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Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3

Titel: Skandal im Königshaus Meisterspionin Mary Quinn 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Y Lee
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Anspannung ließ ein wenig nach. Angst war gut   – für sie zumindest. Die nächsten paar Sekunden mussten für Honoria eine Ewigkeit dauern, aber Marys innere Uhr funktionierte wieder. Sie hörteein unsicheres Schlurfen, dann noch eins. Unmöglich zu sagen, in welche Richtung.
    »Zeig dich, wenn du da bist«, sagte Honoria, und diesmal bebte ihre Stimme ohne Zweifel.
    Ungefähr eine halbe Minute verging lautlos. Mary konnte kaum etwas von Honoria sehen   – im Grunde nur den Schein der Kerze und dahinter ihre Umrisse. Doch sie selbst war in Sicherheit: Solange Honoria die Kerze ausgestreckt vor sich hielt, würde alles, was dahinter lag, schwarz aussehen. Und selbst wenn sie die Flamme ausblies, würde Mary noch genug Zeit haben, um zu verschwinden, ehe sich Honorias Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Daher blieb Mary aufmerksam, doch entspannt und wartete ab.
    Die Hofdame zögerte eine weitere Minute. Machte einen kleinen Schritt, als wolle sie sich umsehen. Mary spannte die Muskeln an und hielt sich bereit. Doch nach einer weiteren Pause drehte Honoria auf dem Absatz um und eilte davon. Sie hatte absolut verunsichert geklungen. Und sie schnüffelte in einem Teil des Palastes herum, wo sie nichts verloren hatte   – hinter Geheimtüren. Mary fragte sich mal wieder, welchen Rang Honoria Dalrymple unter den Hofdamen eigentlich einnahm, und beschloss, in der Agentur diesbezügliche Auskünfte einzuholen. Warum hatte man ihr eigentlich noch nichts über Honorias mögliche Verbindungen zu Beaulieu-Buckworth mitgeteilt?
    Als Honorias Schritte verhallten und sie wieder ganz allein war, ging sie entschlossen auf die Geheimtürzu. Sie liebte diese Momente, in denen unzählige Handlungsmöglichkeiten und unerwartete Abenteuer vor ihr lagen. Es war verlockend, sie auszukosten und mit der Spannung zu spielen. Aber es war ja kein Spiel, und sie begab sich, wie Honoria, auf verbotenes Terrain. Sie riskierten beide strenge Strafen, wenn man sie erwischte, wobei sich die Frage stellte, was schlimmer war: die gesellschaftliche Ungnade einer Hofdame oder der Verlust der Stellung als Hausmädchen.
    Mary schüttelte den Kopf, sowohl in Gedanken als auch ganz real. Sie verschwendete Zeit. Außerdem, ermahnte sie sich streng, war es möglich, dass hinter der Geheimtür gar nichts von Interesse lag. Regale voll Marmeladen und Eingemachtem vielleicht. Oder ein Wandschrank mit Kinderspielzeug. Doch während sie nach dem Schnappriegel tastete, hielt sie das eher für unwahrscheinlich   …
    Die Tür ging mit einem leisen Knarren auf. Es roch anders als erwartet, dünn und kalt und schneidend. Das überraschte sie   – sie hatte eher stickige, dumpfe, nach Schimmel riechende Luft erwartet. Doch nicht das hier: Es roch eher nach Flussufer als nach Kellerluft. Stirnrunzelnd spähte sie in die Dunkelheit, konnte aber nichts erkennen. Trotzdem zögerte sie, ein Licht zu entzünden. Wie Honoria gerade demonstriert hatte, erhellte eine Kerze in der Dunkelheit nur die unmittelbare Umgebung, erregte jedoch die Aufmerksamkeit möglicher Beobachter im weiten Umkreis.
    Stattdessen trat sie durch die Tür und tastete den Rahmen ab. Eine der obersten Regeln der Agentur war, den Rückzug zu sichern. Ihre Finger bewegten sich rasch und sorgfältig über rohes Holz. Da: Oben im Türrahmen war ein robuster Metallschnapper, der die Tür öffnete, wenn man darauf drückte. Mary untersuchte ihn. Dann schloss sie die Tür hinter sich und drückte nochmals darauf. So weit, so gut.
    Nun stand sie in dem Geheimgang und horchte auf Hinweise, um welche Art von Versteck es sich hier handeln mochte. Der Boden unter ihren Schuhen gab etwas nach   – kein gestampfter Lehmboden, sondern federnde Dielen, schon leicht verrottet. Wie alt mochten sie sein? Vielleicht dreißig oder vierzig Jahre, je nachdem, was sich darunter befand und wie feucht es war. Mit Sicherheit aus der Zeit der Herrschaft Georgs III.   Marys Gedanken überschlugen sich. Der alte König Georg und Königin Charlotte hatten angeblich eine ideale Ehe geführt, und wenn sie sich richtig an ihren Geschichtsunterricht erinnerte, fünfzehn Kinder bekommen. Ein Geheimgang wie dieser schien so gar nicht ins Bild zu passen   – es sei denn, er war für jemand anderen als den König gebaut worden.
    Ein winziges Geräusch, ein Rasseln oder Tröpfeln oder dergleichen, rief sie in die Gegenwart zurück. Es war kein Echo, kam jedoch aus der Ferne   – als läge ein langer Gang vor ihr. Und so war es

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