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Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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uns mit einem sorgenvollen Nicken, setzt sich hin und kaut schweigend auf ihren Nägeln herum. Ich weiß nur zu gut, wie sie sich jetzt fühlen muss, da sie wackligen Schrittes aus dem Entgiftungs-Cocoon ihres Zimmers auftaucht und uns begegnet. Es hilft wahrscheinlich nicht sonderlich, dass es nur eine Geschlechtsgenossin in der Gruppe gibt. Sie sieht noch schlimmer aus, als ich mich fühle, und zittert wie ein Wackeldackel.
    »Ich bin mir sicher, dass du hier sehr glücklich werden wirst, Audrey«, begrüßt Swanney sie sarkastisch. »Dafür muss man nicht unbedingt drogenabhängig sein, aber es hilft ungemein!«
    Tag 9
    Ein weiterer dumpfer, furchteinflößender Morgen. Draußen blühen weiße Gänseblümchen auf dem taufeuchten Rasen, und das Gelb, Weiß und Lila der Krokusse zieht sich wie eine Welle am Boden der Gartenmauer entlang. Gar nicht so schlecht, dieser Anblick …
    Ich sitze in meinem Zimmer, schreibe diesen Scheiß hier und frage mich die ganze Zeit nach dem Warum . Wahrscheinlich, weil es ansonsten nicht sonderlich viel zu tun gibt. Die Hefter, die man uns gegeben hat, haben zwei Teile: ein Tagebuch mit je einer Seite für die fünfundvierzig Tage des Reha-Programms und, weiter hinten, ein sogenanntes »Journal«. Schwester Vierauge hat uns erklärt, dass wir in diesem Journal »beliebige Themen aus dem Tagebuch aufgreifen und weiter ausbauen« können. Sowohl Tagebuch als auch Journal sind nur für unsere Augen bestimmt, sodass wir alles Mögliche reinschreiben können.
    In den Gruppensitzungen gibt es die Möglichkeit, aus den Journalen vorzulesen. Ich schätze aber mal ganz stark, dass niemand was schreiben oder gar vorlesen wird (zumindest nichts von Bedeutung). Es gibt schließlich keine Schlösser an den Türen, und nichts ist wirklich sicher. Die Spinner, die sich dieses Reha-Programm ausgedacht haben, wissen offenbar nicht, wozu die »Teilnehmer« dieses Projekts in der Lage sind. Ein Tagebuch mit privaten Gedanken füllen, wenn Sick Boy und Swanney in der Nähe sind? Sicher doch!
    Alles, woran ich momentan denken kann: Warum zum Teufel sind wir hier? Wie zum Henker bin ich hier gelandet?
    Tag 12
    WAS ZUM HENKER WOLLEN DIESE WICHSER ÜBERHAUPT VON UNS?
    Tag 13
    »Ehrlichkeit«, ist die Antwort von Schwester Vierauge, als ich das Thema beim Frühstück – weiches Ei und Toaststreifen – zur Sprache bringe. »Du wirst es verstehen, wenn du an den Gruppensitzungen zur Prozessbegleitung teilnimmst.«
    Tolle Auskunft, mit der sie mich da abfertigt. Ich muss eine ziemlich unzufriedene Visage ziehen, denn sie fügt hinzu: »Genau darum geht es in der Arbeit mit euren Tagebüchern und Journalen.«
    Als ich wieder in meinem Zimmer bin, fange ich sofort an zu schreiben. Wenn die anderen Wichser hier drinnen nichts schreiben – was Konsens zu sein scheint –, dann werde ich ab jetzt alles zu Papier bringen.
    Schwester Vierauge kommt vorbei und meint, dass sie mich gern bei der Meditation dabeihätte. Ich willige ein. Hauptsächlich, um mehr Zeit in ihrer Gegenwart verbringen zu können. Die Gruppe sitzt mit gekreuzten Beinen auf dem Boden. Vierauge steckt eine Kassette in den Player und setzt sich vor uns hin. Ich starre ihre kleinen Brüste an, die sich durch das enge, schwarze Elastiktop abzeichnen, und bin beeindruckt von ihrer Gelenkigkeit. Sie streckt sich aus und krümmt einer Katze gleich den Rücken, bevor sie sich in Position bringt.
    Sie führt Atemübungen vor und lässt uns verschiedene Muskelgruppen erst an- und dann wieder entspannen. Eigentlich sollten wir unsere Augen schließen, aber ich schaue sie an. Als ich mich umsehe, merke ich, dass Johnny in die gleiche Richtung starrt. Wie ein notgeiler Lustmolch zwinkert er mir verschwörerisch zu. Also schließe ich meine Augen und aaaaaaaaaaaaaaaatttmmmeeee …
    Nach der Meditationsstunde unterhalte ich mich ein wenig mit Vierauge und lasse mir ein paar Grundlagen erklären: Indem wir lernen, unsere Muskeln zu entspannen, sind wir in der Lage, unser Erregungs- und Aggressionspotenzial zu senken. Für mich ist diese Theorie totaler Humbug, da sie Ursache und Wirkung verkehrt. Folglich zeige ich mich wenig überzeugt von ihren Ausführungen. Als ich aber wieder in meinem Zimmer bin, mache ich alle Übungen noch einmal.
    Keezbo hat die Gruppe verlassen. Spud kommt nach dem Mittag in mein Zimmer, wo ich Joyce lese und ab und an aus dem Fenster schaue, und erzählt es mir: Unser schwergewichtiger Kumpel aus dem Fort war gerade dabei, seine

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