Sisters of Misery
Crestwood Yacht Clubs zu treffen.
Die fünf Sisters of Misery würden also noch einmal zusammenkommen, wenn auch nur für ein paar Stunden. Wie die fünf Spitzen eines Sterns; eines Sterns, der vor Monaten in jener schicksalhaften Nacht an einem schwarzen Oktoberhimmel leuchtete und Zeuge unaussprechlicher, rachgieriger Taten werden musste.
Maddie war nicht mehr in dem Club gewesen, seit sie damals ihre Aufnahme an der Highschool dort gefeiert hatten. Obwohl sie als Kind sehr viel Zeit in dem Yachtclub verbracht hatte - um im Pool zu schwimmen, Tennis zu spielen oder mit den Eltern ihrer Freundinnen in dem groÃen, eleganten Speisesaal zu Abend zu essen -, hatte sie sich immer wie eine AuÃenseiterin gefühlt, so als würde sie das junge, reiche
Mädchen aus Hawthorne nur spielen. Was im Grunde ja auch stimmte. Ihre Freundinnen hatten nie gewusst, dass ihre Eltern für ein teures Dinner im Crestwood mehr ausgaben als Maddies Familie in einem ganzen Monat für Lebensmittel. Aber Maddie war ein perfektes Chamäleon, dafür hatte ihre Mutter gesorgt. Sie konnte mühelos in die Rolle schlüpfen, die die anderen Mädchen von ihr erwarteten, und stellte sie nie infrage. Erst als Cordelia und Rebecca in ihr Leben getreten waren, hatte sie angefangen, die Menschen in ihrem Umfeld in einem anderen Licht zu betrachten.
Als sie die breite Holztreppe hochstieg, die zum Hauptgebäude des Yachtclubs führte, fühlte sie sich plötzlich absolut fehl am Platz in ihrem bequemen Blumenkleid, in dem sie sich in der Zeit, in der sie in Rebeccas Laden arbeitete, immer so wohlgefühlt hatte. Und als sie im Hauptraum an den elegant gekleideten Frauen vorbeiging, die Mitglieder des Clubs waren, glaubte sie, ihre missbilligenden Blicke auf sich zu spüren. Während sie das von der salzigen Meeresluft aufgeraute Parkett überquerte, lieà sie ihre Finger entlang der dunklen Mahagoniregale gleiten, betrachtete die wuchtigen Messingpokale, die in den eigens angefertigten Vitrinen glänzten, und blickte zu den Fahnen und Flaggen auf, die schlaff von den Dachsparren hingen. Jeder Gegenstand in diesem Gebäude war vom Geruch des Meeres durchdrungen.
Schon von der Eingangstür aus sah Maddie durch das riesige, dem Hafen zugewandte Panoramafenster, dass die Mädchen auf der Terrasse auf sie warteten. Sie hatten auf den Adirondack-Liegestühlen Platz genommen, doch statt sich in diesen komfortablen Liegen zu rekeln und das für diese Jahreszeit ungewöhnlich warme Wetter zu genieÃen, steckten sie die Köpfe zusammen und tuschelten, während die Sonne kleine Lichtreflexe in ihre in unterschiedlichen Flachstönen
leuchtenden Haare malte. Jede von ihnen sah aus, als sei sie eben erst von einem Segeltörn auf ihrer Luxusyacht zurückgekehrt. Genau so wie neuenglische Privatschülerinnen aussehen sollten. Absolut ekelerregend - auch wenn Maddie das bisher nie so krass empfunden hatte.
Als sie auf die Veranda trat, brach das Geflüster abrupt ab.
»Maddie! Endlich!« Hannah sprang von ihrer Liege auf und fiel Maddie um den Hals. Bridget stellte sich hinter die beiden, wartete, bis Maddie sich aus Hannahs Umarmung gelöst hatte, und küsste dann die Luft neben ihren Wangen. »Bonjour, mon amie!«, rief sie. Die anderen Mädchen verdrehten die Augen und kicherten.
»Ignorier sie einfach«, sagte Kate lachend. »Sie bereitet sich auf ihre Reise nach Paris mit dem Französischen Club vor und treibt uns alle mit ihrer Frankreichhysterie in den Wahnsinn.« Zur Veranschaulichung stieà sie ein paar übertrieben nasale »oui« und »non« aus und machte sich über Bridgets fürchterlichen Akzent lustig.
»Halt die Klappe, Kate. Du bist doch bloà neidisch, dass du nicht den April in Paris verbringen kannst«, schoss Bridget zurück. Maddie war insgeheim von der Unerschrockenheit beeindruckt, mit der sie Kate die Stirn bot. AuÃerdem sah sie viel gesünder aus und schien fast wieder ihr normales Gewicht zu haben.
»Hier, nimm meinen Platz, Maddie«, bot Darcy an und hockte sich stattdessen auf das strahlend weiÃe Verandageländer, hinter dem es dramatisch steil bis zu den aus dem blaugrauen Wasser ragenden, zerklüfteten Felsen in die Tiefe ging. Maddie setzte sich auf die Liege, die in der Mitte stand.
»Carlos!« Kate winkte dem Barmann. »Können Sie bitte noch einen Drink für meine Freundin bringen?
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