekt, das sie mir schwungvoll über den Schreibtisch zuschiebt. Ich kann es kaum glauben, doch ist es wahr: Das in der Abendsonne aufblitzende kreditkartenähnliche Objekt ist tatsächlich eine Kreditkarte in Gold.
    »Hauseigene Karten«, sagt 6. »Du kannst damit alles bezahlen.«
    »Oh«, sage ich und bin den Tränen nahe. Das Ende meiner Armut steht mir wie eine große goldene Kreditkarte vor Augen. »Okay.«
    geheimnisse

    6 schließt die Tür auf, und ich gehe in die Küche, um ein bißchen was zu essen zu machen, während sie am Anrufbeantworter herumdrückt. Das einzig Eßbare, was ich in 6s Küche entdecke, sind: fünf Eier, ein Schokoriegel, der unter einer Müslipackung verborgen ist, und ein uraltes Brot. Trotzdem gelingt es mir, aus diesen Zutaten ein paar Omelettes zu zaubern. 6 ist beeindruckt und bemüht sich, es nicht zu zeigen.
    Wir begegnen uns im Bad und beäugen einander, während wir uns die Zähne putzen. Dann kommt es zu einer kleinen Auseinandersetzung über die Frage, wer den Raum verläßt, damit der andere sich mal schnell erleichtern kann. Selbstverständlich zieh ich den kürzeren. Als ich schließlich das Schlafzimmer betrete, trau ich meinen Augen nicht. Denn im Licht ihrer Barbie-Lampe sitzt 6 aufrecht im Bett und studiert einen Aktenordner. »Willst du mich verarschen? Du hast doch wohl nicht ernsthaft vor, jetzt noch zu arbeiten?«
    »Aus diesen Unterlagen geht hervor«, sagt 6 und beschäftigt sich weiter mit ihren Dokumenten, »daß wir noch zwei Monate Zeit haben, um die Sache zu Ende zu bringen.«
    »Das sind ja noch acht Wochen«, sage ich in der Hoffnung, daß 6 von ihrem Aktenstudium abläßt.
    »Mmm«, sagt 6 zerstreut und blättert um.
    überarbeitung

    »Ich weiß nicht«, flüstert Tom Cruise. »So was hab ich noch nie gesehen.«
    »Scheiße«, sage ich. »Der gleiche Schrott wie in jedem blöden Alien-Film.«
    6 nimmt die Fernbedienung und schaltet auf Standbild, als Tom gerade mit seinem Handschuh das Raumschiff der Außerirdischen berühren will. »Scat, die Szene hier ist wichtig für den Plot.«
    Ich stoße einen Seufzer aus.
    »Was?« sagt 6.
    »Also gut«, sage ich genervt, »wir sitzen jetzt seit drei Stunden hier rum, und du hast bisher keinen meiner Vorschläge akzeptiert. Wollen wir das Buch nun umschreiben oder nicht?«
    »Klar doch«, sagt 6 gepreßt, »deshalb müssen wir aber nicht gleich die ganze Geschichte kaputtmachen.«
    »6, wen interessiert denn bei einer solchen Geschichte schon die Logik? Ist doch nur ein Werbefilm.«
    »Scat, du scheinst nicht ganz zu kapieren, worum es hier geht…«, fängt 6 an und hört dann mitten im Satz auf. Sie starrt mich so intensiv an, daß ich mich unbehaglich in meinem Stuhl hin und her schiebe.
    »Was?«
    »Du hast ja recht. Ja, du hast völlig recht. Ich hab die Geschichte bisher mit falschen Augen gesehen.« Ich glotze sie an und mach mich schon auf einen massiven Vergeltungsschlag gefaßt. »Bis jetzt war ich der Meinung, wir machen einen Film. Genau wie Sneaky Pete: einen guten Film. Doch jetzt müssen wir aus dem Stoff einen guten Werbefilm machen.«
    »Und – möchtest du meine Vorschläge jetzt noch mal hören?«
    »Scat«, sagt 6. »Ich möchte, daß wir das ganze Ding in den Müll werfen. Wir müssen den gesamten Film völlig neu konzipieren.«
    der neue werbefilm

    »Dieses ganze Zeug mit den gruseligen Außerirdischen ist doch kompletter Schwachsinn. Cool müssen sie sein – richtige Typen. Und immer einen guten Spruch auf Lager.«
    6 macht sich Notizen.
    »Wenn sie sich ’ne Coke genehmigen, muß es so aussehen, als ob sie von dem Zeug voll weg sind. Alles andere ist Quatsch. Wenn sie das Zeug nur runterkippen und die Dose hinterher einfach wegwerfen – ist doch total böde.«
    »Richtig«, sagt 6 und schreibt weiter.
    »Und da wir schon mal dabei sind: Dieser ganze Quatsch, daß sie extra auf der Erde landen, weil sie Coke-süchtig sind – ist doch völlig unplausibel. Also müssen wir das Motiv total lächerlich machen.«
    »Mmm«, sagt 6. »Gute Idee.«
    »Und dann die Figuren«, sage ich und komm langsam in Fahrt. »Viel zu steif. Außerdem nehmen die sich selbst so idiotisch ernst.«
    »Richtig. Die müßten sich eigentlich permanent selbst auf den Arm nehmen.«
    »Hmm, exakt.« Ich werfe ihr einen verstohlenen Blick zu. Schließlich wüßte ich liebend gern, was sie davon hält, daß ausgerechnet sie sich über einen Mangel an Humor beklagt. Doch

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