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Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)

Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition)

Titel: Sitzen vier Polen im Auto: Teutonische Abenteuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Tobor
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ist nichts für dich. Für die Leute dort bist du nur ein armes Polenkind. Und später, da darfst du bei ihnen putzen, das ist alles, was du davon hast. Glaub mir, ich weiß, wovon ich rede.«
    »Du weißt es?«, rief ich. »Bitte erzähl’s mir!«
    »Du lernst schon noch in der Schule, wie das mit den Deutschen war«, winkte Oma gereizt ab.
    »Oma?«, versuchte ich es ein letztes Mal. »Warum gibt es bei uns eigentlich nicht so schönes Spielzeug wie in BRD ?«
    »Pah!«, schnaubte sie, schnellte aus ihrem Sessel und erklärte im Rausgehen: »Wozu hast du deine Fantasie? Meinst du, ich hatte Puppen, als ich klein war? Mit Tonklumpen haben wir gespielt!«
    Oma versprach, meinen Eltern nichts von der Eskapade in den Westen zu erzählen. Ihre einzige Bedingung war, dass ich das Wort BRD nie wieder in den Mund nehmen würde. Ich willigte ein. Noch am selben Tag jagte Oma mit der Axt durch den Garten, um ein Huhn für die Sonntagssuppe zu schlachten. Am Abend überraschte sie mich mit zwei Hühnerkrallen, die sie wie Marionetten auf dem Küchentisch tanzen ließ.
    »Schau her. Wenn man an den Sehnen zieht, krampfen sie sich zusammen. Probier’s mal. Und erzähl mir nicht, dass du je besseres Spielzeug gehabt hast.«
    Damit hatte Oma leider recht. Ich war untröstlich. Bis Mops in mein Leben kam.
    Papa hatte gehört, dass die Hündin eines Bauern aus dem Nachbardorf zehn Junge geworfen hatte. Jede Familie, die bereit war, ihm ein Hündchen abzunehmen, wurde mit einem Stück vom Schwein aus eigener Schlachtung belohnt. Froh, dass sich ihnen die Gelegenheit bot, kampflos ein Stück Fleisch zu ergattern, und in der Absicht, meiner Trübseligkeit ein Ende zu bereiten, holten meine Eltern sich die Blutwurst und den Welpen ins Haus.
    Der Hund war ein Fellklötzchen auf vier abgebrannten Streichholzstümpfen. Wir nannten ihn Mops, denn er sah aus wie einer. Als Oma ihn ins Haus rennen sah, warf sie ihn sofort in die Badewanne. Ich rechnete mit dem Schlimmsten. Schließlich wusste ich, was mit Tieren passierte, die Oma ins Badezimmer trug. Jedes Jahr kurz vor Weihnachten ließ sie einen Karpfen in der Wanne schwimmen, den sie dann an Heiligabend unbarmherzig in Stücke hackte. Doch zu meiner Erleichterung begnügte sich Oma damit, Mops ausgiebig zu schamponieren, damit er nach grünem Apfel roch. Die Hoffnung auf ein lebendes Stofftier, das ich mit ins Bett nehmen konnte, platzte trotzdem noch am selben Tag. In einem unbeobachteten Moment war Mops in die Vorratskammer eingedrungen und hatte die gesamten Blutwurstvorräte aufgefressen. Oma hatte Pläne für ihn gehabt, winzige Lockenwickler wollte sie ihm ins Fell drehen, doch als sie das Desaster entdeckte, hatte er seine Chancen auf sozialen Aufstieg verspielt.
    Oma hat Mops in den Garten vertrieben und ihn zu einem elenden Kläfferdasein verdammt. Draußen angekettet konnte er sich nützlich machen, indem er Selmas Kater von den Beeten fernhielt. Ich besuchte Mops jeden Tag hinter Gittern, weil wir Freunde und Leidensgenossen waren. Genau wie er hatte ich von der verbotenen Wurst gekostet und saß nun fest, für immer aller Möglichkeiten beraubt, das Leben zu führen, von dem ich träumte.

5.
Der silberne Stern
    Am Morgen des 24. Dezember war frischer Schnee gefallen und hatte die Baumskelette in glitzernde Festgewänder gehüllt. Unser Weihnachtsbaum dagegen war nicht mehr als ein Stahlrohr, von dem ein paar mit grüner Plastikfolie umwickelte Drähte abstanden. Was er an Üppigkeit entbehrte, hatten wir mit bunten Christbaumkugeln, buckligen Wattewürstchen und Ketten aus Bastelpapier wettgemacht.
    Alle Anstrengungen meiner Mutter, Orangen fürs Weihnachtsfest zu ergattern, waren dieses Jahr vergeblich geblieben. Außer ein paar Riegeln, die unter dem Namen »schokoladenähnliches Produkt« verkauft wurden, waren keine besonderen Leckerbissen unterm Baum zu erwarten. Doch das änderte nichts daran, dass seit dem frühen Morgen die herrlichsten Düfte aus der Küche drangen und verheißungsvoll durch alle Räume des Hauses zogen. Es roch nach geschmorten Pilzen, nach Nüssen, getrockneten Pflaumen, nach Kokosflocken und geriebenem Mohn.
    Um fünf Uhr nachmittags wurde endlich der Tisch für wigilia , das Heiligabendmahl, gedeckt. Ich mochte die Tradition, für einen Unbekannten mitzudecken, der ein Bedürftiger sein mochte, ein Verschollener oder der Herr Jesus Christus. Aber am meisten liebte ich es, nach dem ersten Stern Ausschau zu halten. Erst wenn dieser am Himmel

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