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Sisters of Misery

Titel: Sisters of Misery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Kelley Hall
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dazu gebracht hat, den Laden hier einfach dichtzumachen. Alles, was ich will, ist, die Verlegung zu regeln und meine Tante zu sehen.«
    Schwester Dot blickte sie einen Moment lang mit zusammengekniffenen Augen an, dann verzogen sich ihre spröden Lippen plötzlich zu einem linkischen Lächeln, etwas, das sonst offensichtlich nicht in ihrer Natur lag. Insgeheim klopfte Maddie sich auf die Schulter, dass sie sich nicht hatte einschüchtern lassen. Die Schwester gab ihr ein Zeichen, ihr zu folgen, während sie die verrostete Metalltür zur Wendeltreppe entriegelte. Die große Frau schleppte ihren schweren Körper keuchend die Stufen hinauf, stützte sich alle zwei Schritte auf dem Eisengeländer ab und blieb auf jedem Treppenabsatz stehen, um wieder zu Atem zu kommen.

    Â»Wissen Sie«, sagte sie während einer ihrer Verschnaufpausen, »ich wäre niemals so grausam und kaltherzig, Sie nicht zu Ihrer Tante zu lassen, wenn Sie sich schon einmal dazu aufgerafft haben, sie endlich zu besuchen.« Ihre Ironie war so beißend wie der Gestank, der in der Luft hing.

    Maddie vermied jeglichen Augenkontakt mit den Patienten auf Rebeccas Stockwerk - Patienten, die größtenteils in käfigartigen Zellen untergebracht waren.
    Bitte lass sie nicht in einem so grauenhaften Raum sein, betete sie stumm, während sie Schwester Dot folgte und den Blick starr auf den rissigen, schachbrettgemusterten Linoleumboden geheftet hielt. Die verschiedenen Räume waren in hellblau, lindgrün und hellrosa gestrichen, als hätte man im Laufe der Jahre immer wieder herumexperimentiert, welcher Farbton auf die Patienten die beruhigendste Wirkung hatte.
    Obwohl sie die blassen Gesichter und die leeren Blicke der Patienten - Gefangene nicht nur der Hexenfestung, sondern auch ihres eigenen Geistes - eigentlich nicht sehen wollte, brachte sie schließlich ihre Neugier dazu, ihre Umgebung doch etwas genauer wahrzunehmen: die heruntergekommenen Möbel, die ungelenken Malereien an den Wänden, das unentwegte Surren und Brummen der Neonröhren und die überwältigenden Gerüche - eine Mischung aus Schweiß, Urin und etwas Undefinierbarem … Angst? Und das alles gepaart mit dieser unglaublich negativen Energie, die sich um jeden, der sich in ihr bewegte, wie ein schwerer dunkler Mantel legte.
    Schwester Dot führte sie einen langen Flur entlang, der sich im sogenannten J-Flügel befand, bis sie schließlich vor Rebeccas Zimmer standen. Die Schwester klopfte an die angelehnte Tür, und obwohl Maddie diese Geste zu schätzen wusste,
fragte sie sich gleichzeitig, ob sie nicht vielleicht nur zu ihrem eigenen Besten war.
    Rebecca saß in einem seltsamen Stuhl mit Rädern, von dem Maddie nur mutmaßen konnte, dass es der primitive Vorfahr des Rollstuhls war. Von Rebeccas ausgezehrter Erscheinung war sie nicht so sehr überrascht wie von dem Raum, in dem sie all die Monate gelebt hatte. Auf dem Weg hierher hatte Schwester Dot ihr erklärt, dass die Zeichnungen an den rissigen Wänden von den Patienten stammten, die sich momentan noch in Ravenswood befanden. Da die Einrichtung sowieso bald geschlossen wurde, hatte man ihnen erlaubt, sich an den Wänden, zwischen denen sie eingesperrt waren, zum Ausdruck zu bringen.
    Manche Zeichnungen waren kindlich und unschuldig - lächelnde Sonnen, Bäume und Blumen, Familienidyllen. Andere waren düster und verstörend. Ein häufiges Motiv war das Anstaltsgebäude selbst. Allerdings hatte Ravenswood auf den Bildern nichts mit der behaglichen Einrichtung zu tun, die die Gründer vor Jahrzehnten vor Augen gehabt hatten. Nein, es war dargestellt wie ein böses Monster, mit Fenstern, die wie Teufelsaugen funkelten, und Türen, die wie schreiende, klaffende Münder aussahen. Genau so, wie Maddie diesen Ort empfand, seit sie ihn vorhin das erste Mal betreten hatte. Andere Bilder zeigten düstere Türme und Giebel, die wie Hörner anmuteten, und Bäume, deren Äste sich dem Betrachter wie scharfe Krallen entgegenzurecken schienen, bereit, ihn zu packen und zu zerreißen. Eine Schreckensvision wie der neunte Höllenkreis aus Dantes Göttlicher Komödie.
    Rebeccas Bilder waren vollkommen anders. Ihr Zimmer war ein einziges Blütenmeer. Die Wände waren mit den herrlichsten Blumen bemalt, fast noch schöner als die, die in der freien Natur wuchsen. Sie hatte sie in jeder nur vorstellbaren Farbe und Art

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