Skandal
langsame, stetige Folter.« Northcote lächelte grimmig. »Eine typisch östliche Form von Rache, glaube ich. Ich kann wirklich nur dankbar dafür sein, daß Ihre Frau auf ihre impulsive Art großzügig ist.«
»In Zukunft werde ich sie besser im Auge behalten, um zu viele impulsive Gesten zu vermeiden«, versicherte ihm Simon trocken.
Northcote grinste. »Lady Blade ist mit Bravour in die Gesellschaft eingetaucht.«
»Das hat man mir berichtet.«
»Ich muß schon sagen, Blade, daß sowohl meine Frau als auch meine Tochter Ihre Frau Gemahlin wirklich mögen und das trotz der Tatsache, daß sie mit Ihnen verheiratet ist. Welche Rolle spielt sie in Ihren Racheplänen?«
»Sie hat nichts damit zu tun«, sagte Simon mit gepreßter Stimme.
»Aber sie ist eine Faringdon«, hob Northcote mit einem verschlagenen Blick hervor.
»Nicht mehr«, sagte Simon.
»Mir ist nicht entgangen, daß sie jetzt Ihnen gehört und die St. Clair Hall ebenfalls.« Northcote zögerte. »Mein Vater, Canonbury und Peppington standen alle in Ihrer Schuld, weil sie Ihrer Familie nach dem Tod Ihres Vaters den Rücken zugekehrt haben. Aber die frivolen flatterhaften Faringdons stehen mehr als alle anderen in Ihrer Schuld. Es war ein Faringdon, der Ihren Vater dazu gebracht hat, sich das Leben zu nehmen. Es war ein Faringdon, der Ihnen Ihr Zuhause weggenommen und Ihre Familie nachhaltig zugrunde gerichtet hat. Und Broderick Faringdon und seinen Clan werden Sie doch wohl vernichten, oder nicht?«
»Das ist eine logische Schlußfolgerung«, stimmte ihm Simon in einem neutralen Tonfall zu. »Aber meine Frau gehört nicht mehr zu diesem Clan.«
»Wissen Sie, Blade, ich bin extrem dankbar dafür, daß das Vergehen meines Vaters ein vergleichsweise geringfügiges war und daß Sie die Schuld als beglichen betrachten«, sagte Northcote nicht ohne einen Anflug von Humor. »In diesem Augenblick wäre ich nicht gern ein Faringdon.«
Emily fühlte sich extrem gut aufgelegt, als sie aus der Buchhandlung Ashbury kam. Ihre Zofe Lizzie und George, der Lakai mit dem scharfgeschnittenen Gesicht, folgten ihr und waren mit einer Sammlung der letzten Romane und epischen Gedichte beladen, die Emily gerade in der Buchhandlung ausgesucht hatte.
Das kleine Aufgebot bewegte sich auf die schwarzgoldene Kutsche zu, die am Randstein wartete. George eilte voraus, um seiner Herrin die Tür zu öffnen, als ein vertrauter blondhaariger Adonis aus einem Fahrzeug in der Nähe sprang und herbeieilte.
»Hallo, Em. Wie nett, daß wir uns hier treffen.«
»Devlin!« Emily lächelte ihren gutaussehenden Bruder erfreut an. »Wie wunderbar, dich zu sehen. Wo ist Charles?«
Devlin warf einen besorgten Blick auf den Lakaien und die Zofe, und dann nahm er den Arm seiner Schwester und führte sie ein kleines Stückchen weiter fort. Er senkte die Stimme. »Es ist wegen Charles. Seinetwegen habe ich auf eine Gelegenheit gewartet, um mit dir zu sprechen, Em. Etwas Furchtbares ist passiert!«
»Gütiger Gott!« Emilys Augen rissen sich vor Entsetzen weit auf. Ihr dämmerte, daß sie Devlin noch nie so finster hatte blicken sehen. »Ist er verletzt oder krank, Dev? Sag es mir, ist er... ist er tot?«
»Noch nicht«, sagte Devlin grob. »Aber wahrscheinlich wird er es bald sein.«
»Dann ist er also krank. Gütiger Himmel, ich muß ihn sofort aufsuchen. Schnell, steig in die Kutsche, Dev. Hast du einen Arzt kommen lassen? Welche Symptome weist er auf?« Sie wollte kehrtmachen, blieb aber stehen, als ihr Bruder sie wieder am Arm festhielt.
»Warte, Em. Das ist es nicht. Das heißt, Charles ist nicht direkt krank.« Devlin schaute die wartende Zofe, den Lakaien und den Kutscher finster an. Alle drei schauten finster zurück. Devlin senkte die Stimme noch mehr. »Ich kann dir ebensogut auch gleich die ganze Wahrheit sagen, Em. Er wird in zwei Tagen ein Duell austragen.«
Emily schlug sich die behandschuhte Hand vor den Mund. »Verdammt und zum Teufel.«
»Es sieht nicht gut aus, Em. Charles und ich haben natürlich in Manton’s Schießstand einige Erfahrungen gesammelt, aber wir sind weiß Gott beide keine besonders guten Schützen.« Devlin schüttelte den Kopf. »Ich fungiere als einer seiner Sekundanten. Wir suchen noch einen zweiten.«
»Ich kann es einfach nicht glauben.« Emily war erschüttert. »Wer hat ihn herausgefordert?«
»Nun ja, Charles war derjenige, der die Herausforderung ausgesprochen hat«, gestand Devlin. »Er mußte es tun, verstehst du. Es war eine
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