Sisters of Misery
sprach, wurde ihr Blick immer wieder wie magisch von seinem Mund angezogen. »Erstens: Sie ist nie gefunden worden. Glaubst du wirklich, dass man in so einer kleinen Stadt wie Hawthorne einfach ein Gewaltverbrechen begehen kann, ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen? Zweitens: Cordelia war kein Mädchen, das man einfach so hätte entführen können, dafür war sie viel zu stark und selbstbewusst. Sie wollte von hier weg, Maddie. Sie wollte die Welt sehen. Hawthorne war wie ein Gefängnis für
sie. Gott, sie war so ein kluges Mädchen, voller Neugier und Wissensdurst â¦Â« Er hielt abrupt inne. Er war ins Schwärmen geraten und sie beide wussten es. »Sie ist irgendwo in der Welt da drauÃen und wer weiÃ? Vielleicht kommt sie ja eines Tages zurück.«
Maddie drängte das mittlerweile nur allzu vertraute Gefühl der Eifersucht zurück. Es gab so vieles, das Cordelia ihr nicht erzählt hatte. Aber warum? Und würde sie, selbst wenn sie nie zurückkehrte, trotzdem ständig zwischen ihr und Reed stehen? Würde Cordelia bis in alle Ewigkeit seine Lieblingsschülerin bleiben?
Maddie holte tief Luft und stellte die Frage, die ihr schon seit Monaten auf dem Herzen lag. »Hast du dich für sie interessiert? Warst du ⦠wart ihr ⦠Ich meine, wart ihr mehr als nur Freunde?« Zitternd atmete sie aus. Sie musste einfach wissen, ob er der »wunderschöne Liebste« aus Cordelias Tagebuch war.
»Was? GroÃer Gott, nein, Maddie!«, sagte Reed schnell. Fast ein wenig zu schnell. »Ich war ihr Lehrer und sonst nichts! Ich hätte doch niemals etwas mit einer Schülerin angefangen.« Er sprang auf und steckte peinlich berührt die Hände in die Hosentaschen.
»Ich habe meinen Job verloren, die meisten meiner Freunde gehen mir aus dem Weg, meine Familie verachtet mich, und das alles nur wegen dieser verdammten Halbwahrheiten und Gerüchte. Mein Leben ist ein einziger Trümmerhaufen, verstehst du? Aber das scheint niemanden zu interessieren. Die Leute reden einfach immer weiter, versuchen immer wieder, mir mein Leben noch mehr zu zerstören. Und ich ⦠ich soll einfach nur dasitzen und alles geduldig über mich ergehen lassen? Wann hat diese gottverfluchte Hetzjagd auf mich endlich ein Ende?«
Maddie senkte schuldbewusst den Blick. Sie war nicht viel
besser als alle anderen hier in der Stadt. Auch sie hatte ihn in Verdacht, etwas mit Cordelia angefangen zu haben, für ihr Verschwinden verantwortlich zu sein.
»Hör zu, Maddie. Natürlich habe ich in meinem Leben Fehler gemacht. Dass ich dich zu diesem nächtlichen Ausflug überredet hab, war wahrscheinlich sogar ein Riesenfehler. Aber irgendetwas an dir ⦠ich weià auch nicht ⦠du bist die Einzige hier in der Stadt, die nicht mit dem Finger auf mich gezeigt und sich an den Gerüchten über Cordelia und mich beteiligt hat. Ausgerechnet du, ihre Cousine.« Er lachte kurz auf und schüttelte den Kopf. »Aber ich bin niemand, der alles aufs Spiel setzt, nur um seinem Herzen zu folgen.«
Es war das erste Mal, dass er so offen über seine Gefühle für sie sprach. Weil sie wusste, dass sie es bereuen würde, wenn sie es nicht tat, stand sie auf und küsste ihn sanft auf den Mund. Dann suchte sie ihre Sachen zusammen und wandte sich zum Gehen.
Kurz bevor sie das Boot verlieÃ, drehte sie sich noch einmal zu ihm um. Auf seinem Gesicht zeichneten sich die unterschiedlichsten Gefühle ab.
»Ab nach Hause mit dir, sonst bringst du mich noch in ernste Schwierigkeiten.« Er zog sich seine Baseballkappe vors Gesicht. »Na los, worauf wartest du!«, rief er und deutete mit gespielter Strenge zum Hafenausgang.
»Wartest du auf mich, bis ich ein paar Jahre älter bin?«, f ragte sie mit scherzhaftem Unterton.
Er schob die Kappe auf den Kopf zurück und ging mit plötzlich unglaublich ernstem Gesichtsausdruck auf sie zu. Als er vor ihr stand, beugte er sich zu ihr hinunter und küsste sie. Erst nur ganz zart, sodass ihre Lippen sich kaum zu berühren schienen, dann immer wilder und hungriger, je heftiger die Leidenschaft zwischen ihnen wuchs. Es war, als würden sie all ihre unerfüllten Sehnsüchte und unausgesprochenen
Gedanken in den Kuss legen. Maddie wünschte sich, er würde niemals enden, und schmiegte sich eng an Reeds Körper.
SchlieÃlich löste er sich von ihr und lächelte sie
Weitere Kostenlose Bücher