Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Skagboys 01

Skagboys 01

Titel: Skagboys 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
selbst?
    — Kann mich nicht beklagen. Von weit her?
    — Edinburgh.
    Bei Russells Antwort huschte ein Zucken über die Züge des Mannes. Die Frage war offensichtlich ein Test gewesen – wenn auch ein ziemlich erbärmlicher. Der Mann stellte sich vor. Er hieß Marriott, was Russell sofort an Steve Marriott von den Small Faces denken ließ, die er immer sehr geschätzt hatte. — Trinken Sie doch was mit uns.
    Nach der langen Fahrt sah er keinen Grund, das Angebot auszuschlagen. Das Kaminfeuer sah einladend aus. Als sich Russell aber näherte, sandte der andere Mann widersprüchliche Signale aus. Anstatt ihm die Hand zu schütteln, begrüßte er Russell nur mit einem schäbigen Grinsen und ging zur Bar. Einen Moment später kehrte er mit drei großen Whiskys zurück. — Scotch. Scotch für den Scotchman, meinte er und schien mit sich selbst zufrieden, als er die Gläser auf dem Kaminsims abstellte.
    Russell hätte lieber einen Brandy getrunken. Als er aber an dem Glas mit der bernsteinfarbenen Flüssigkeit nippte, merkte er, dass es ein ziemlich ordentlicher Tropfen war, der mit seinem rauchigen, erdigen Aromas gut und gerne aus Islay hätte stammen können. Der Whisky wärmte ihn, ebenso wie das Feuer, das vor seinen Füßen knisterte. Sein Pint hatte er an der Bar stehen lassen, was ihn aber nicht mehr sonderlich interessierte. — Cheers.
    Endlich stellte sich auch der Stämmigere der beiden vor. Er hieß Gal. — Manche sagen ja, dass dieses Socializing nicht besonders professionell ist, aber ich denke da anders. Es ist immer schön, ein Gesicht zu einem Namen zu haben und umgekehrt. Man will ja schließlich wissen, mit wem man zusammenarbeitet. In unserem Geschäft muss man sich gegenseitig vertrauen können. In seinen Worten klang eine unterschwellige Drohung mit.
    Seine redselige Zunge schien so ganz und gar nicht zu den tiefsitzenden Augen passen zu wollen, die durch ihre an den äußeren Enden verengten Lidfalten ein inzestuöses Verhältnis der Eltern vermuten ließen. Die bloße Präsenz dieses Mannes reichte aus, damit Russell einmal mehr und vollkommen wortlos seinen Ex-Schwager, seine schwachköpfige Schwester und nicht zuletzt auch sich selbst verfluchte, weil sie ihn in diese Situation gebracht hatten. Ihm war klar, dass seine Eltern ihn als Loser ansahen. Genauso wie Kristen war er für sie das krasse Gegenteil zu Alexander, dem einfluss- und erfolgreichen Macher. Sie wussten allerdings nicht, was gerade im Leben ihres Lieblings ablief, und diese Tatsache baute Russell auf. Letzte Woche erst hatte er auf dem Leith Walk dieses junge Mädchen, die Geliebte von Alexander, gesehen, wie sie gerade in Richtung Stadt unterwegs war. Sie sah verändert aus: müde, mitgenommen, durchgenudelt. Ein offensichtlicher Junkie, wie dieser Marriott. Vielleicht bestand darin der Fluch seiner Familie: Alle Kinder fühlten sich auf fatale Weise zur Unterschicht hingezogen.
    Nach der freundlichen Begrüßung schien Marriott ihm nun die kalte Schulter zu zeigen. Es wirkte ganz so, als hätte er beschlossen, dass Russell nicht wichtig oder einflussreich genug war, um sich dessen Gunst sichern zu müssen. Mit einem Mal meinte er: — Bin nich so der Freund von Leuten aus Edinburgh. Hab schon mal schlechte Erfahrungen mit ein paar Kerlen von da oben gemacht.
    Russell schaute ihn an und wusste nicht so recht, was er darauf antworten sollte. Gal, der offensichtlich das Sagen hatte, warf Marriott einen kalten Blick zu. — Wir sprechen hier über Seeker! Er ist ein Freund von mir …
    Marriott verstummte.
    Gal ließ seinen Laserblick ein paar Sekunden auf Marriott einwirken, bevor er sich mit einem netten und doch bedrohlichen Lächeln im Gesicht wieder zu Russell drehte. — Du kennst den Mann, nehme ich an?
    — Er ist mein Schwager, sagte Russell. Er hielt es für eine gute Idee, das »Ex« unter den Tisch fallen zu lassen.
    Gal musterte ihn eingehend und war offensichtlich enttäuscht – in erster Linie von Russell, wahrscheinlich aber auch, so kam es ihm zumindest vor, von Seeker. — Du armer Tropf.
    Russell verzog keine Miene, da er das Gefühl hatte, dass sowohl ein zustimmendes Lächeln als auch ein missbilligendes Stirnrunzeln falsch verstanden werden könnten.
    — So oder so, meinte Gal ungeduldig. — Wir können hier nicht den ganzen Abend lang schwatzen. Bringen wir es lieber hinter uns, sagte er und kippte seinen Whisky in einem langen Zug hinunter. Die anderen beiden mussten es ihm nun gleichtun. Russell

Weitere Kostenlose Bücher