Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
Zimmer.Tatsächlich regte sich kein Lüftchen.
»Ridley, ich habe gesagt, es reicht.« Macon war drauf und dran, die Geduld zu verlieren. DerTon, in dem er sprach, war der gleiche, den er angeschlagen hatte, als ich bei meinem ersten Besuch das Medaillon aus derTasche gezogen hatte.
»Warum ergreifst du Partei für sie, Onkel M.? Als Kind habe ich genauso viel Zeit mit dir verbracht wie Lena.Weshalb ist sie auf einmal dein Liebling?« Sie klang fast ein wenig verletzt.
»Es hat nichts damit zu tun, ob sie mein Liebling ist oder nicht, das weißt du genau. Du bist schon berufen. Es liegt nicht mehr in meiner Hand.«
Berufen?Von wem?Wovon sprach er überhaupt? Der Nebel, der meine Sinne verwirrte, wurde immer dichter. Ich war mir nicht sicher, ob ich alles richtig verstanden hatte.
»Aber du und ich, wir sind von der gleichen Art«, sagte sie zu Macon. Sie war wie ein verwöhntes Kind, das nicht lockerließ.
Der Tisch begann zu zittern, unmerklich fast, und die dunkle Flüssigkeit in denWeingläsern schwappte leicht hin und her. Dann hörte ich ein rhythmisches Klatschen auf dem Dach. R egen.
Lena hielt sich an der Tischkante fest, ihre Knöchel traten weiß hervor. »Ihr beiden seid NICHT von der gleichen Art«, zischte sie.
Ich spürte, wie sich Ridley neben mir verspannte, sie hielt meinen Arm noch immer umklammert. »Du glaubst, du bist so viel besser als ich, Lena, nicht wahr? Dabei kennst du nicht einmal deinen richtigen Namen. Und du weißt auch nicht, dass deine Familie dem Untergang geweiht ist.Warte nur, bis du berufen wirst, dann siehst du die Dinge, wie sie wirklich sind.« Sie lachte auf, es war ein düsteres, gequältes Lachen. »Du kannst gar nicht wissen, ob wir von der gleichen Art sind oder nicht. In ein paar Monaten bist du vielleicht genauso wie ich.«
Lena starrte mich entsetzt an. Der Tisch bebte jetzt heftiger, das Geschirr klapperte. Draußen zuckte ein greller Blitz und der R egen strömte wieTränenbäche die Fensterscheiben hinab. »Halt den Mund!«
»Sag’s ihm, Lena. Meinst du nicht, Streichholz hat ein R echt darauf, alles zu erfahren? Dass du keine Ahnung hast, ob du Dunkel oder Licht bist. Dass du keinerlei Einfluss darauf hast?«
Lena sprang auf und stieß dabei ihren Stuhl um. »Ich habe gesagt, halt den Mund!«
Ridley war wieder ganz entspannt, sie genoss die R o lle, die sie spielte. »Sag ihm doch, wie wir zusammengelebt haben, in ein und demselben Zimmer, wie Schwestern. Sag ihm, dass ich vor einem Jahr gewesen bin wie du, und nun …«
Macon Ravenwood stand auf und klammerte sich mit beiden Händen an der Tischplatte fest. Sein blasses Gesicht schien jetzt noch blasser als sonst. »Ridley, das reicht. Ich werde dich aus diesem Haus verbannen, wenn du noch einWort sagst.«
»Du kannst mich nicht verbannen, Onkel. Dazu reicht deine Macht nicht.«
»Überschätze deine Fähigkeiten nicht. Kein Dunkler Caster auf der Erde vermag, aus eigener Kraft in Ravenwood einzudringen. Ich selbst habe diesen Ort mit dem Bann gebunden. Wir alle haben das.«
Dunkler Caster? Das klang gar nicht gut.
»Ach, Onkel Macon. Du vergisst die sprichwörtliche Gastfreundschaft im Süden. Ich bin hier nicht eingedrungen. Ich wurde eingeladen und ich kam Arm in Arm mit dem nettesten jungen Herrn in diesem Scheißkaff.« Ridley drehte sich zu mir und nahm ihre Sonnenbrille ab. Die Augen waren eigenartig. Sie glühten golden und sahen aus wie die Augen einer Katze, mit schwarzen Pupillenschlitzen in der Mitte. Ein Licht flackerte darin und im Schein dieses Lichts veränderte sich alles.
Sie blickte mich an, mit ihrem teuflischen Lächeln, und Dunkelheit und Schatten verzerrten ihr Gesicht. Ihre Züge, eben noch so weiblich und so verführerisch, waren nun kantig und hart, sie verwandelten sich vor meinen Augen. Die Haut spannte sich über den Knochen, jedeVene trat hervor, sodass man fast sehen konnte, wie das Blut durch sie hindurchpulste. Sie sah aus wie ein Ungeheuer.
Ich hatte ein Ungeheuer in dieses Haus gebracht, in Lenas Haus.
Beinahe im selben Moment erzitterte das Gebäude bis in die Grundmauern. Die kristallenen Lüster schwankten, die Lichter flackerten. Die Fensterläden sprangen auf und schlugen wieder knallend zu, während der R egen auf das Dach trommelte. Das Geräusch war so laut, dass es alles andere übertönte, so wie in jener Nacht, in der ich Lena beinahe überfahren hätte, als sie mitten auf der Straße stand.
Ridley klammerte sich mit ihrer eiskalten Hand noch
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