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Sister Sox

Titel: Sister Sox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Bronski
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hatte seine Brille abgenommen, hauchte sie an und begann sie mit seinem Nachthemd zu polieren. Ich merkte, dass ich um einen kurzen Bericht nicht herum kam. Hinnerk gab sich sichtlich beeindruckt.
    – Meine Fresse, das darf ja nicht wahr sein! Und jetzt?
    – Ganz klar: Ich muss wieder zurück in die Stadt.
    – Und die zwei jungen Leute?
    – Bleiben bei dir.
    Hinnerk schluckte.
    – Hat ja keinen Sinn sonst. Carmello kann dir den Garten umgraben, Olga die Bude aufräumen – irgendeine sinnvolle Beschäftigung wirst du schon für die beiden finden.
    Hinnerk nickte tapfer.
    – Sobald ich meine Geschichten auf die Reihe gekriegt habe, hole ich sie. So schnell wie möglich. Versprochen!
    Hinnerk nickte noch mal. Ich stand auf, und wir umarmten uns. Dann fuhr ich los. Die Stadt wartete auf den lonesome rider .

33
    Ich brauchte einen Plan. Zeit genug, ihn zu schmieden, hatte ich. Morgens im Berufsverkehr war man gut und gern eine Stunde unterwegs. Einer wie ich musste aber beim Planen besonders vorsichtig sein. Manche werden vom Hundertsten ins Tausendste abgetrieben, bei mir wird alles immer grundsätzlicher. Mir fehlt der Pragmatismus. Um das Schaufenster meines Ladens neu zu gestalten, wollte ich ein Bord befestigen. Bei dieser Gelegenheit stellte ich fest, dass die Schrauben und Nägel immer noch nicht in Gläschen gefüllt waren. Außerdem sollte das Bord ohnehin nachlackiert werden. Wenn nun schon Farbe angebrochen und der Pinsel feucht war, konnte man auch gleich den Fensterrahmen ausbessern und in der Zwischenzeit das Besteck für die Auslage in heißes Wasser mit Silberreinigungsmittel legen. Für Schrauben und Nägel in Gläschen wäre ein Brett zu montieren, um sie übersichtlich unterzubringen. Ich weiß nicht mehr, wie das genau weiter ging, aber diese Idee führte dazu, dass ich meinen Laden grundrenovierte.
    Ohne Umschweife stieß ich zum Kern der Sache vor: Ich musste Pia finden und aufpassen, dass mir weder ein Rattelhuber noch ein Italiener die Rübe wegpustete. Die Idee, die ich hatte, war vielleicht eine Eingebung. Als in München die Kammerspiele saniert wurden, konnte ich einen Teil des Kostümfundus übernehmen. Einige Einzelstücke hingen immer noch bei mir im Laden herum. So auch die unscheinbare Kutte, die mir nun sicher gute Dienste leisten würde.Praktisch um die Ecke ist das Kloster St. Anton. Die Kapuziner dort mögen rar geworden sein, aber niemand würde sich wundern, wenn Vater Gossec in Ordenstracht unterwegs war. Und einen Mönch erschießt kein Italiener, der bei Sinnen ist. Schließlich war Padre Pio auch ein Kapuziner.
    Ich war richtig glücklich, als ich meinen Bus in der Hofeinfahrt parkte.
    Drinnen im Laden blinkte mein Anrufbeantworter. Iris sagte, dass sie sich morgen mit Pias Hausverwaltung in Grünwald auseinander zu setzen habe. Es gehe darum, die Schulden zu begleichen. Ob ich denn da nicht hingehen könne. Auf sie höre ja doch niemand. Na klar, auf mich hörten doch alle, wenigstens, wenn ich eine Knarre in der Faust hatte.
    Dann war auch noch Dorst zu hören. Er habe ein schönes Foto von mir. Ob wir das mal gemeinsam ansehen könnten. Ich hatte keinen blassen Schimmer, was dieses Arschloch mit seinem kryptischen Hinweis meinte. Jedenfalls würde ich ihn keinesfalls anrufen.
    Ich kramte in meinem Schrank und fand die Kutte. Stand mir gut, wie angegossen. Schade, dass mich meine Mutter nicht sehen konnte. Sie hätte es gern gehabt, wenn aus mir ein Kleriker geworden wäre. Die Kirche hat einen großen Magen, pflegte sie zu sagen. Sie meinte damit, dass sie einen wie mich auch noch hätte verdauen können.
    Ich dachte, es sei eine gute Idee, gleich in die Höhle des Löwen zu marschieren. Direkt zu den Kalabresen in den Schlachthof, um das Missverständnis an höchster Stelle aufzuklären, dessentwegen mir diese Fraktion an den Kragenwollte. Als ich meinen Laden abschloss und durch die Hofeinfahrt nach draußen ging, begegnete ich einem Mann mit Hut. Ich erkannte in ihm sofort einen der Italiener von gestern Abend wieder, die uns im Lancia erwartet hatten. Meine Verkleidung wirkte jedoch, er bekreuzigte sich, als er mich sah. Ich hatte das Gefühl, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Das aber wollte ich gar nicht so genau wissen, von diesen Hutträgern kam nichts Gutes. Ich segnete ihn von Herzen, denn zumindest hatte er diesmal nicht versucht, mir ein Loch in den Kopf zu schießen. Darauf konnte man aufbauen. Ich verschwand schnell.

34
    Ich marschierte mit

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