Skandal im Ballsaal
Ladyschaft hinaufschicken, um Mylady von dem unerwarteten Besuch in Kenntnis zu setzen.
Inzwischen aber war Phoebes Gereiztheit gestiegen und sie überraschte den ehrwürdigen Tyrannen damit, dass sie scharf sagte, sie würde nichts dergleichen tun. „Sie brauchen sich nicht der Mühe zu unterziehen, mich zu begleiten, denn ich kenne den Weg sehr gut! Wenn Ihre Ladyschaft schläft, werde ich sie nicht wecken, und wenn sie noch wach ist, brauche ich Muker nicht, um mich anzumelden!", erklärte sie.
Ihre Ladyschaft schlief nicht. Phoebes sanftes Klopfen an ihrer Tür wurde durch den Befehl, hereinzukommen, beantwortet. Sie trat ein und fand ihre Großmutter in ihrem Himmelbett sitzen, gestützt von einer Anzahl Kissen und mit einem offenen Buch in den Händen. Zwei Armleuchter und die Flammen eines großen Feuers beleuchteten die Szene und ließen das adlerähnliche Profil Ihrer Ladyschaft stark her-vortreten.
„Nun, was gibt's?", sagte sie mürrisch und blickte auf.
„Phoebe! Guter Gott, was in der Welt? Mein liebes, liebes Kind, komm herein!"
Phoebe fiel ein Stein vom Herzen, ihr Gesicht verzog sich, und mit dem dankbaren Ruf: „Oh, Großmama!", stürzte sie ins Zimmer.
Witwe Ingham umarmte sie herzlich, doch war sie nicht wenig erschreckt durch eine so plötzliche Ankunft. „Ja, ja, natürlich bin ich froh, dich zu sehen, meine Liebe! Aber sag mir sofort, was geschehen ist! Versuch nicht, es mir schonend beizubringen! Doch nicht, hoffe ich, ein gefährlicher Unfall deines Vaters?"
„Nein-nein! Nichts Derartiges, Madam!", versicherte ihr Phoebe. „Großmama, Sie haben mir einmal gesagt, ich kön-ne mich auf Sie verlassen, wenn - wenn ich jemals Hilfe brauchte!"
„Diese Frau!", rief Lady Ingham und saß kerzengerade da.
„Ja, und - und Papa auch", sagte Phoebe traurig. „Das hat es so hoffnungslos gemacht! Es hat sich etwas ereignet - zumindest glaubte ich, es würde sich ereignen und ich konnte es nicht ertragen und daher - daher bin ich weggelaufen."
„Barmherziger Himmel!", rief Lady Ingham aus. „Mein armes Kind, was haben sie dir angetan? Erzähl mir alles!"
„Mama sagte mir, Papa hätte eine - eine sehr vorteilhafte Heirat für mich mit dem Herzog von Salford arrangiert", begann Phoebe zögernd. Sie,bemerkte, dass ihre Großmutter erstarrt war, und hielt nervös inne. Aber Witwe Ingham beschwor sie bloß, fortzufahren, daher seufzte sie tief und sagte ernst: „Ich könnte ihn nicht heiraten, Madam! Sehen Sie, ich hatte ihn nur einmal in meinem Leben getroffen und eine außerordentliche Abneigung gegen ihn gefasst. Außerdem wusste ich sehr gut, dass er sich kaum an mich erinnerte! Sogar wenn ich ihn geliebt hätte, hätte ich es nicht ertragen können, einen Mann zu heiraten, der mir nur einen Antrag macht, weil seine Mutter das wünschte!"
Lady Ingham, die sich mit einiger Mühe beherrschte, sagte: „Hat dir das diese Frau erzählt?"
„Ja, und auch, weil ich erzogen bin, wie es sich gehört, was ihn veranlasst hat zu glauben, ich sei standesgemäß!"
„Guter Gott!", sagte die alte Dame bitter.
„Sie - Sie verstehen doch, nicht wahr, Madam?"
„Oh ja! Ich verstehe nur zu gut!", war die etwas grimmige Erwiderung.
„Ich war davon überzeugt! Und das Furchtbare war, dass Papa ihn nach Austerby brachte, damit er um meine Hand anhalte. Wenigstens meinte das Mama, denn Papa hatte es ihr so gesagt."
„Wenn ich Marlow verstehe - brachte er Salford nach Austerby?"
„Ja, aber wie kam er dazu, solch einen Irrtum zu begehen - sofern natürlich Salford um mich werben wollte, jedoch seine Absicht änderte, sobald er mich wiedersah: Darüber braucht man sich allerdings nicht zu wundern. Ich weiß nicht genau, wie es gewesen ist, aber Papa war sicher, dass er beabsichtigte, mir einen Antrag zu machen; und als ich ihm erzählte, wie meine Gefühle wären, und ihn bat, es dem Herzog mitzuteilen - wollte er nicht", sagte Phoebe, und ihre Stimme erstarb unglücklich. „So wusste ich dann, es gäbe niemand außer Ihnen, Großmama, der mir helfen könnte. Und ich lief weg."
„Allein?", fragte Lady Ingham entsetzt. „Erzähl mir nicht, du bist diesen ganzen Weg in einer gewöhnlichen Postkutsche und allein gekommen!"
„Nein, natürlich nicht!", beeilte sich Phoebe, ihr zu versichern. „Ich kam in Salfords Chaise, und er veranlasste, dass ich ein - ein Mädchen mitbringe, außerdem schickte er seinen Reitburschen mit, damit der sich um alles kümmert!"
„Was?", fragte Lady Ingham
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