Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
Mr Lee die jährlichen Wiederholungen der Schlachten aus dem Bürgerkrieg, und sie meinten das durchaus ernst. Jede Kleinigkeit musste stimmen, angefangen von den Uniformen über die Bewaffnung bis hin zu der Stelle, an der jeder einzelne Soldat zu stehen hatte.
Link grinste mich an, in seinem Gesicht klebten die R este der Miniwurst. »Du darfst es auf keinen Fall Lena sagen. Wir wollen sie doch überraschen. Es ist, na ja, so was wie das Geburtstagsgeschenk von uns beiden.«
Ich sagte keinWort, sondern starrte ihn nur an. Ich dachte an Lena, an ihre düstere Stimmung, ihren orangeroten Gefängnisoverall. Dann an Links sicher grauenvolle Band, die Partys der Jackson High, an Emily Asher und Savannah Snow, die Gefallenen Engel, Ridley, Ravenwood, und nicht zuletzt an Honey Hill und die Gewehrsalven aus der Ferne. Und das alles unter den missbilligenden Blicken von Macon, von Lenas verrücktenVerwandten und ihrer Mutter, die sie umbringen wollte. Und dem Hund, der dafür sorgte, dass Macon nicht die kleinste Kleinigkeit entging.
Die Schulglocke läutete. Überraschung würde nicht einmal ansatzweise beschreiben, was Lena empfinden würde. Und ich war derjenige, der es ihr beibringen musste.
»Vergesst nicht, euch in die Listen einzutragen, wenn ihr bei der Aufführung erscheint. Ihr bekommt keine Punkte, wenn ihr euch nicht eintragt. Und denkt daran, bleibt in den Absperrungen des Sicherheitsbereichs.Wenn ihr euch erschießen lasst, kriegt ihr trotzdem keine Eins in Geschichte«, rief uns Mr Lee hinterher, als wir einer nach dem anderen hinausgingen.
Im Moment konnte ich mir wahrlich Schlimmeres vorstellen, als erschossen zu werden.
Schlachten aus dem Bürgerkrieg nachzuspielen, war eigentlich total verrückt, und die Schlacht von Honey Hill war da keine Ausnahme.Wer, bitte, hatte Lust, sich in verschwitzteWollklamotten zu zwängen, die aussahen wie Halloween-Kostüme?Wer wollte schon herumrennen und mit uraltenWaffen schießen, die so unzuverlässig waren, dass sie den Schützen beim Abfeuern früher gerne mal die Gliedmaßen zerfetzt hatten? Nebenbei gesagt, auf dieseWeise war Big Earl Eaton ums Leben gekommen.Was war eigentlich interessant daran, Schlachten aus einem Krieg nachzustellen, der sich vor hundertfünfzig Jahren ereignet hatte und den, man konnte es drehen und wenden wie man wollte, der Süden verloren hatte?Wer würde so was wollen?
In Gatlin, wie auch im größtenTeil der Südstaaten, lautete die Antwort: dein Arzt, dein R echtsanwalt, dein Pfarrer, der Bursche, der dein Auto repariert oder dir die Post bringt, sehr wahrscheinlich deinVater, alle deine Onkels und Cousins, dein Geschichtslehrer (besonders wenn der Mr Lee heißt), und erst recht der Typ, dem derWaffenladen in der Stadt gehört. Kaum war die zweite Februarwoche angebrochen, es mochte regnen oder schneien, gab es kein anderes Thema mehr in Gatlin als die Schlacht von Honey Hill.
Denn Honey Hill war unsere Schlacht. Keine Ahnung, wer das je so festgesetzt hatte, aber ich war überzeugt, es hatte etwas mit den sieben Geschützen zu tun. Die Leute in der Stadt bereiteten sich wochenlang darauf vor. Jetzt, da es sozusagen fünf vor zwölf war, wurden die konföderierten Uniformen aufgebügelt, und der Geruch nach warmerWolle lag in der Luft. Whitworth-Flinten wurden geputzt und die Schwerter poliert, und die Hälfte aller Männer in der Stadt hatte das letzteWochenende bei Buford R edford verbracht und sich die Munition selbst hergestellt, denn seiner Frau machte der Gestank nichts aus. Ihre Strohwitwen waren derweil damit beschäftigt, Tischtücher zu waschen und Hunderte von Pastetchen für dieTouristen einzufrieren, die in Kürze die Stadt bevölkern würden, weil sie an der Lebenden Geschichte teilhaben wollten. Die Damen von der TAR hatten wochenlang für ihre eigeneVersion des Nachspielens geprobt, nämlich für die geführten R undgänge zu den Sehenswürdigkeiten des Südens, und ihre Töchter hatten zwei Samstage damit verbracht, wahre Kalorienbomben von Kuchen zu backen, die nach diesen R undgängen angeboten wurden.
Das war immer besonders lustig, denn die Damen von der TAR , einschließlich Mrs Lincoln, führten dieseTouren in historischen Gewändern. Sie zwängten sich in Mieder und Lagen von Unterröcken, und sie sahen aus wie Würstchen, die gleich aufplatzen würden. Und sie waren nicht die Einzigen; ihre Töchter, einschließlich Savannah und Emily, also die zukünftige Generation der TAR , mussten in den Häusern
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