Skandal
sie dich als geheimnisvoll und gefährlich bezeichnen. Du hast drei der einflußreichsten Männer in ganz London in der Tasche. Jetzt hast du sie alle da, wo du sie haben wolltest, stimmt’s? Northcote, Canonbury, Peppington und Faringdon. Du spielst mit jedem einzelnen von ihnen Katz und Maus.«
»Das ist ein Spiel, das ich im Osten gut gelernt habe.«
Araminta erschauderte. »Ich kann dir versichern, ich bin sehr froh darüber, daß ich für dich zu den Guten zähle. Manchmal kannst du mir das Blut gefrieren lassen. Aber ich glaube, deinem weiblichen Kobold ist nicht klar, daß er im Rahmen deiner großen Pläne nur eine Schachfigur ist. Das Mädchen redet immer noch davon, eine reine und hehre metaphysische Verbindung zu dem frischangetrauten Ehemann herzustellen.«
Simon zog eine finstere Miene. »Emily ist eine sehr intelligente Frau, aber ihr Denken ist häufig von romantischem Unsinn vernebelt. Sie wird schon bald die Rolle lernen, die ihr als Ehefrau ansteht.«
Emily stürzte sich mit Feuereifer in die Aufregungen, den Glanz und die Raffinesse ihres ersten großen Balls in der Stadt. Die funkelnden Kronleuchter, die Menschenmassen, die nach dem neuesten Schrei der Mode gekleidet waren, und die geistreichen Gespräche faszinierten und begeisterten sie bis hin zur Atemlosigkeit. Ihr schien es, als müßte die gesamte Hautevolee zum großen Fest der Marquise geladen sein.
In einem smaragdgrünen Seidenkleid, das tiefer ausgeschnitten war als alles, was sie je zuvor getragen hatte, fühlte sich Emily unglaublich modisch. Sie trug grüne Satinschühchen, die mit kleinen goldenen Drachen bestickt waren und zu ihrem Kleid paßten, und in ihrem frischgeschnittenen und ungewohnt frisierten Haar trug sie einen süßen kleinen goldenen Drachen, dessen Augen winzige Rubine waren. Zwei passende Drachen schmückten ihre Ohren.
Lady Merryweathers Friseuse hatte Emilys rote Locken zu einem kunstvollen Wasserfall zurückgesteckt, der hoch oben auf ihrem Kopf begann und bis in ihren Nacken fiel. Auf ihren Wangen kringelten sich etliche kunstvoll arrangierte Korkenzieherlöckchen. Das Ganze wurde durch einen eleganten Fächer abgerundet, der an einer goldenen Schnur von ihrem Handgelenk hing und von einem spektakulären handgemalten Drachen geziert wurde. Dazu kam noch ein Lorgnon. Lady Merryweather hatte sich geweigert, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, Emily könnte auf einem Galaball ihre Brille tragen.
Simon hatte in der Eingangshalle gewartet, als Emily die Stufen heruntergekommen war, um zu dem Ball aufzubrechen. Er hatte seine Frau von Kopf bis Fuß gemustert und dabei einen äußerst zufriedenen Anschein erweckt.
»Schließt du dich uns später an, Simon?« hatte sich Araminta erkundigt, als ihr beim Einsteigen in die Kutsche geholfen wurde.
»Ich werde für eine Stunde oder so meinen Club aufsuchen, aber ich stoße später zu euch und begleite euch nach Hause.« Er sah Emily an, als er ihr in das Fahrzeug half. »Ich wünsche dir viel Spaß, Kobold. Heute abend bist du ganz entschieden ein lupenreiner Diamant. Und eindeutig das ungewöhnlichste Geschöpf, das die Hautevolee seit Ewigkeiten zu sehen bekommen hat. Du wirst diese Kreise vollständig aus dem Häuschen bringen.«
Emily strahlte. »Danke, Simon.«
Sein Mund verzog sich, als er die Tür der Kutsche schloß. »Paß auf, daß du dich nicht in Schwierigkeiten bringst.«
Emily lehnte sich in der Kutsche zurück, als sie losfuhren. »Ich weiß nicht, warum er sich gezwungen sieht, ständig solches Zeug zu reden. Wie könnte ich mich auf dem Ball der Northcotes in Schwierigkeiten bringen?«
Araminta lächelte. »Manchmal drängt sich mir der Verdacht auf, Blade weiß nicht immer so recht, was er von dir zu erwarten hat,
Emily. Ich glaube, im großen und ganzen gesehen ist das gut so. Er hat es nötig, daß man ihn ab und zu ein wenig aus der Fassung bringt.«
»Simon läßt sich durch nichts aus der Fassung bringen«, sagte Emily voller Stolz. »Er ist der gelassenste Mann, der mir je begegnet ist.«
»Ja«, sagte Araminta und schaute aus dem Fenster auf das turbu-
lente Straßentreiben hinaus. »In dem Ruf steht er. Manche behaupten, es ginge noch weiter, und er sei keineswegs kühl, sondern kaltblütig. Einige Leute haben tatsächlich Angst vor ihm.«
»Das müssen Menschen sein, die ihn nicht gut kennen«, sagte Emily zuversichtlich.
»Ach? Und du kennst ihn gut?«
»Ja, allerdings. Wie ich schon sagte, kommunizieren wir auf einer
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