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Skandal im Ballsaal

Titel: Skandal im Ballsaal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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seine Absicht, zu heiraten; und hatte er sich einmal dazu entschlossen, war natürlich kein Tag zu vergeuden, um Phoebe mit ihm bekannt zu machen.
    Als sie sich erinnerte, in welch zwingender Art sie Marlow befohlen hatte, kein Wort darüber zu irgendjemandem zu sagen, krümmten sich ihre dünnen Finger. Sie hätte sich denken können, dass jene Frau die ganze Angelegenheit aus solch einem Schwätzer rasch herausbekommen würde; aber hätte jemand vorhersehen können, dass sie solch eine Närrin war, Phoebe zu erzählen, was sie ganz sicher gegen Sylvester aufbringen musste?
    Nun, es war nutzlos, über die unabänderliche Vergangenheit wütend zu sein. Die Zukunft, dachte sie, war nicht hoffnungslos. Zu oft verliebten sich Männer in die unwahrscheinlichsten Mädchen, es war möglich, dass Sylvester, der dem Charme der vielen Schönheiten gegenüber gleichgültig war, die Season um Season ihren Köder nach ihm ausgeworfen hatten, von Phoebe gefesselt worden war, da sie zumindest ein ungewöhnliches Mädchen war und seine Anträge keineswegs ermutigt, sondern im Gegenteil abgewiesen hatte.
    Möglich, aber nicht wahrscheinlich, dachte Lady Ingham, als sie über Sylvester nachsann. Er könnte gereizt worden sein; sie fand es kaum glaubhaft, dass er bezaubert worden war. Ein großer Pedant, dieser Sylvester. Selbst als unreifer Jüngling zählte er nicht zu den Lebemännern mit ausgefallenen Eskapaden. In der Tat erfuhren die skandalösen Heldentaten dieser Blutsbrüderschaft keine andere Stellung-nahme von ihm als ein leichtes, verächtliches Achselzucken; wie konnte man annehmen, er fände etwas Bewundernswertes an einem Mädchen, das die Konvention verletzte? Ein Benehmen wie das Phoebes musste viel eher seinen Widerwillen erregt haben. Ihn noch dazu aufbringen, überlegte die Witwe. Eine demütigende Erfahrung für einen Mann, zu wissen, dass die Aussicht, einen Heiratsantrag von ihm entgegenzunehmen, ein wohlerzogenes Mädchen in eine unbesonnene Flucht getrieben habe. Für einen Mann von Sylvesters Stolz unerträglich!
    Plötzlich fragte sich Witwe Ingham, ob Sylvester Phoebe vielleicht in der Absicht nach London geschickt habe, nicht ihre Großmutter zu bestrafen, sondern sie selbst. Er mochte angenommen haben, eine Großmutter, die von ihrem zügellosen Benehmen erfuhr, würde mit ihr kurzen Prozess machen. Er konnte nicht wissen, dass sie, als das Kind die Geschichte jenes Abenteuers hervorgesprudelt hatte, nicht Phoebe, sondern Verena gesehen hatte, denn Sylvester hatte Verena nie gekannt.
    Ein Übermaß an Empfindsamkeit zählte nicht zu Lady Inghams Schwächen. Ein Augenblick schmerzlicher Erinnerung war durch einen flüchtigen Ausdruck auf Phoebes Gesicht hervorgerufen worden, aber Ihre Ladyschaft hatte nicht die Absicht, darüber nachzudenken. Sie beschäftigte sich jetzt nicht mit Verena, sondern mit Verenas Tochter.
    Wenn Sylvester hoffte, Phoebe bei ihr schlecht angeschrieben zu finden, würde er eine Enttäuschung erleiden und hätte das wohl für seine Bosheit verdient.
    Erst beim Einschlafen erinnerte sich Lady Ingham an die Tochter der Wirtin. Sylvester selbst hatte darauf bestanden, dass sie Phoebe nach London begleitete, und was immer für ein Beweggrund ihn dazu getrieben hatte, es war nicht Bosheit. Es wäre unklug, zu hoffen, dachte sie schlaftrunken, aber noch musste man nicht verzweifeln.

    Am folgenden Morgen fand Phoebe ihre Großmutter in munterer Laune und übervoll an Plänen für den Tag. Der erste darunter war ein Besuch in einem Seidenwarenhaus und ein weiterer bei der Modistin Ihrer Ladyschaft. „Dich anständig zu kleiden ist die erste Notwendigkeit, Kind", sagte sie. „Dein Anblick in diesem schäbigen Kleid macht mich nervös!"
    Die Aussicht, modische Kleidungsstücke zu wählen, war verlockend, aber Phoebe musste ihre Großmutter bitten, dieses Programm aufzuschieben. Sie hatte versprochen, Alice die bedeutendsten Sehenswürdigkeiten Londons zu zeigen und sie vor allem in den Pantheon Basar zu führen.
    Sie hatte ein wenig Schwierigkeiten, die Witwe zu überreden, diesem Plan in allen Teilen zuzustimmen, denn es entsprach dem Sinn dieser Dame für Anstand durchaus nicht, ihrer Enkelin zu gestatten, herumzuspazieren und die Sehenswürdigkeiten zu betrachten, mit keiner anderen Begleitung als einem ungeschliffenen Landmädchen. Sie sagte Phoebe, Alice würde sich mehr über die Gesellschaft einer ihrer Dienerinnen freuen, wurde aber schließlich überredet, einen Ausflug in den

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