Sixteen Moons - Eine unsterbliche Liebe
Geheimnisse bewahrt, so wie ihr die meinen bewahrt habt.«
»Und ich bin nicht die Seherin, die nicht vorhergesehen hat, dass sie das Medaillon finden. Wie erklärst du dir das? Wie konnte dies deinen Geisterfreunden entgehen?« Er schnippte verächtlich die Asche seiner Zigarre in die Luft.
Sie fuhr herum, ihr Blick war zornig. »Beleidige die Ahnen nicht. Nicht hier, nicht an diesem Ort. Sie werden ihre Gründe haben, warum sie es mir nicht offenbarten. Ganz gewiss haben sie die.«
Sie wandte sich ab von Macon. »Hört nicht auf ihn. Ich habe euch Krabben mit Grütze und Zitronentörtchen mitgebracht.« Jetzt sprach sie ganz sicher nicht mehr mit Macon. »Eure Lieblingsspeise«, sagte sie und nahm das Essen aus kleinenTupperschüsseln und legte es auf einenTeller. Dann stellte sie denTeller auf den Boden. Neben demTeller befand sich ein kleiner Gedenkstein und in der Nähe standen noch einige andere.
»Das hier ist dieWohnung der Ahnen, derVorfahren meiner Familie, hörst du? Meine Großtante Sissy. Mein Urgroßonkel Abner. Meine Ururururgroßmuter Sulla. Beschimpfe die Ahnen nicht in ihrem eigenen Haus. Du willst Antworten von ihnen, also erweise ihnen R espekt.«
»Es tut mir leid.«
Sie wartete.
»Ich meine es aufrichtig.«
Sie schnaubte. »Und gib auf deine Asche acht. Hier gibt es keine Aschenbecher. Überhaupt ist es eine ekelhafte Angewohnheit.«
Er schnippte seine Zigarre ins Moos. »Also, fangen wir an. Uns bleibt nicht viel Zeit. Wir müssen herausfinden, wo Sarafi …«
»Psst!«, zischte sie. »Sprich ihren Namen nicht aus – nicht heute Nacht. Wir dürften gar nicht hier sein. Bei Halbmond ist die Zeit fürWeiße Magie, beiVollmond die Zeit für Schwarze Magie. Wir sind in der falschen Nacht hier draußen.«
»Wir haben keine andereWahl. Heute Abend hat sich ein sehr unerfreulicherVorfall ereignet. Meine Nichte, die sich amTag ihrer Berufung gewandelt hat, ist zum Familientreffen erschienen.«
»DelsTochter? Dieser Satansbraten?«
»Ja, Ridley. Niemand hatte sie eingeladen. Sie trat mit dem Jungen über meine Schwelle. Ich muss wissen, ob das ein Zufall war.«
»Nicht gut. Nicht gut. Das ist ganz und gar nicht gut.« Amma wippte wütend auf ihren Zehenspitzen.
»Und?«
»Es gibt keine Zufälle, das weißt du.«
»Wenigstens in diesem Punkt sind wir uns einig.«
Das alles war zu viel für mich. Macon Ravenwood, der nie einen Fuß vor sein Haus setzte, war hier mitten im Sumpf, und stritt sich mit Amma – wegen mir, wegen Lena und wegen des Medaillons.
Amma kramte wieder in ihrer Handtasche. »Hast du den Whiskey mitgebracht? Onkel Abner liebt einen Schluck WildTurkey.«
Macon hielt ihr eine Flasche hin.
»Stell ihn hierher«, sagte sie und deutete auf den Boden. »Und dann tritt ein Stück zurück.«
»Wie ich sehe, hast du nach all den Jahren immer noch Angst, mich anzufassen.«
»Ich fürchte mich vor gar nichts. Kümmere du dich um deine Sachen. Ich mische mich nicht in deine Angelegenheiten und du mischst dich nicht in meine.«
Er stellte die Flasche auf den Boden, ein paar Schritte von Amma entfernt. Sie hob die Flasche auf, goss den Whiskey in ein Schnapsglas und trank es aus. In meinem ganzen Leben hatte ich nicht erlebt, dass Amma etwas Stärkeres als Eistee getrunken hätte. Dann kippte sie ein bisschen Whiskey in das Gras, das auf dem Grab wuchs. »Onkel Abner, wir brauchen deine Fürsprache. Ich rufe deinen Geist herbei.«
Macon hüstelte.
»Du stellst meine Geduld auf eine harte Probe, Melchizedek.« Amma schloss die Augen, warf den Kopf in den Nacken und breitete die Arme zum Himmel aus, als wollte sie Zwiesprache mit dem Mond halten. Dann beugte sie sich nieder und schüttelte das kleine Beutelchen, das sie aus ihrer Handtasche gezogen hatte. Der Inhalt fiel heraus und lag verstreut auf dem Grab. Winzige Hühnerknochen. Ich hoffte, dass es nicht die Knochen des Grillhähnchens waren, das ich am Nachmittag vernichtet hatte, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie es waren.
»Was sagen sie?«, fragte Macon.
Amma verteilte die Knochen mit den Fingern gleichmäßig im Gras. »Sie antworten mir nicht.«
Mit Macons Gelassenheit war es allmählich vorbei. »Dafür haben wir jetzt keine Zeit!Was nützt mir eine Seherin, die nichts sieht? Es sind nicht einmal mehr fünf Monate, dann wird sie sechzehn.Wenn sie sich wandelt, dann wird sie uns alle insVerderben ziehen, Sterbliche und Caster gleichermaßen. Wir tragen eineVerantwortung – eineVerantwortung, die
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