Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3
auch nicht wirklich wertvoll. Sie würden einen anständigen Preis einbringen, ohne gleich Fragen aufzuwerfen, wo sie herkamen, und Mary war davon ausgegangen, dass sie längst an skrupellose Antiquitätenhändler verkauft worden waren. Aber was, wenn der Schlossdieb gar kein gewöhnlicher Dieb war? Was, wenn er berechnend und raffiniert war und an viel mehr interessiert als an einem kleinen Profit für ein paar Meissner Schä ferinnen ? Wenn Octavius Jones der Drahtzieher der Diebstähle war, musste noch etwas anderes dahinterstecken. Die Frage war, was plante er?
Sie konnte sich eine Art reißerischer Enthüllung in Sachen Palastsicherheit vorstellen. Oder vielleichteinen Bericht über die Korruption von Antiquitätenhändlern – nein, das war zu anspruchsvoll für Leser des Revolverblattes
The Eye on London
. Ein skandalträchtiger Artikel über die obszönen Reichtümer, mit denen sich die königliche Familie umgab? Nein, zu sozialistisch und republikanisch für Jones. Oder vielleicht war er hinter der Verderbtheit des königlichen Personals her? Das wäre allerdings ein schlimmer Schlag für Amy – war das nicht vielleicht sogar für einen wie Jones zu gewissenlos? Und das Risiko, dass Amy die Sache auffliegen ließ, war unkalkulier bar . Nein. Es musste sich wohl um die Sicherheit im Schloss handeln oder so ähnlich.
»– es ist ein bisschen heikel, darum zu bitten«, sagte Amy gerade und wurde rot vor Anspannung.
Mary kehrte abrupt in die Gegenwart zurück. »Du kannst mich bitten, um was du willst«, sagte sie. Sie waren jetzt in ihre gemeinsame Kammer getreten und Amy schloss die Tür fest hinter sich.
»Also, Mrs Shaw hat mir für morgen Abend nicht freigegeben«, sagte sie und verdrehte die Augen. »Die alte Ziege. Hat gesagt, sie findet, dass ich meine Mutter genauso gut am Sonntagnachmittag besuchen kann wie immer.«
Mary grinste. »Besuchst du sie
jeden
Sonntag?«
Amy warf ihr einen unwilligen Blick zu. »Natürlich. Aber nur kurz, damit ich noch Zeit hab, Mr Jones zu treffen. Also, so stehen die Dinge: Ich habe eine Verabredung mit meinem Verehrer und darf nicht raus.«
»So ein Pech.«
»Schon möglich. Aber andrerseits hab ich gedacht, dass es vielleicht auch ganz gut ist. Und dazu wollte ich dich was fragen.« Zu Marys Überraschung errötete Amy. »Würdest du – meinst du, du könntest – also …«
»Soll ich dir helfen, hinauszuschlüpfen?«
Amy schüttelte den Kopf und wurde noch dunkler rot. »Mr Jones helfen, hereinzuschlüpfen. Und uns das Zimmer eine Weile überlassen.« Die Überraschung musste Mary ins Gesicht geschrieben sein, denn Amy fuhr eilig fort: »Ich hab nachgedacht, weißt du, und das ist das Richtige. Er ist ein lieber Kerl, mein Tavvy, aber ein bisschen schüchtern.« Mary bemühte sich, nicht zu zeigen, was sie von dieser Beschreibung hielt. »Und ich schätze, er braucht einfach einen kleinen Anstoß.«
Mary schüttelte ihre Schürze aus und suchte sie nach Flecken ab. »Anstoß? Wozu?«
Jetzt starrte Amy sie ungläubig an. »Na, um sich zu erklären, du Gans! Was sonst?«
Mary musste auf der Stelle an die Diebstähle denken. »War das die Idee von Mr Jones?«
»Quatsch!« Amy schien plötzlich ungehalten. »Hast du überhaupt nicht zugehört? Es ist meine Idee, du Dummkopf, weil Tavvy so verdammt langsam ist. Wenn ich die Erlaubnis hätte, morgen auszugehen, dann würde er mich in diesen komischen Zirkus mitnehmen, um die blöden Pferde anzusehen, oder wieder zu einem eiskalten Spaziergang in dem eiskaltenPark, und alles, was ich für meine Mühen bekommen würde, wäre eine Umarmung in einem abgelegenen Winkel und ein völlig verdrecktes Kleid. Nein danke – nicht schon wieder.«
Marys Mund zuckte. Sie war in der Tat ein bisschen langsam im Begreifen gewesen – fast so langsam wie Jones. »Wenn ihr dann ein bisschen für euch seid …«
Amy grinste und ihre ganze Verlegenheit war verflogen. »Recht hast du. Ein bisschen Ermutigung und ein schönes warmes Bett, und schon bin ich am Mittwochmorgen die zukünftige Mrs Octavius Jones.«
»Klingt, als ob ihm nichts anderes übrig bleibt.«
»Rein gar nichts.« Amy kämpfte heftig mit ihrem Korsett und streifte es unter erleichtertem Stöhnen ab. »Ach, das ist wirklich himmlisch.« Sie wedelte mit dem rosafarbenen Ding vor Mary herum. »Stell dir vor, er hat das hier noch nie gesehen, so schüchtern ist der Mann.«
Mary grinste. »Hätte ich mir nie vorstellen können.« Amys
Weitere Kostenlose Bücher