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Sisters of Misery

Titel: Sisters of Misery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Megan Kelley Hall
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an ihren Wandbildern weiter. Als wir unseren Patienten erlaubt haben, die Wände zu bemalen, hatten wir das eigentlich als entspannende therapeutische Beschäftigungsmaßnahme gedacht, aber bei Ihrer Tante ging der Schuss eher nach hinten los. Seitdem tut sie nämlich fast nichts anderes mehr, als Tag und Nacht diese Blumen zu malen.«
    Â»Sie hat einen eigenen Blumenladen gehabt, bevor sie hierherkam. Nachdem meine Cousine verschwunden war, hat sie
sich oft tagelang darin verkrochen und ein Blumengebinde nach dem anderen angefertigt. Das war ihre Art, den Schmerz über den Verlust auszuhalten.«
    Â»Das ist durchaus nachvollziehbar, aber es ist für unsere Patienten sehr wichtig, dass sie genügend Schlaf und Ruhe finden«, erklärte Schwester Dot. »Manchmal müssen wir sie nachts fixieren, damit sie wenigstens ein paar Stunden schläft. Wir haben es auch schon mit Hydrotherapie bei ihr versucht - wohlgemerkt nicht die eiskalten Bäder, wegen denen viele Einrichtungen früher in die Schlagzeilen kamen, sondern schöne warme Bäder wie in einem Spa. Aber was soll ich sagen? Ihre Tante ist eine Entfesselungskünstlerin. Irgendwie schafft sie es immer, sich nachts aus ihrer Fixierung zu bef reien oder aus den Bädern auszubüxen.«
    Â»Das scheint bei uns in der Familie zu liegen«, murmelte Maddie, während sie mit immer noch zitternden Händen die Papiere ausfüllte, die für Rebeccas Umzug in die neue Einrichtung außerhalb der Stadt notwendig waren. »Na ja, dann wollen wir mal hoffen, dass wenigstens die Verlegung reibungslos verläuft«, fügte sie hinzu.
    Â»Keine Sorge, Ms Crane.« Schwester Dot tätschelte ihr unbeholfen die Hand. »Wir werden uns um alles kümmern. Ihre Tante ist bei uns in guten Händen.«
    Als Maddie von Ravenswood wegfuhr, fühlte sie sich unglaublich erleichtert und befreit. Die Luft in diesen kargen Zimmern und trostlosen Gängen war so bleiern gewesen und die überall lauernde Verzweiflung so allgegenwärtig, dass sie sich schwor, nie wieder etwas als selbstverständlich zu nehmen. Zum ersten Mal seit Langem hatte sie wieder das Gefühl, zu den Menschen zu gehören, die mehr Glück im Leben hatten.
    Als sie an Potter’s Grove vorbeifuhr, fragte sie sich, ob sie die Bäume finden würde, unter denen Rosie und Rebecca angeblich
mit Cordelia gepicknickt hatten. Der Wald hatte etwas so Geheimnisvolles und Verzaubertes an sich, dass sie sich fast bildlich vorstellen konnte, wie Cordelia unter einer riesigen Kiefer saß, eine Feenkrone aus Wildblumen im roten Haar, das in den Strahlen der untergehenden Sonne wie lodernde Flammen leuchtete. Und wenn sie ihrer Fantasie freien Lauf ließe, würde sie im Vorbeifahren sehen, wie Cordelia ihr zuwinkte.
    Bis bald, Maddie. Ich warte auf dich …

18
    TIWAZ

    MUT UND HINGABE
    Â 
    Haltung und Standhaftigkeit in schwierigen Zeiten, Gerechtigkeit
    Â 
    Â 
    APRIL
    Â 
    D er Sand unter Maddies Füßen gab immer noch ein wenig von der Wärme ab, die er während des ungewöhnlich warmen Apriltages gespeichert hatte, und als sie ins Meer hineinwatete, umspielte dunkles, kühles Wasser ihre Knöchel. Die Sterne am tintenschwarzen Himmel schienen mit einer Intensität zu leuchten wie sonst nur in besonders klaren Sommernächten.
    Nachdem Tess und Abigail zu Bett gegangen waren, hatte sie sich aus dem Haus geschlichen und war barfuß an den Strand am Ende des Mariner’s Way hinunterspaziert. Obwohl es erst kurz vor zehn war, waren bereits alle Lichter in den benachbarten Häusern erloschen, sodass sie von völliger Dunkelheit umgeben war. Es herrschte eine fast schon unnatürliche Stille, die sich wie eine Decke über Hawthorne gelegt hatte.
    Eine Weile hatte sie einfach nur dagesessen, aufs schwarze Meer gestarrt und zugesehen, wie das Mondlicht auf den Wellen auf und ab tanzte. Jetzt war sie aufgestanden und lief ein Stück ins Wasser hinein.
    Irgendwann schaute sie aufmerksam den Strand entlang,
um sicherzugehen, dass sie auch wirklich allein war, dann zog sie sich bis auf die Unterwäsche aus und sprang kopfüber in das kalte, vom Mond beschienene Wasser. Tess hatte ihr einmal gesagt, dass es den Kopf freimachte, wenn man um diese Jahreszeit im Meer schwamm - etwas, das sie im Moment dringend gebrauchen konnte. Als sie in die eisige Flut eintauchte, blieb ihr für einen kurzen Moment der Atem

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