Skagboys 01
Mutter meiner Kinder.
— Das sagst du doch über alle, Alter, erwidere ich und erinnere ihn an ein paar alte Geschichten. — Denk nur ma an dieses Mädchen im Squat in Shepherd’s Bush. Lorraine, aus Leicester. Die hat dir das Herz gebrochen. Du ziehst dir die Weibergeschichten einfach zu sehr rein, Nicksy. Das ist dein Problem.
— Vollkommen andere Situation mit der Lady, erwidert er grinsend. — Außerdem is ein süßer Spatz im Haus besser als zwei Tauben aufm Dach. Hamse dir das in der Schule nich beigebracht, Junge?
Es ist wirklich toll, den Arsch mal wiederzusehen und in Ruhe über alte Zeiten quatschen zu können. Nicksy erzählt mir, dass heute noch ein anderer Kumpel aus unserer Londoner Punkzeit hier aufschlagen wird: Chris Armitage aus Salford. Der Allnighter scheint sich zu einer richtig tollen Nacht zu entwickeln. Als Nicksy dann anfängt, mit Tommy zu quatschen, spreche ich eins der beiden Mädchen an.
Can a fellow be a villain all his life?
Sie ist ein kleines, süßes Ding mit dunkelbraunen Haaren. Ihr richtiger Name is nich Bobbi, sondern Roberta. Als Tommy checkt, was läuft, fängt er an zu stänkern. — Weiß Hazel eigentlich davon, dass du ne Europareise mit zwei Ladys machst?, fragt er laut.
— Hazel und ich, das is Schnee von gestern, Tommy.
— Klar doch, für zehn Minuten vielleicht, und dann is wieder alles beim Alten.
— Dieses Mal nich, sage ich und hoffe, dass Roberta kapiert, was ich meine. Irgendwie finde ich »Roberta« besser als »Bobbi«. Dass ein Mädchen denselben Namen haben soll wie Young Bobby von der Arbeit, läuft mir nämlich überhaupt nich rein.
Als dann »What Shall I Do« von Frankie and the Classicals läuft, gehe ich mit ihr auf die Tanzfläche. Roberta ist ein bisschen kräftiger gebaut als die Mädchen, auf die ich sonst so stehe. Sie ist nicht stämmig oder so, sondern hat einfach ein bisschen mehr an Schenkeln und Hintern, als man beim ersten Blick auf Gesicht, Schultern und die kleinen Brüste unter dem engen Top mit den rot-weißen Kringeln vermuten würde. Ich mag ihre langen brünetten Haare, und auch ihr Gesicht ist wunderhübsch. Beim Tanzen entscheide ich mich gegen meinen sonst sehr raumgreifenden Tanzstil und bleibe stattdessen eng an ihr dran. Ich flirte ein wenig mit ihr und singe den Refrain laut mit. — Huh, baby, what’s happening wit choo? Nothin? Ah, that’s too bad. Hey, jist came around to see what was happenin wi choo, to see if there was any new party. Ah, c’mon, you can do bettah than that now, uh …
— Du bist ganz schon verrückt, sagt sie und kichert dabei herzhaft. Das ermutigt mich natürlich und sorgt für ein auf regendes Prickeln in der Magengegend. Dann schaut sie auf meine Hand. — Was ist mit deinem Finger passiert?
— Betriebsunfall, sag ich kurz und zwinkere ihr zu.
Die Party endet, als der DJ den altbekannten Song von Dean Parrish spielt, der auch im Wigan Casino immer lief, wenn die Stimmung auf dem Höhepunkt war: »I’m On My Way«. Wir gehen raus und stehen vor dem Club rum, wo es ziemlich schnell frisch wird, weil wir viel zu lange diskutieren, was wir jetzt machen sollen. Tommy macht sich immer noch Sorgen um Second Prize, und ehrlich gesagt geht’s mir ähnlich. Nicksy und Roberta schlagen vor, nach Manchester zu fahren und auf eine Party in Eccles zu gehen. Ich bin sofort Feuer und Flamme, versuche aber, den Coolen zu spielen. — Was is mit Rab?
— Der wird schon zum Auto zurückgegangen sein, Mr. Mark, sagt Keezbo. — Um diese Uhrzeit kriegt er nirgendswo mehr n Drink.
Mir fällt auf, dass es eigentlich eine ruhige und milde Sommernacht ist. Es ist das Speed, das mich frösteln lässt. Ich schau zu Roberta rüber, die auch mit den Zähnen klappert. Sie lächelt mich frech an und wirft ihr Haar nach hinten. Auch am Auto ist von Second Prize weit und breit nichts zu sehen. — Wird nach Manchester gefahrn sein, sage ich wenig überzeugt. — Hat noch n paar Kumpels vom Fußball da.
— Denk ich auch, Mr. Mark, stimmt Keezbo zu, der sich heftig um Angie, diese große Puppe mit den langen dunklen Haaren, bemüht. Logisch, dass er das sagt. Will schließlich noch was von der Nacht haben, das Schlitzohr. Eins muss man ihm lassen: Für eine fettleibige, rothaarige Brillenschlange hat Keezbo eine erstklassige Abschlepprate vorzuweisen. Er ist halt ein lustiger Typ, der die Ladys zum Lachen bringt, ein kuscheliger Teddybär, der auf den ersten Blick keine wirkliche Gefahr in sexueller Hinsicht
Weitere Kostenlose Bücher