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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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Beeil dich …
    Im Moment will ich einfach nur, dass die Kleine möglichst schnell die Kurve kratzt und nach Hause kommt. Als sie endlich geht, nickt sie mir ängstlich zu. Sie scheint dankbar. Ich schließe die Tür und schleppe mich über den kalten, muffigen Flur zurück ins Wohnzimmer.
    Sick Boy hat es sich auf einem Sitzsack an der Wand gemütlich gemacht. — Ich geh raus, verkündet er mit lauter Stimme, um das Gezeter der anderen zu durchdringen. — Jagen. Seine großen Augen wandern von einem zum anderen. — Wer is mit dabei?
    Alle sitzen reglos da, zittern und jammern. Es ist wie bei einem dieser schmerzvollen Massenbegräbnisse in Palästina, wo der jüngsten Steineschmeißer-Märtyrer gedacht wird. Maria murmelt irgendwas davon, dass sie am liebsten tot wäre, und Ali, immer noch auf der Couch, versucht, sie zu trösten. — Sag nich so was, Maria, du bist doch noch so ein junges Ding …
    — Aber es fühlt sich doch eh schon so an, als wenn ich tot bin … das hier is schlimmer als die Hölle, jammert sie, ihr Gesicht zusammengeknüllt und vollkommen elend.
    — Noch mehr verkacktes Melodrama ertrag ich nich, sagt Sick Boy und schaut mich an, während er sich am Heizkörper festhält und auf die Füße hievt. — Also … wer kommt mit raus?
    — Ich bin dabei …, sage ich, und wir gehen in den Flur.
    Mit traurigen Augen blickt er mich an und legt mir eine Hand auf die Schulter. — Danke, Mark, flüstert er. — Ich musste einfach weg von diesen verkeimten Heulsusen. Vorbei sind die Tage, an denen man sie mit einer Ladung aus der Fleischpeitsche zufriedenstellen konnte. Jetzt wollen sie nur noch eins: Skag, Skag, Skag …
    — Aye …, sage ich. — Muss ja irgendwie immer weitergehen, was?!
    Er nickt angespannt, und wir schlurfen zur Wohnungstür. — Wir hätten nie hierher zurückkommen sollen, stöhnt er kopfschüttelnd. — Ich hätte uns einen tollen Deal mit Andreas einfädeln können … dazu die Stützeschecks mit Tony … wie Gott in Frankreich hätten wir da unten leben können, Mann. Wie Gott in Frankreich!
    Maria brüllt: — Wo ist Jenny? Wenn sie sich heimlich verpisst hat, schlag ich ihr die Fresse ein!
    Ich kann hören, wie Ali was sagt, um sie zu beruhigen. Dann schleichen Sick Boy und ich schnell zur Wohnungstür raus – wie Diebe, die vom Tatort flüchten. Matty krächzt uns panisch hinterher: — Meldet euch, wenn ihr was kriegt!
    Wir halten nicht an, schauen nicht zurück. Als wir aus dem Treppenhaus auf die Straße gehen, schreit jemand aus dem Fenster zu uns herunter. Aber wir drehen uns noch nicht mal um, um zu sehen, wer es ist.

Anmerkungen zu einer Epidemie 6
    Gesundheitsamt Lothian
    Privat und vertraulich
    Gemeldete HIV-Fälle im Februar
    Gordon Ferrier , 18, Nord-Edinburgh, Motorradkurier und Amateurboxer, intravenöser Drogenkonsum.
    Robert MacIntosh , 21, Nord-Edinburgh, Fensterreiniger, intravenöser Drogenkonsum.
    Julie Mathieson , 22, Nord-Edinburgh, Schauspielstudentin, einfache Mutter, intravenöser Drogenkonsum.
    Philip Miles , 38, Nord-Edinburgh, arbeitsloser Koch, dreifacher Vater, intravenöser Drogenkonsum.
    Gordon Murieston , 23, Nord-Edinburgh, arbeitsloser Schweißer, intravenöser Drogenkonsum.
    Brian Nicolson , 31, West-Lothian, arbeitsloser Bauingenieur, intravenöser Drogenkonsum.
    George Park , 27, Süd-Edinburgh, arbeitsloser Hilfsarbeiter, einfacher Vater, intravenöser Drogenkonsum.
    Christopher Thomson , 22, Nord-Edinburgh, arbeitsloser Bäcker, intravenöser Drogenkonsum.

Ein sicherer Hafen
    M eine Hände sind jetzt ständig kalt. Scheint, als würden sie gar nicht mehr durchblutet werden. Früher war das anders. Selbst an warmen Tagen reibe ich mir nun die Pfoten, drücke sie zusammen und puste hinein, um sie zu wärmen. Außerdem ist meine Brust zu. Zäher Schleim verklebt immer wieder meine Atmungsorgane.
    Tapp, tapp, tapp …
    Das habe ich mir alles selbst zuzuschreiben. Niemand außer mir trägt die Verantwortung. Nicht Gott und auch nicht Thatcher. Das hab ich allein geschafft. Lange bevor diese Wichser mir mit ihren Abrissbirnen zu Leibe rücken konnten, habe ich höchstpersönlich den einst so souveränen Mark Renton zugrunde gerichtet.
    Es ist komisch, wieder im elterlichen Heim zu sein. Seit Klein Davies Tod ist es so unglaublich ruhig hier. Selbst als er ins Krankenhaus musste, war er stets präsent: Meine Eltern wuselten durch die Gegend und bereiteten ihre Besuche vor, suchten Zeug zusammen, das sie ihm mitbringen wollten, und

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