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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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Uhr?
    – Pasing. Maria-Eich-Straße. Habe eine Wohnungausgeräumt. Die Tochter der verstorbenen Mieterin war dabei. Wollen Sie …?
    Dorst winkte ab. Dann deutete er auf die Sporttasche.
    – Machen Sie das Ding wieder zu.
    Ich zog den Verschluss zu.
    – Verletzte oder Tote?, fragte ich.
    – Ein Toter. Feuerbestattung inklusive.
    Dorst beobachtete mein Gesicht.
    – Mario Spadolini, kennen Sie den?
    – Na klar, erwiderte ich. Den kennt jeder im Viertel. Unser Padrone.
    – Was meinen Sie damit?
    Dorsts Ton hatte das Beiläufige verloren.
    – Einen feinen italienischen Herrn meine ich damit. Sitzt meist im Borsalino . Gibt auch mal einen aus. Wenn er durch die Straße geht, zieht jeder den Hut und sagt artig: Guten Tag!
    – Irgendwelche Auffälligkeiten?
    – Hatte diesen gut gehenden Laden. Lederwaren, Kaschmir – nur das Beste. Mehr weiß ich nicht.
    Dorst blickte auf seine aschebestäubten Fußspitzen.
    – Was von Spadolini noch übrig ist, geht in eine Zigarrenkiste. Ein paar Plomben und Goldzähne, ein Kettchen, eine Gürtelschnalle. Und natürlich die Kugel aus dem Revolver, die ihn getötet hat. Der Rest ist Asche.
    – Aber das kann doch nicht sein, dass das niemand gemerkt hat, wenn nebenan der Laden brennt.
    – Das geht. Der Mörder kommt in den Laden, schießt ihn nieder. Er wirft die ganze Kollektion Kaschmir von derStange auf ihn, zündet den Haufen an und flüchtet. Vielleicht mit der Kasse. Der Brand kokelt und schwelt, frisst alles auf. Und warum nimmt niemand Notiz davon?
    Ich zuckte die Achseln. Dorst deutete auf die Metzgerei nebenan. Direkt neben dem Laden war ein großer, mit Metalllamellen geschützter Ventilator angebracht, der schon morgens fette Rauchschwaden von Grillwammerl, Haxen, Brühpolnischen und Leberkäs aus dem Laden nach draußen blies.
    – Es riecht dort immer nach verbranntem Fett und Fleisch, nur heute eben besonders penetrant. Erst als der Brand die hölzerne Ladentheke vorne erfasst hat und die Fensterscheiben zersprangen, wurde die Feuerwehr verständigt. So läuft das.
    Im Hintergrund pfiff Bungert und fuchtelte mit den Armen.
    – Komme gleich, rief Dorst nach hinten. Was ist mit Ihrer Nichte? Ist sie inzwischen aufgetaucht?
    Ich schüttelte den Kopf.
    – Aber ich weiß nun definitiv, dass die beiden vergewaltigt worden sind.
    Wieder pfiff Bungert. Dorst wurde cholerisch.
    – Bin ich ein Hund oder was? Ich komme sofort, habe ich gesagt. Ja?
    Dorsts Gesicht wies rote Flecken auf.
    – Also was?
    – Vergewaltigt.
    – Beweise?
    – Fotos.
    – Scheiße, sagte Dorst. Nichts haben Sie. Wir haben das Material doch auch geprüft. Sascha hatte außer der letalen Verletzung nichts an sich, was auf eine Vergewaltigung hingewiesen hätte. Keine Würgemale, keine blauen Flecken, kein Zeichen gewaltsamer Einwirkung. Nichts.
    Ich merkte, wie es in mir zu brodeln begann.
    – Ihre Nichte ist weg, okay. Wenn das in dem Porno erzwungen war, wäre doch der Versuch logischer, sich zu wehren und den Täter zur Rechenschaft zu ziehen, oder?
    Dorst musterte mich mit mitleidigem Blick.
    – Vielleicht müssen Sie sich einfach mit dem Gedanken vertraut machen, dass sie sich freiwillig auf das alles eingelassen hat.
    Das war zu viel. Ich packte Dorst am Revers und schüttelte ihn.
    – Schon mal was davon gehört, dass Abhängigkeit und Willfährigkeit nicht nur durch körperliche Gewalt entstehen?
    Er maß mich mit großem Erstaunen. Dann wischte er meine Hände weg, als gelte es, Schuppen abzuklopfen. Schließlich stieg er mit der Sohle seines verdreckten Schuhs auf meine braunen Wildleder-Sneakers und drehte seinen Fuß hin und her. Dorst war jetzt ganz bleich vor kalter Wut.
    – Das machen Sie nicht noch mal. So einem Arschloch wie Ihnen bringe ich auch noch Manieren bei. Bei nächster Gelegenheit.
    Er drehte sich abrupt um und ging zu Bungert. Mir stieg sofort alles Blut in den Schädel und produzierte dort oben Verhältnisse wie in einem Dampfdrucktopf.

21
    Einen Stein vor mir her kickend ging ich die Straße hinunter. Als ich vor einem Friseurladen stehen blieb und ins Schaufenster blickte, guckte mich aus dem dort aufgehängten Spiegel ein alt gewordenes, böses Tier an, ein Whooki , jedenfalls etwas zwischen Schnauzer und Mensch. In meiner Broschüre zum Dalai-Lama-Personality-Test hieß es, man solle in solchen Krisensituationen auch alle bösen Gedanken zulassen, sie jedoch nicht bewerten. Sie dürften nur wie der Film einer Freakshow an einem interessierten, aber

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