Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Skandal

Titel: Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Quick
Vom Netzwerk:
auf dem Schreibtisch lag.
    Doch dieser Schrei kam nie aus ihrer Kehle. Eine große Männerhand preßte sich fest auf ihren Mund, und Emily wurde schnell an einen festen Männerkörper gezogen.
    Sie sackte vor Erleichterung zusammen, als ihr klarwurde, wer sie umklammert hielt.
    »Ich würde mich weit mehr willkommen fühlen, wenn Sie diesen Brieföffner hinlegten«, sagte Simon und ließ die Hand von ihrem Mund sinken. Er löschte die Kerze, die er in der anderen Hand hielt.
    »Simon. Verdammt und zum Teufel.« Emily warf den Brieföffner hin und drehte sich auf dem Absatz um, damit sie ihn durch ihre Brillengläser wütend anfunkeln konnte. »Sie haben mir einen fürchterlichen Schrecken eingejagt. Woher kommen Sie? Wie auf Erden haben Sie sich so an mich heranschleichen können? Ich habe die Tür eine Ewigkeit lang nicht aus den Augen gelassen.«
    Simon öffnete seinen Mantel und trat zur Seite. Er wies mit einer lässigen Kopfbewegung auf einen Bereich des Bücherregals, der langsam und lautlos gerade wieder an seinen Platz an der Wand zurückglitt. Emily sah den finsteren Eingang, der in dem Stein hinter dem Bücherschrank klaffte, und ihre Augen rissen sich vor entzücktem Staunen weit auf.
    »Ein Geheimgang. Simon, das ist ja einfach wunderbar.« Sie sprang um ihn herum und lief auf den Gang zu, der schnell am Verschwinden war. Angesichts der Verheißung eines solchen Abenteuers schwand jeder Gedanke an das lange geplante Geständnis aus ihrem Kopf.
    »Zügeln Sie Ihre Begeisterung, Miss Faringdon.« Simon streckte eine Hand aus, packte ihren Arm und hielt sie gewaltsam zurück. »Dieses Bücherregal wird sich hinter Ihnen schließen. Es ist zu schwer für Sie, und mit den Händen können Sie es nicht zurückschieben. Man muß den versteckten Hebel benutzen.«
    »Was für einen versteckten Hebel? Wo ist er? Oh, ist das aufregend. Wie eine Stelle in einem dieser Romane der Minerva Press, die einem das Blut in den Adern gefrieren lassen. Sie haben doch heute abend schon von diesen Romanen gesprochen. Ich kann es kaum glauben. Wenn ich bedenke, daß ich fast mein Leben lang hier gelebt und nichts von diesem Geheimnis gewußt habe.«
    »Beruhigen Sie sich.« Ihre unbändige Aufregung schien ihn offensichtlich zu amüsieren. Simon sah sich im Raum um, bis er die Cognackaraffe entdeckte. Er warf den schweren Mantel über einen Stuhl. »Es gibt zwei Hebel«, erklärte er, als er auf den kleinen Tisch zuging, auf dem der Cognac stand.
    »Zwei?«
    »Einen in dem Gang hinter der Wand und einen, der im Bücherschrank selbst verborgen ist.« Er schenkte zwei Gläser Cognac ein, während er das sagte. »Der Mann, der die St. Clair Hall erbaut hat, hat viel darauf gegeben, Fluchtwege für den Notfall einzurichten.«
    »Aber woher wußten Sie von dem Geheimgang?« Emily sah mit Bedauern zu, daß sich das Bücherregal wieder fest an die Wand schob.
    »Sind Sie noch nicht selbst dahintergekommen? Sie versetzen mich in Erstaunen. Ich weiß von dem Gang, weil ich früher hier gelebt habe.«
    Das nahm ihre Aufmerksamkeit vollständig gefangen. Emily drehte sich eilig zu ihm um und sah, daß er lässig und ungezwungen an dem Schreibtisch lehnte und seinen Cognac trank. Sie bemerkte, daß er sich umgezogen hatte und nicht mehr seinen Abendanzug trug. Jetzt war er leger mit einer Hose, Stiefeln und einem Leinenhemd bekleidet. Er trug noch nicht einmal ein Halstuch. Er wirkte wie ein Mann, der sich in seinem eigenen behaglichen Heim entspannt.
    Seinem eigenen Heim.
    Wortlos reichte ihr Simon das zweite Cognacglas. Ganz so, als sei er hier der Gastgeber und ich nur zu Besuch, dachte Emily plötzlich.
    »Die St. Clair Hall war der Landsitz Ihrer Familie?« Emily nahm das Cognacglas in beide Hände und sah ihm forschend ins Gesicht. »Was für ein erstaunlicher Zufall.«
    »Wieder einer, den Sie in Ihrem Tagebuch festhalten können.« Er nahm einen Schluck von dem Cognac.
    Emily nagte an ihrer Unterlippe und konnte sich kein rechtes Bild von seiner Stimmung machen. »Sie müssen noch ein ganz kleiner Junge gewesen sein, als Sie von hier fortgegangen sind.«
    »Ich war zwölf.«
    »Warum haben Sie nie erwähnt, daß Sie früher einmal hier gewohnt haben?«
    Er zuckte die Achseln. »Es schien mir nicht besonders wichtig zu sein.«
    Emily trank einen Schluck Cognac und zog wieder die Stirn in Falten. Sie hatte ganz entschieden den Eindruck, daß ihr hier etwas Wichtiges entging, aber sie wäre selbst dann nicht darauf gekommen, was das wohl

Weitere Kostenlose Bücher