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Sirup: Roman (German Edition)

Sirup: Roman (German Edition)

Titel: Sirup: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Barry
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sie findet das offenbar gar nicht komisch. »Und dann: Winona ist in der ersten Version des Buches durch und durch böse. Von mir aus kann sie ja böse sein, trotzdem braucht sie auch noch eine andere Seite. Vielleicht könnte sie mal ’ne Überdosis Coke erwischen und blöde zu kichern anfangen oder so was. Und wenn sie dann hinterher mal wieder total böse ist, kommt das nur um so stärker rüber.«
    »Gut«, sagt 6 und notiert sich diese Idee.
    »Oh«, sage ich. »Da fällt mir noch was ein. Warum verpassen wir Winona nicht einfach zwei Zahnreihen? Die man erst am Ende sieht – wenn sie die Zähne bleckt?«
    6 sieht mich an.
    »Los, schreib schon«, sage ich. »Ist echt cool die Idee.«
    Sie legt die Stirn in Falten, schreibt aber brav weiter.
    »Die Figur, die Gwyneth spielt, ist total öde. Ständig kreischt sie in der Gegend rum. Vielleicht könnte sie ja selbst ein paar Außerirdische in die Luft jagen. Und dann sollte sie Tom vielleicht irgendwann mal das Leben retten. Und was Tom betrifft, müssen wir den Anfang umschreiben. Ich mein die Szene, als er in die Weltraumakademie reinkommt. Offenbar soll er da als Macho aufgebaut werden – aber die Szene funktioniert nicht. Ich fände ihn viel sympathischer, wenn er in der ersten Schlägerei tüchtig eins auf die Nuß kriegt. Hey, was meinst du – wär doch super, wenn Gwyneth ihn zusammenschlägt?«
    »Mmm«, sagt 6. »Keine schlechte Idee.«
    »Sind ja nur so Ideen«, sage ich bescheiden. »Was mir gerade so einfällt.«
    »Mir gefallen deine Vorschläge.« Sie lehnt sich zurück. »Aber die eigentlichen Probleme kommen ja erst. Schließlich müssen wir diese Änderungen noch in unserem Komitee durchdrücken.«
    »Ach ja, richtig«, sage ich. »Das Komitee. Wann sehen wir die Herrschaften eigentlich?«
    »Morgen«, sagt 6 und zieht eine Grimasse. »Mittwoch. Dann wird’s echt schwierig.«
    Ich lege die Stirn in Falten. »Du machst ständig so Andeutungen, daß das Komitee uns Probleme macht. Ich wüßte zu gerne – warum?«
    6 stößt einen Seufzer aus. »Mit Leuten klarzukommen, die von Marketing ein bißchen Ahnung haben«, sagt sie müde, »ist viel schwieriger, als mit Typen umzugehen, die von der Sache überhaupt nichts verstehen.«
    das komitee

    »Ms. 6, Mr. Scat«, sagt der Chef der Revision grinsend. Der Mann hat kleine wäßrige Augen und eng zusammenstehende Zähne und ist etwas kurz geraten. »Sehr erfreut, Sie endlich mal kennenzulernen.«
    »Hallo«, sage ich und schüttle ihm die Pfote. 6 beläßt es bei einem Stirnrunzeln.
    »Kommen Sie doch rein«, sagt er. »Alle sind schon ganz neugierig, Sie kennenzulernen.« Er komplimentiert uns in das Vorstandszimmer, wo die vielleicht zehn Männer und Frauen an dem riesigen Konferenztisch etwas verloren wirken. Sofort ersterben sämtliche Gespräche, und zehn Augenpaare mustern uns.
    »Nehmen Sie doch Platz«, sagt die Revision und begibt sich zu ihrem Stuhl am Kopf des Tisches. »Ich muß einräumen, wir können es gar nicht mehr abwarten, endlich anzufangen, Ms. 6 und Mr. Scat. Ideen haben wir nämlich schon im Überfluß.« Er kichert bescheiden, und 6s Gesicht verdunkelt sich zusehends.
    »Schön«, sagt 6, während wir uns auf unsere Stühle sinken lassen, »auch wir haben Ihnen ein paar Ideen zu unterbreiten – allerdings nichts Einschneidendes. Ja, vielleicht sollten wir sogar darauf verzichten, Sie damit zu behelligen. Sicher haben Sie Wichtigeres zu tun. Vielleicht können wir ja gleich…«
    »Keineswegs«, unterbricht sie ein stämmiger Mann. Sein Namensschild weist ihn als Chef der Logistik aus. »Schließlich sind wir ja hier, um zu arbeiten.« Er lächelt ihr aufmunternd zu.
    »Jeder an diesem Tisch hat etwas Marketingerfahrung«, läßt sich nun eine Piepsstimme vernehmen. Jean aus der Kreditabteilung. »Ich hab sogar mal einen vierstündigen Kurs besucht.«
    »Das ist…«, sagt 6 und gibt sich sichtlich Mühe, etwas Positives von sich zu geben, »…gut zu hören. Dann möchte ich Sie jetzt bitten, den Änderungen am Drehbuch, die Scat und ich ins Auge gefaßt haben, Ihre Zustimmung zu geben. Eigentlich müßte Ihnen heute morgen eine entsprechende Kopie zugegangen sein. Hat jeder von Ihnen diese Kopie erhalten?« Natürlich gibt es diese Kopien überhaupt nicht, und die Mitglieder des Komitees machen lange Gesichter und klagen über die Unzuverlässigkeit der Poststelle. »Kein Problem. Dann gebe ich Ihnen eben eine kurze mündliche Zusammenfassung.«
    Sie hat schon fast die

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