Skagboys 01
bemerkte, dass Marriott Schwierigkeiten hatte und heftig mit den Händen zitterte. Das brutale Grinsen von Gal ließ ihm aber keine andere Wahl und zwang ihn, das Glas zu leeren. — Das ist guter Scotch, Mann!, sagte Gal vorwurfsvoll zu seinem Partner, der alle Mühe hatte, gegen seinen Würgereflex anzukämpfen.
Der Weg zum Parkplatz war qualvoll. Russell wurde das ungute Gefühl nicht los, dass die beiden Männer ihn als Nächstes mit einem brutalen Schlag auf den Hinterkopf niederstrecken würden, um ihn dann wie einen Sack Kohle in den Kofferraum des BMW zu verfrachten. Für die kurze Strecke zu seiner endgültigen Ruhestätte – höchstwahrscheinlich eine freudlose Mülldeponie am Rande der Stadt – läge er dann neben der Sporttasche mit dem in Geschenkpapier eingeschlagenen Paket, für dessen Übergabe er den weiten Weg in den Süden gemacht hatte. Die Sache mit dem Geschenkpapier war ein Detail gewesen, das Russell erst mit Seeker diskutieren wollte, dann aber einfach hingenommen hatte. Ein anderes Schreckensszenario: Die beiden Männer würden ihm Seekers Geld abnehmen, sodass er seinem Ex-Schwager anschließend so viel mehr als nur eine Erklärung schuldig wäre. Jeder Schritt über den dunklen, schmucklosen Parkplatz schien Teil einer Prozession zu seinem Grab zu sein und ließ ihm das Herz bis zum Hals schlagen.
Aber nichts von dem passierte. Stattdessen ging Gal einfach zu seinem Wagen und kam mit einem Päckchen wieder, das in dem gleichen Geschenkpapier eingewickelt war wie das Paket von Seeker. Nach dem Austausch überlegte Russell, ob er es öffnen und den Inhalt überprüfen sollte. Es konnte sich schließlich alles Mögliche darin befinden. Er entschied sich aber dagegen, da die beiden an dieser Transaktion beteiligten Parteien sich offensichtlich vertrauten.
— Guten Heimweg wünsch ich dann. Aber drück auf die Tube. Hab nämlich gehört, dass in Edinburgh viele Leute auf ihren Stoff warten, sagte Gal. Sein Lächeln erinnerte dieses Mal an einen gut gelaunten Kaufmann. — Ach ja, und bestell Seeker einen schönen Gruß von mir. Dann drehte er sich zu dem elendig dreinschauenden Marriott um. Russell hatte für diese gebrochene Figur mittlerweile so viel Mitgefühl entwickelt, dass es ihm in der Seele wehtat. Wahrscheinlich sah er in ihm einen Leidensgenossen, einen Menschen, der auch wegen einer Unachtsamkeit gezwungen war, als Strohmann für einen skrupellosen Typen zu arbeiten. — Komm schon, du Flachwichser, lass uns abhauen, meinte Gal zu seinem Kompagnon.
Mit steifem Gang kehrte Russell zu seinem Wagen zurück und legte das Paket auf den Beifahrersitz. Er sah zu, wie der BMW vom Parkplatz fuhr. Seine Hände, nass und zitternd, klammerten sich ans Lenkrad. Innerlich allerdings verspürte er eine Art Hochgefühl: Er hatte es geschafft, hatte den Austausch über die Bühne gebracht! Es war ein Triumph! Jetzt stand Seeker in seiner Schuld. Ganz sicher sogar. Er würde seinen Anteil bekommen, und alles wäre wieder im Lot.
Er ließ den Motor an, fuhr vom Parkplatz und machte sich auf in Richtung Cambridgeshire, nach Norden. An einer Tankstelle, vor der eine alte Telefonzelle stand, machte er halt. Er deponierte das Paket im Kofferraum, da er das Gefühl hatte, ihn könnte doch noch die Neugier überkommen, den Inhalt zu inspizieren.
On The Buses.
Der Star der Serie war natürlich Reg Varney. Er spielte den Stan. Wer aber mimte seinen Kumpel Jack? Die Rolle des Bus-Inspekteurs Blakey hatte ein Schauspieler namens Stephen irgendwas. Da war er sich sicher. Olive, die Frau von Arthur, wurde von Anna Karen gespielt. Das hatte er sich wegen der ungewöhnlichen Kombination zweier weiblicher Namen gemerkt. Er griff den Hörer des Telefons – ein Apparat aus Bakelit, der aus einer längst vergangenen Ära zu stammen schien, aber treu und zuverlässig seine Aufgabe erfüllte – und wählte eine Nummer.
— Aye, meldete sich sein Ex-Schwager am anderen Ende der Leitung.
— Ich bin’s. Es ist alles gut gelaufen. Ich meine, ich hab mir nicht angesehen, was in dem Paket ist, sondern es einfach mitgenommen, wie du gesagt hast.
Sein Gesprächspartner antwortete mit nervenaufreibendem Schweigen.
— Ach ja, Gal lässt Grüße ausrichten.
— Scheiß auf Gal! Setz dich in Bewegung und bring gefälligst den Stoff hier hoch.
Seeker sprach, als wenn Russell am anderen Ende der Straße und nicht über vierhundert Meilen von Edinburgh entfernt gewesen wäre. Er war erschöpft, musste ausruhen. Es
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