Sixty Shades of Blood. Episode I: Rote Lust (Erotik-Satire oder so) (German Edition)
mindestens hundert Meter unter uns liegt. Der G e danke, dass mein Liebster mich loslassen und fallen lassen könnte, ist so absurd wie die Idee, dass eine unbekannte Fa n zine-Schreiberin auf Anhieb zur erfolgreichsten Schriftstellerin des Planeten wird.
Wir fliegen über Felder und über Waldgebiete, dunkle Flecken und Schatten in der Tiefe. Mehrmals heulen Wölfe zw i schen den Bäumen auf, wenn wir über sie hinweg schweben. Erstaunlich, wie fein das Gehör dieser Tiere ist.
»Hast du überhaupt keine Angst?« flüstert Cornelius an me i ner Wange. »Obwohl du sicher weißt, wohin ich dich bringe, und was dann passiert?«
»Nein.« Dazu muss ich nicht überlegen. Im Gegenteil – ich kann es kaum erwarten. Das einzige, vor dem ich mich fürchte ist, dass ich die Geschichte mit dem Zum-Kaffee-Hoch-Kommen nicht richtig hin bekomme.
Cornelius schnuppert an der Seite meines Halses herum. Das gibt eine hübsche Gänsehaut am ganzen Körper. Das Kleid ächzt, als die Gänsehaut-Hügelchen es über Gebühr weiten. Außerdem hat er eine Hand auf meinen Bauch gelegt, mit den anderen streichelt er meine Busen. Die Batterie an seinem Gü r tel muss eine Art Ausfahr-Mechanismus aufweisen, sie kommt mir jetzt viel länger vor.
»Du riechst so lecker.« raunt er kehlig. »Nach nassem, wa r mem, triefendem, rotwimmelndem Leben. Ich weiß nicht, ob ich mich noch lange zurück halten kann.«
»Das musst du nicht.« wage ich zu antworten und frage mich, woher er die Farbe meiner Unterwäsche kennt. »Sobald wir bei dir sind, gibt es nichts mehr zurückzuhalten.«
Er stöhnt auf. Die Batterie reißt mir gleich ein Loch in das Kleid. Doch schon geht es abwärts, in den Landeanflug auf sein Anwesen in Kennewick. Aus der Luft sieht es erst recht aus wie eine Burg: quadratisch und abweisend. In den Schatten der Ecken versteckt lauern Radargeräte, Flugabwehrkanonen und Raketenwerfer. Natürlich – große Männer wie er haben große Feinde. So ist das in den Filmen auch immer.
Sanft wie eine Feder setzen wir neben einer Dachluke auf. Er zögert eine Sekunde, bevor er mich aus seinen Armen en t lässt. Als ich mich umdrehe, verbeugt er sich galant. Die Flügel verschwinden mit einem Rattern im Anzug. Ein tolles Ding!
»Komm mit, meine Liebe.« Er nimmt meine Hand. »Ich ze i ge dir meine Welt.«
»Oh ja, mein Geliebter.« hauche ich. »Nichts wäre mir g e nehmer.« Mit dem Text bin ich ziemlich zufrieden, der scheint recht gut zur Situation zu passen. Ich kann sehr professionell sein, auch wenn ich aufgeregt bin.
Wir steigen durch die Luke, es geht steil hinunter. Die Tre p pe führt in einen breiten Gang, gemauert aus grauen Quadern, die ein raffiniertes Muster aus fünfzig verschiedenen Schatti e rungen bilden. Für einen Moment mache ich mir Sorgen. Ist Cornelius etwa doch schwul? Nur homosexuelle Männer legen derart großen Wert auf Style und Chic. Aber dann erinnere ich an die männlichen Bergziegen und beruhige mich.
Der Gang führt um die Ecke und ein Stockwerk tiefer. Wir passieren Durchgänge und massive Holztore links und rechts. Einige davon stehen auf. Hinter einer erhasche ich einen Ei n blick auf eine Art hypermodernes Lagezentrum. Uniformierte Leute, ausnahmslos jung und sexy, sitzen an langen Reihen von Bildschirmen und Plexiglasscheiben, auf denen die Symbole von Flottenverbänden oder ähnlichem aufgezeichnet sind. Das sieht aus wie die typische Bösewicht-Zentrale aus einem James-Bond-Film.
Cornelius bemerkt meinen fragenden Blick.
»Da drin wird für den neuen James Bond gedreht.« erklärt er im Vorübergehen. »Ich vermiete die Räume manchmal. Die Unterhaltskosten für ein Gebäude dieser Größe sind enorm.«
Mein Geliebter kennt James Bond persönlich! Ich schmelze dahin wie eine Kerze unter dem Rasenmäher.
Es geht tiefer und tiefer. Wir kommen am Club in der Kaverne vorbei. Jetzt, kurz vor zehn, ist noch nichts los. Die M u sik wummert, aber nur einige spärlich in Leder gekleidete Mä d chen lehnen sich an Stangen oder quatschen mit dem DJ. Ich habe Lust zu tanzen. Noch mehr Lust habe ich auf die Kleider-vom-Leib-reiß-Musik. Vielleicht spielt Cornelius die in der Kuschelvariante auf dem CD-Player im Schlafzimmer?
Statt Nicky sitzt diesmal ein Mann mit ungepflegtem Äuß e ren am Schreibtisch im Vorzimmer. Als er uns sieht, springt er auf. Der Stuhl fällt hinten über. Er starrt mich aus riesigen A u gen an und leckt sich die Lippen.
»Betty, das ist Renfield, mein persönlicher
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