Skagboys 01
seiner Scheinwerfer auf. Russell trat sofort auf die Bremse. — Nimm uns mit!, rief die mit dem wasserstoffblonden Haar, das ihr in patschnassen Ringellocken ins Gesicht hing. Wären da nicht dieser Zeitdruck und diese beunruhigende Fracht gewesen, hätte er sie tatsächlich mitgenommen. Langsam fuhr er weiter und zwang die Mädchen mit den Stöckelschuhen, zur Seite zu treten. — Du Wichser, hörte er, wie eine der beiden in die düstere Nacht hinausfluchte.
Es dauerte eine Weile, bis er den vereinbarten Treffpunkt gefunden hatte, da er etwas außerhalb der Stadt lag. Es handelte sich um ein kleines, unspektakuläres Wirtshaus mit urigem Flair, wie es so viele in englischen Vorstädten gab. Er fuhr auf den kleinen Parkplatz auf der Rückseite des Pubs. Er war von Rankgittern umgeben, die nur mit Mühe die üppigen Sträucher und Bäume der Nachbargärten zurückhalten konnten. Ein paar vereinzelte Lichter erhellten die stockfinstere Nacht. Es stand nur ein weiteres Auto auf dem Parkplatz: ein schwarzer BMW . Russell hielt in einer gewissen Entfernung zu dem Wagen. Er musste den Leuten gehören, die er treffen sollte. Offenbar waren sie schon im Wirtshaus. Als er die Wagentür öffnete und in den Regen hinaustrat, merkte er, dass seine Hände zitterten.
Er fragte sich, ob die Männer in der Kneipe abgebrühte Kriminelle oder, so wie er, ambitionslose Handlanger waren, die ebenfalls von einer furchteinflößenden Untergrundgröße dazu gezwungen wurden, diese Botengänge zu erledigen.
Er ging durch den hinteren Eingang in den Pub. Durch einen schmalen Wintergarten gelangte er in eine geräumige Lounge mit niedriger Decke. Obwohl er nicht mal eins achtzig groß war, musste sich Russell doch ab und an ducken, um nicht gegen die Deckenbalken zu stoßen. Der Pub war praktisch menschenleer. Selbst wenn wegen des schlechten Wetters mit weniger Gästen gerechnet werden musste, schien es doch unerklärlich, wie eine Bar mit so wenigen Kunden überleben konnte. Neben ihm waren nur noch zwei andere Männer in der Kneipe. Sie standen am Kaminfeuer. Der Barkeeper war in das Programm auf dem an der Wand montierten Fernseher vertieft und sah im Profil wie ein Double des Schauspielers aus, der den Arthur in On The Buses spielte.
Russell beschloss, die Männer an dem großen Steinkamin nicht direkt zur Kenntnis zu nehmen oder gar anzusprechen. Er konnte damit gegen die Etikette verstoßen, falls es bei derartigen Geschäften überhaupt so etwas wie Etikette gab. Ganz sicher gab es die, fuhr es ihm durch den Kopf. In allen anderen Bereichen mussten auch bestimmte Verhaltensnormen befolgt werden. Warum sollte es in diesem Business anders sein?
Als sich der Barkeeper zu ihm wandte, um seine Bestellung entgegenzunehmen, verblasste der Arthur-Effekt. Russell bestellte ein Pint London Pride und war ziemlich enttäuscht, als aus dem Mund des Barmanns ein nordenglischer Akzent und nicht das erwartete krächzende Cockney (wie bei Arthur) erklang. Er versuchte, sich an den Namen des Schauspielers zu erinnern, aber er wollte ihm einfach nicht einfallen.
Die zwei Männer schauten nun zu ihm herüber. Einen Augenblick später kam einer der beiden – der dünnere mit der Entenschwanzfrisur und dem hinkenden Gang – zu ihm an die Bar. Er wirkte wie eine Puppe, die von dem anderen zum Zweck der Kontaktaufnahme ausgesandt wurde. Der Kerl im Hintergrund war recht stämmig, hatte eine bedrohlich wirkende Körperhaltung und ein fröhliches Lächeln auf den Lippen, das von psychotischer Jovialität zeugte. Russell dachte einen Moment lang, er würde ihn irgendwoher kennen, kapierte aber ziemlich schnell, dass es nur das Grinsen in der Visage des Mannes war, das er kannte. Er hatte es im Gesicht all der anderen Schlägertypen und Psychos aufblitzen sehen, die er in seinem Leben kennengelernt hatte.
Keiner der beiden schien ein Paket oder ein Bündel dabeizuhaben, und so war Russell froh, dass auch er sein Päckchen im Kofferraum gelassen hatte. Es war sicherlich ohnehin ratsam, die Transaktion draußen auf dem dunklen, abgeschotteten Parkplatz durchzuführen. Die Gewissheit, richtig gehandelt zu haben, steigerte sein Selbstbewusstsein, als der dünnere der beiden Männer sich zu ihm gesellte.
— Wie geht’s denn so?, fragte der Mann lispelnd mit einer sanften, aber blechern klingenden Stimme. Sein Akzent wirkte gekünstelt, und die kränkliche Schwäche, die er ausstrahlte, stärkte abermals Russells Moral.
— Nicht schlecht. Und
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