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SISSI - Die Vampirjägerin

SISSI - Die Vampirjägerin

Titel: SISSI - Die Vampirjägerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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schoss nach oben, der Korb nach unten. Sissi hörte die Männer schreien. Sie wollte über die Reling sehen, aber Alfons zog sie zurück.
    »Sieh nit hin.« Er drehte sich zu Rudi um, der auf der anderen Seite des Schiffs stand. »Konnste sehe, wer dat wor?«
    »De Beljier«, rief Rudi.
    Alfons bekreuzigte sich erneut. »Arme Schweine.« Dann seufzte er und wandte sich wieder an Sissi. »Ävver dat Schlimmste is jetz vorbei. Waat, bis mer en bissch fott sin, und sieh dir dann die Landschaff an. Dat weed dich schnelll uf andere Jedanke bringe.«
    Er hatte recht. Den ganzen Tag verbrachte Sissi an der Reling, eingehüllt in eine Decke und mit Tee in der Hand, den Rudi über einem der Kohlefeuer kochte. Unter jeder Hülle stand eines. Die beiden Männer verbrachten fast die ganze Zeit damit, sie zu bewachen. Zwischendurch zog Alfons seinen Kompass aus der Tasche und kontrollierte die Richtung. Er wirkte zufrieden.
    Und das konnte er auch sein. Der Ballon, den er selbst konstruiert hatte, gehörte zu einer Sechsergruppe, die sich vom Hauptfeld abgesetzt hatte und immer mehr Abstand zu ihm gewann. Sissi hoffte, dass sie nicht ausgerechnet den Ballon abhängten, nach dem sie suchten. Den Ballons in ihrer Nähe hatte sie begonnen, Namen zu geben. Da war der Sonnenballon, der blauen Ballon, der laute – wegen der Fahrer, die den Tag nur mit Feiern verbracht hatten –, der hässliche und die Ente. Sie versuchte, sich die Gesichter darauf zu merken und die Menschen zu zählen, die sie sah. Irgendwo musste ihr doch etwas auffallen, was nicht zusammenpasste.
    Kurz vor Einbruch der Dunkelheit breitete Rudi neben einem der Kohlefeuer eine Decke aus und legte sich hin.
    »Leider künne mer et dir nit erspare, ne Wache zu üvvernehme«, sagte Alfons. Er stellte sich neben Sissi an die Reling und gähnte. »Du muss nur e bissche uf de Feuer achte, und wenn wat is, sachste Bescheid. Weck misch, wenn de müde wirs.«
    Sie nickte und sah weiter hinunter auf die hügelige Landschaft, die in der Dämmerung langsam grau wurde. Kohlefeuer leuchteten neben und hinter ihr. Sie hörte leise Stimmen. Irgendwo spielte jemand Geige.
    Sissi wartete, bis Alfons und Rudi schliefen, dann löste sie die Gurte, die den Schrankkoffer hielten, und öffnete die Schlösser. Beinah hätte sie gelacht, als sie Franz-Josef eingequetscht zwischen ihrem Katana und den Kofferwänden sitzen sah.
    Er verzog das Gesicht und streckte die Beine. »Endlich«, sagte er hörbar erleichtert. »Ich dachte schon, es wird nie dunkel.«
    Seine Gelenke knackten, als er sich erhob. An der Reling blieb er stehen und sah nach unten. »Jesus, ist das hoch.«
    Hinter ihm hob Rudi den Kopf. »Was is de…«
    Franz-Josef fuhr herum. »Schlaf weiter«, sagte er mit merkwürdig tiefer Stimme. Rudi ließ den Kopf wieder sinken.
    Sissi warf Alfons einen kurzen Blick zu, doch der schnarchte, bekam offenbar nichts von dem, was um ihn herum vorging. Als sie sich wieder umdrehte, saß Franz-Josef bereits neben Rudi und trank aus dessen Nacken. Sissi presste die Lippen aufeinander, sagte aber nichts. Er brauchte Nahrung, aber außer ihr und den beiden Männern war keine verfügbar. Und sie würde er niemals anrühren, das wusste sie mittlerweile.
    Franz-Josef nahm das Fernglas aus einer Halterung an der Reling und richtete es auf die anderen Ballons. »Großer Mann mit Bart«, sagte er. Sissi hakte ihn in Gedanken ab. »Kleiner Dicker.«
    Auch den hatte sie tagsüber gesehen. Er konnte also kein Vampir sein.
    Sie fanden niemanden in dieser Nacht, obwohl sie fast bis zum Morgengrauen suchten. Schließlich nahm Sissi Franz-Josef das Fernglas aus der Hand.
    »Wir haben jeden Ballon in unserer Nähe dreimal überprüft. Lass uns aufhören. Vielleicht ändert sich das Feld morgen und wir bekommen eine neue Chance.«
    Nur zögerlich stimmte er zu.
    Ohne zu reden, standen sie noch eine Weile nebeneinander. Sie hielten sich an den Händen und blickten in den langsam heller werdenden Nachthimmel.
    »Wir haben uns nicht geirrt«, sagte Sissi, als Franz-Josef in seinen Koffer zurückkehrte. »Er ist hier.«
    Er nickte, ohne zu antworten.
    Sissi schlief bis zum Nachmittag und wachte erst auf, als Alfons sie weckte und ihr ein Wurstbrot reichte. »Ob de jut jeschlofe häs, muss isch wohl nit frage«, sagte er.
    Sie dankte ihm, streckte sich und stand auf. Die Landschaft unter ihr hatte sich verändert. Der Schnee war zurückgekehrt und bedeckte Hügel und Wälder mit einer weißen Schicht. Die Dörfer

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