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Skandal um Lady Amelie

Skandal um Lady Amelie

Titel: Skandal um Lady Amelie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Juliet Landon
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und auch als das Konzert begann, nahm sie die Musik nur unterbewusst wahr. Ihre Gedanken verweilten bei der warmen Berührung seines Armes an ihrem, bei seinen schlanken Fingern, die locker auf seinem Schenkel ruhten, und sie spürte ihrem Verlangen nach, über sein von feinen, dunklen Härchen bedecktes Handgelenk zu streicheln.
    Offensichtlich hatte er ihre mangelnde Aufmerksamkeit bemerkt, denn sein Blick suchte den ihren, und lächelnd zupfte er, als ob er ihre Gedanken lesen könnte, an seiner Manschette und beobachtete breiter lächelnd, wie ihr langsam die Röte in die Wangen stieg. Scheu sah Amelie zu Caterina hinüber, die jedoch völlig in der Musik aufzugehen schien. Nicht zum ersten Mal fragte sie sich, was diese gefährliche, unkonventionelle Liaison ihrem Herzen abverlangen würde.
    Im Laufe des Abends musste sie allerdings feststellen, dass die vornehme Gesellschaft sich von der, die sie aus dem Norden des Landes kannte, stark unterschied. Dort hätte die prüde Elite sich bezüglich der Zukünftigen Lord Elyots den boshaftesten Vermutungen hingegeben. Hier kommentierte Lord Seton zu Caterinas Vergnügen während der Musikpausen die Beziehungen der Anwesenden, die aus ebenso vielen gestandenen Ehen wie unmoralischen Verbindungen zu bestehen schienen. Er lenkte ihre Aufmerksamkeit auf die eine oder andere Mätresse oder Exgeliebte des einen oder anderen Adeligen und grüßte ungeniert diese allgemein bekannten Damen. Dabei flüsterte er Caterina, die er dicht an seiner Seite hielt, unverschämte Bemerkungen zu, die nicht schockierend genug waren, um sie erröten zu lassen, doch offen genug, um ihr das Gefühl zu geben, erwachsen zu sein. Irgendwie bedeutete ihr das mehr als alle Komplimente über ihr Aussehen.
    Amelie kam zu dem Schluss, dass in den Augen dieser gehobenen Gesellschaft die falsche Abstammung eine größere Sünde war als die Unmoral. Zum Beispiel wurde Lord Nelsons Geliebte in manchen Salons nicht empfangen, weil sie von niederer Geburt, unerzogen und peinlich war, wobei die beiden letzten Eigenschaften noch toleriert worden wären, wenn nur die Herkunft gestimmt hätte.
    Als Begleiterinnen der beiden jungen Lords wurden Amelie und Caterina als Damen untadeliger Herkunft akzeptiert, doch trotzdem fürchtete Amelie ein erneutes Gespräch mit Lord Dysart, dem Gastgeber, der möglicherweise den gesellschaftlich nicht ganz einwandfreien Hintergrund Sir Josiahs erwähnen würde bis hin zu der Tatsache, dass er in einem Duell den Tod gefunden hatte. Was ihre eigene Herkunft anging, so war der Reichtum ihrer Familie wohlbegründet, und sie hatte die feinste Erziehung genossen. Hier in diesen Kreisen jedoch, wo jeder ganz unbekümmert jedem ungeheure Summen schuldete und die meisten nur eine mangelhafte Bildung besaßen, würde immer noch die Verbindung mit dem Handel und der nicht zu unterschätzende Skandal zur Verurteilung führen. Selbst Lord Elyot hatte diese Ansicht durchblicken lassen, daran änderte auch die Andeutung seiner Schwester nichts, dass in der Geschichte der Familie, besonders mütterlicherseits, Skandale nicht unbekannt waren.
    In der Pause trat dann Lord Dysart doch noch zu ihnen. „Endlich!“, rief er. „Meine liebe Lady Chester, ich brenne darauf zu erfahren, was Sie zu uns in die Gegend geführt hat.“
    Der Earl war ein guter Zuhörer, klug und ungezwungen. Seine Bekanntschaft mit Amelies verstorbenem Gatten rührte von geschäftlichen Beziehungen her. Er hatte von dessen traurigem Dahinscheiden gehört, und wenn er auch Amelies Gründe, Buxton den Rücken zu kehren, verstand, so war er doch fest überzeugt, dass sie sich völlig unbegründet sorgte. Duelle kämen zumindest in diesem Landesteil häufiger vor, als sie glauben mochte. „In der Tat“, sagte er, sich im Saale umsehend, „wäre ich nicht überrascht zu hören, dass mindestens die Hälfte der anwesenden Männer schon einmal die Klinge im Duell gekreuzt haben. Selbst Elyot schon.“
    „Es waren Pistolen“, murmelte Nick. „Heutzutage nimmt man Pistolen. Natürlich nicht halb so interessant wie ein Kampf mit dem Degen.“
    „Wie auch immer“, entgegnete Lord Dysart lebhaft, „jedenfalls entrüsten sie sich oben im Norden doch wesentlich leichter als hier bei uns. Na, nicht dass wir hier jeden Tag ein Duell hätten, und gnädiger gehen die Klatschbasen sicher auch nicht mit ihren Opfern um, aber es wird hier viel eher wegen der Abstammung Aufruhr geben als wegen eines dummen Skandals. Die Ehre, wissen

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