Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
dass er sich nur unter größter Anstrengung beherrschen konnte. Seine Gewandtheit war wie weggeblasen. In seiner Stimme lag eine neue Schärfe, etwas Gehetztes, was er sich auf keinen Fall anmerken lassen wollte.
Ich stopfte das Medaillon wieder in den Beutel und steckte ihn in dieTasche. Auf der anderen Seite des Tisches tippte Macon die Kandelaber mit den Fingerspitzen an. Eine nach der anderen fingen die Kerzen auf dem Tisch wieder an, zu brennen. Das Festmahl aber war verschwunden.
Im Schein der Kerzen sah Macon unheimlich aus. Und zum ersten Mal, seit ich ihn kennengelernt hatte, war er stumm. Er schwieg, so als würde er die Möglichkeiten, die er hatte, auf einer unsichtbarenWaage bemessen, auf der auf geheimnisvolleWeise unsere Schicksale lagen. Es war an der Zeit zu gehen. Lena hatte recht gehabt, das war kein guter Einfall gewesen. Vielleicht hatte es ja seinen Grund, weshalb Macon Ravenwood nie sein Haus verließ.
»Es tut mir leid, Sir. Ich wusste nicht, dass so etwas passieren würde. Unsere Haushälterin, Amma, benahm sich, als wäre es – als wäre es etwas wirklich Machtvolles, als ich es ihr zeigte. Aber als Lena und ich das Medaillon gefunden haben, ist nichts Schlimmes passiert.«
Sag ihm nichts mehr. Sag nichts von den Visionen.
Das werde ich nicht. Ich wollte nur herausfinden, ob ich mit Genevieve recht hatte.
Sie brauchte sich keine Sorgen zu machen, ich hatte nicht vor, Macon Ravenwood davon zu erzählen. Ich wollte nur raus hier. Ich stand langsam auf. »Ich glaube, ich sollte nun nach Hause gehen, Sir. Es ist schon spät.«
»Würde es dir etwas ausmachen, mir das Medaillon zu beschreiben?« Es klang wie ein Befehl. Ich sagte keinWort.
Lena war es, die schließlich sprach. »Es ist alt und schon etwas abgewetzt. Auf derVorderseite ist eine Kamee. Wir haben es in Greenbrier gefunden.«
Macon drehte aufgeregt an seinem Silberring. »Du hättest mir sagen müssen, dass du nach Greenbrier gehst. Das gehört nicht mehr zu Ravenwood. Ich kann für deine Sicherheit dort nicht garantieren.«
»Ich war dort vollkommen sicher. Ich habe es gespürt.«
Sicher wovor? Hier schien jemand mehr als ein wenig überbesorgt.
»Das warst du nicht. Es ist jenseits der Grenzen. Man kann es nicht kontrollieren. Niemand kann es kontrollieren. Es gibt so vieles, was du nicht weißt. Und er …«, Macon zeigte auf mich, der ich am anderen Ende des Tisches stand, »er weiß nichts. Er kann dich nicht beschützen. Du hättest ihn nicht in dieses Haus bringen dürfen.«
Ich konnte nicht länger schweigen. Ich musste reden. Er sprach über mich, als wäre ich Luft. »Das geht mich auch etwas an, Sir. Auf der R ückseite des Medaillons sind Initialen. ECW . ECW bedeutet Ethan CarterWate, das war mein Ururururgroßonkel. Die anderen Initialen lauten GKD , und wir sind uns ziemlich sicher, dass D für Duchannes steht.«
Ethan, hör auf.
Aber ich konnte nicht aufhören zu reden. »Es gibt keinen Grund, uns etwas zu verheimlichen, denn was immer auch geschieht, es betrifft uns beide. Und ob es Ihnen gefällt oder nicht, ich glaube, es passiert gerade im Moment wieder.« EineVase mit Gardenien flog quer durchs Zimmer und zerschellte an derWand. Das war der Macon Ravenwood, über den wir uns als Kinder alles Mögliche erzählt hatten.
»Sie wissen nicht, wovon Sie sprechen, junger Mann.« Er starrte mich an mit einer so gespenstischen Intensität, dass es mir eine Gänsehaut über den R ücken jagte. Er war jetzt kurz davor, die Kontrolle zu verlieren. Ich war zu weit gegangen. Boo Radley stand auf und lief hinter Macon auf und ab, als lauerte er einer Beute auf, seine Augen waren geisterhaft rund und so vertraut.
Sag nichts mehr.
Macon Ravenwood kniff die Augen zusammen. Seine Filmstaraura war dahin, sie war etwas gewichen, das viel düsterer war. Ich wollte weglaufen, aber ich war wie angewurzelt, wie gelähmt.
Ich hatte mich getäuscht, was Ravenwood Manor und Macon Ravenwood anging. Ich hatte Angst vor beiden.
Als er schließlich zu sprechen begann, redete er mehr zu sich selbst. »Fünf Monate. Wisst ihr, was ich auf mich nehmen werde, damit sie während dieser fünf Monate in Sicherheit ist?Was es mich kosten wird? Wie es mich auslaugen, vielleicht sogar zerstören wird?«Wortlos stellte sich Lena neben ihn und legte ihm die Hand auf die Schulter. Und dann hatte sich das Unwetter in seinen Augen so schnell wieder verzogen, wie es gekommen war, und er hatte seine Fassung wiedergewonnen.
»Mir scheint,
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