Skandal
versichert, meine Liebe, ich versuche immer, mich mit möglichst vielen Informationen auszurüsten, ehe ich mich an ein Projekt heranbegebe. Das ist eine alte Gewohnheit von mir. Sie gehört zu denen, die ich mir in den Jahren im Osten zugelegt habe.«
Sie drehte sich um, um ihn anzustarren, denn sie konnte einfach nicht verstehen, wie er das so leicht nehmen konnte. »Mylord, es war keine Bagatelle. Ich bin ausgerissen, um heimlich zu heiraten. Oder besser gesagt, so war es gedacht. Damals erlag ich einem Über-schwang an romantischer Glut und habe heute den Preis zu bezahlen.«
»Das wird ja immer interessanter.«
»Der Teufel soll Sie holen, Blade, das ist kein Witz. Verstehen Sie denn nicht? Ich bin mit einem Mann ausgerissen. Mein Vater hat uns erwischt, aber es war...« Sie räusperte sich mit einem kleinen Hüsteln, »...es war schon zu spät.«
»Zu spät?« Der Earl wirkte nicht im mindesten besorgt.
»Wir waren gezwungen, die Nacht unterwegs zu verbringen«, flüsterte Emily. Sie wandte den Blick von Simons funkelnden Augen ab. »Mein Vater hat mich erst am nächsten Morgen gefunden.«
»Ich verstehe. Sagen Sie mir eins, Emily. Wie kommt es, daß ich eindeutig den Eindruck habe, Sie bedauern den Vorfall nicht durch und durch?«
Emily lief wieder auf und ab. »Ich versichere Ihnen, daß ich es jetzt bereue. Aber ich gestehe, daß es zu dem Zeitpunkt das Aufregendste war, was mir je in meinem ganzen Leben zugestoßen war.« Sie seufzte kläglich. »Aber mein Vater hat mir schon bald erklärt, das sei das einzig Aufregende, was mir je zustoßen würde, weil mich danach kein anständiger Mann mehr haben wollte. Er hat mich nach Hause gebracht und gesagt, ich müsse von nun an mein Leben meinen Studien der Börse und der Kapitalanlagen weihen.«
»Machten Ihnen diese Studien Spaß?«
»O ja, manchmal schon. Von alldem geht eine gewisse Faszination aus, verstehen Sie.« Sie machte eine vage Handbewegung. »Aber das ist weder Fisch noch Fleisch.« Sie holte tief Atem. »Mylord, ich gehe davon aus, daß Sie im Lichte dieser Information selbstverständlich von Ihrer Absicht Abstand nehmen müssen, um meine Hand anzuhalten.«
»Ich nehme selten von irgendeiner meiner Absichten Abstand, Emily. Ich stehe in dem Ruf, alles bis zum Schluß durchzuziehen. Sie brauchen bloß irgend jemanden in London zu fragen.«
»Nun, Sie können wohl kaum in dieser Angelegenheit Vorhaben, Ihr Ansinnen aufrechtzuerhalten«, warf sie ihm an den Kopf. »Männer in Ihrer Position heiraten keine Frau, die sich ruiniert hat, und wenn Ihr Abscheu gegen mich noch nicht vollkommen ist, dann würde ich gern noch etwas sagen.«
»Ich versichere Ihnen, Emily, ich denke gar nicht daran, jetzt zu gehen. Mich fasziniert zu hören, was Sie mir sonst noch zu sagen haben.«
»Also gut, vielleicht fragen Sie sich ja, warum ich zu diesem klammheimlichen Treffen meinen Morgenmantel angezogen habe.«
»Ich dachte, daß es daran liegt, daß Ihnen kalt ist und Sie Ihr Morgenmantel zweifellos beträchtlich wärmer hält als das ganz reizende Kleid, das Sie am frühen Abend getragen haben. In diesem Zimmer hier war es schon immer kalt.«
Emily stöhnte. Sie fragte sich zum ersten Mal, ob der Earl of Blade in manchen Punkten ein wenig schwer von Begriff war. Sie richtete ihren Blick fest auf das Bücherregal, als sie sich zwang weiterzureden. »Ich habe meinen Morgenmantel angezogen, weil ich vorhabe, Ihnen eine unzulässige Verbindung romantischer Natur anzutragen.«
»Ich fürchte, ich verstehe Sie nicht recht, meine Liebe. Wir haben bereits eine zulässige Verbindung von romantischer Natur.«
Sie wirbelte herum und funkelte ihn wütend an. »Ich habe Sie für einen Mann von Weh gehalten, Sir. Ich bitte Sie, hören Sie mir genau zu. Da keine Möglichkeit einer Eheschließung zwischen uns besteht und da ich mich vollkommen hoffnungslos in Sie verliebt habe, bin ich auf den Gedanken verfallen, Ihnen eine... eine Liaison anzubieten.«
»Eine Liaison?« Er schaute sie rätselnd an.
»Ich biete Ihnen eine Affäre an, Sie Einfaltspinsel .« Emily holte vor Entsetzen hörbar Luft, als sie begriff, was sie soeben gesagt hatte. Sie schloß versteinert die Augen. Ihr Gesicht flammte glühendrot. »Mylord, verzeihen Sie mir. Ich wollte Sie nicht als Einfaltspinsel bezeichnen. Ich fürchte, meine Nerven sind ziemlich angespannt, und ich muß gestehen, daß ich zu Jähzorn neige. Gelegentlich gewinnt die Wut bei mir die Überhand.«
»Sie sind
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