Skandal
Ist das wahr?«
Simon senkte langsam seine Zeitung und musterte Northcote mit einem kühlen Blick. Die vertrauten gedämpften Laute von Männergesprächen, raschelnden Zeitungen und leise klirrenden Flaschen hinter ihm wiesen darauf hin, daß heute nachmittag im Club viel los war, aber er und Northcote hatten diese Ecke des Raums für sich allein.
»Meiner Frau hat der gestrige Abend sehr gut gefallen«, sagte Simon mit ausdrucksloser Stimme. »Lady Merryweather versicherte mir, Emily sei gut in die Gesellschaft eingeführt worden. Richten Sie Ihrer Frau Gemahlin bitte meine Dankbarkeit aus.«
Northcote ließ sich auf den Sessel neben Simon sinken und griff nach der Flasche Portwein, die auf einem Beistelltisch stand. Er schenkte sich ein Glas ein. »Ich rede nicht von unseren Frauen, und das wissen Sie selbst. Ich frage Sie, ob Sie die Dinge zwischen uns jetzt als geregelt und die Schuld als abgegolten ansehen.«
Simon zuckte die Achseln. »Es scheint ganz so. Ein Mann muß sich an die Versprechungen halten, die seine Frau macht, und er muß sich auch nach Verpflichtungen richten, die sie eingeht, und Emily scheint es auf sich genommen zu haben, Ihnen aus der Patsche zu helfen.« Er wandte sich wieder seiner Zeitung zu und überflog die Meldungen.
»Verdammt noch mal, Blade, spielen Sie mit mir nicht eins Ihrer tiefsinnigen Spiele. Sagen Sie mir einfach rundheraus, ob Sie die alte Schuld als abgegolten ansehen.«
»Sie haben mein Wort darauf.« Simon blickte nicht von den neuesten Meldungen vom europäischen Festland auf, die er gerade durchforstete. Aber Northcote an seiner Seite schien sich zu entspannen.
»Ich danke Ihnen, Blade. Meine Frau war in jener Nacht im Gasthaus vollkommen hysterisch. Sie war der Überzeugung, Celestes Zukunft sei von diesem verdammten Mitgiftjäger ruiniert worden.«
»Ich nehme an, Sie haben sich dieses miesen Kerls angenommen, dieses Nevil?«
»Er wird in der nächsten Zeit ganz bestimmt nicht mehr nach London zurückkehren«, bestätigte Northcote nicht ohne Zufriedenheit.
»Dann ist ja alles gut.« Simon blätterte die Seite um.
Eine längere Zeit herrschte Schweigen zwischen den beiden Männern. Dann sagte Northcote mit gesenkter Stimme: »Vielleicht glauben Sie es mir nicht, aber ich bedaure, was passiert ist, Blade. Ich entschuldige mich für das Verhalten meines Vaters.«
Simon ließ die Zeitung sinken und sah Northcote, der ihn fest ansah, in die Augen. Er ließ noch einen Moment verstreichen und nickte dann knapp. Die Entschuldigung überraschte ihn. »Sehen Sie die Angelegenheit als geregelt an.«
Northcote steckte die Beine vor sich aus und betrachtete sein Glas Portwein. »Ich war der letzte, stimmt’s? Es ist Ihnen schließlich gelungen, uns alle in die Falle zu locken. Mich, Canonbury und Peppington. Und natürlich Faringdon. Das war teuflisch klug von Ihnen, Blade. Ich bedaure, daß mein Vater nicht mehr am Leben ist und Ihren brillanten Verstand würdigen kann.«
»Ich teile Ihr Bedauern«, sagte Simon mit geheuchelter Aufrichtigkeit.
»Es hat lange gedauert, bis Sie einen Weg gefunden haben, mich unter Druck zu setzen. Es war das reinste Glück für Sie, daß Sie meine Tochter in dem Gasthaus gefunden haben.«
»Es war nützlich«, stimmte ihm Simon zu und schenkte sich ein Glas Portwein ein. »Aber früher oder später hätte sich etwas ergeben. Es ergibt sich immer etwas, wenn man das Warten beherrscht.«
»Und Sie sind sehr gut darin, eine Gelegenheit abzuwarten. Mir ist durchaus bewußt, daß ich glimpflich davongekommen bin. Es erleichtert mich sehr, daß Sie von uns nichts weiter wollten als die gesellschaftlichen Verbindungen meiner Frau. Wenn mein Vater noch am Leben wäre, kann ich mir vorstellen, daß Sie für das, was er Ihnen angetan hat, eine weit höhere Entschädigung verlangt hätten.«
»Ja.«
Northcote seufzte. »Wenn es Ihnen ein Trost ist, er hat mir, ehe er vor zwei Jahren gestorben ist, gesagt, ich sollte Sie im Auge behalten. Er hat gesagt, Sie würden eines Tages zurückkommen, und wenn Sie das täten, dann seien Sie ein gefährlicher Mann. Wann werden Sie sich Canonbury und Peppington vorknöpfen?«
»Ich ziehe es vor, sie eine Zeitlang im unklaren zu lassen.«
»Ihre wahre Strafe besteht darin, mit finanzieller Ungewißheit leben zu müssen, nicht wahr?«
Simon trank von seinem Portwein. »Rache schmeckt am süßesten, wenn man sie genüßlich auskostet, Happen für Happen, und sie nicht herunterschlingt.«
»Eine
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